Walter Becker

(01.08.1893 Essen – 24.10.1984 Tutzing)

Themenflyer

 

Das junge Spätwerk

Das Alterswerk eines Künstlers wird oftmals als dessen künstlerische Bilanz betrachtet. Das zuvor Erarbeitete zeigt sich nun nochmals ruhiger und sicherer und bildet so einen konsequenten und stimmigen Abschluss. Weitaus seltener begegnet man dagegen einem späten Schaffen, das in seiner Vitalität, Eigenständigkeit und Unbedingtheit, dem eigentlichen Terminus „Alterswerk“ zuwiderläuft. Bei Walter Becker liegt ein solcher Fall par excellence vor.

 

 

Mitte 1968 wurde ein Augenleiden so stark, dass Becker die Malerei fast gänzlich aufgab. Erst 1976, nach seinem Umzug in einen Seniorenstift in Dießen am Ammersee, begann er sich wieder konsequent der Kunst zu widmen. – Auf das Tageslicht musste geachtet werden, die Farbtöpfe wurden in bestimmter Anordnung am Tisch fixiert und als Malgrund bevorzugte er neben der Leinwand noch schlichte Rückseiten von Wachstüchern, die er als „Fahnen“ aufhängte. Bis zu seinem Tod entstand so ein diszipliniertes wie auch freudiges Schaffen, das sowohl was Umfang als auch Ausdruckskraft angeht, eine Alleinstellung innerhalb Beckers Lebenswerk einnimmt.

Diese Spätwerke greifen zwar immer wieder Motive und auch einzelne Bildelemente aus früheren Arbeiten auf, doch entzieht sich deren malerische Umsetzung letztlich einem direkten Vergleich mit Beckers bisherigem Schaffen oder auch mit Arbeiten anderer Künstler. Charakteristisch dabei ist der schwierige Balanceakt zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, den Becker, sich einmal mehr zu dieser einmal mehr zu jener Seite wendend, beschreitet.
Stets ist es dabei die Farbe, welche die Wirkung übermittelt. Die teilweise nur in ihren Grundzügen gezeigten Objekte und Figuren fungieren rein als Träger dieser ‚malerischen Malerei‘: einzelne, signifikant gesetzte Farbtöne wie das Hellblau im „Trojanischen Pferd“, das Vermengen sich überlagernder Farbschichten in dem erstaunlich tiefenwirksamen „Impromptu“, oder auch das überlegte Zusammenspiel einzelner Flächen in „Das gelbe Kleid“ und „Selbst“.

„Alle Sujets werden aus der Banalität des Alltags mit Hilfe einer exquisiten Farbkomposition in die Sphäre eines ästhetischen Kosmos versetzt, in dem sich Erinnerungen an einmal Erlebtes, Geschehenes und Gelesenes konzentrieren“ (Ingrid von der Dollen).

 

 

Becker selbst schilderte, dass er jedes dieser späten Werke stundenlang im Inneren bedachte und bereits gestaltete. Die Anordnung der Farben, wie auch das Einfügen von Figuren, Objekten und Flächen folgt dabei einzig dem Ziel dem Betrachter ein unmittelbares Gefühl zu vermitteln. Zwar war die Farbe schon in früheren Arbeiten signifikant, wie zu sehen beim „Garten“ und den „Drei Frauen“, doch tritt im Späteren das dargestellte Objekt mehr und mehr in den Hintergrund, wird relativ, wogegen das Absolute beim Kolorit und dessen Wirkkraft liegt. In vielen dieser späten Werke ist dabei der den Betrachter fesselnde Einsatz des raumgreifenden, ‚unendlichen‘ Blautons ganz besonders markant.

1978 formulierte Walter Becker, der zeitlebens überaus selbstkritisch mit seinem Schaffen umging, zu dieser späten Schaffensphase: „Nun endlich gelangte ich zu einer gesetzmäßigen Ordnung der Farbe auf der Oberfläche, zu einer rhythmisch gespannten Oberfläche der Farbe. Wie durch ein Wunder konnte ich eine Anzahl Bilder malen, die den Traum meines ganzen Lebens darstellen […].“

 
 

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