Michel Wagner

(20.12.1893 Muschenried – 3.12.1965 München)

die Arbeit – das Tier – die Einsamkeit

Themenflyer

 

Mit 28 Jahren entschied sich Michel Wagner ganz für die Kunst. Der Sohn einer Bauernfamilie wurde 1893 in Muschenried geboren. Die turbulenten Jahre vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg verbrachte er auf See. Er heuerte auf Frachtern an, bereiste so Asien, Afrika, Nordamerika und sogar Spitzbergen. Unweigerlich mag man hier an ähnliche Globetrotter, aber auch an die sogenannten ‚Tippelbrüder‘ wie beispielsweise Harry Martinson, Arminius Hasemann, Gregor Gog oder auch Hans Tombrock denken. Und vielleicht ist es das Fühlen einer Leere, das Suchen nach etwas Neuem, das diese reisefreudigen Vertreter jener Generation verbindet?

Nach seiner Ausbildung bei Lovis Corinth (Berlin) und Stanislaus Stückgold (München) unternahm Wagner 1923-24 eine erneute, prägende Brasilienreise, bevor er schließlich um 1930 zu seinem eigenen expressiv realistischen Stil fand. Der vormals so weit in der Welt herumgekommene Künstler blieb fortan im oberbayerischen Hohenschäftlarn (1924-52) und später bis zu seinem Tod 1965 in München ansässig.

Ohne eine Romantisierung oder gar Idealisierung vornehmen zu wollen, sind doch die bäuerliche Herkunft und die in seiner Kunst sich zeigende „Vorliebe für ländliche Motive und der Darstellung des Tieres“ (Wolfgang Chr. Schneider) auffällig. Durch die verschiedenen Schaffensphasen hinweg, tauchen immer wieder Landarbeiter und Bauern bei unterschiedlichen Tätigkeiten auf. In den hier vorgestellten Werken ist dies beispielhaft zu sehen bei der ‚Flachsernte‘, dem ‚Pflügenden Bauer‘, der ‚Schafschur‘ oder auch dem ‚Heimweg von der Feldarbeit‘. In kräftigen Konturen und einer zumeist flächigen, überaus wirkkräftigen Farbsetzung entsteht eine ganz eigenständige, wie zugleich auch eigenwillige Schau auf die Landwirtschaft. So hart, kräftig und kernig die Figuren wirken, so individuell ist doch jeweils auch ihre Darstellung.

 

 

In der ‚Schafschur‘, dem ‚Pflügenden Bauer‘, dem ‚Heu-‘ und auch dem ‚Erntewagen‘ mögen wir die zweite von Wolfgang Chr. Schneider genannte Vorliebe Wagners erkennen: die Darstellung des Tieres. Bei allen vier ist der Mensch dunkel gehalten, wodurch dieser für den Betrachter verstärkt in den Hintergrund rückt. Die Zugtiere wie auch die Schafe sind dagegen hell und explizit erscheint es bei der rechten, den Acker pflügenden Kuh, wie auch bei dem gerade geschorenen Schaf so, als ob die Tiere den Betrachter ansehen. Das, was die Natur nicht macht, nämlich das Einzelwesen zu berücksichtigen, wird hier von Michel Wagner mit großer Empathie vorgenommen. Schaf und Kuh sind nicht mehr nur reine ‚Vertreter einer Art‘, sondern vielmehr vollwertige und damit für den Künstler sicherlich voll liebenswürdige und liebenswerte Geschöpfe.

Betrachten wir die hier gezeigten Menschen und versuchen wir hinter das rein Deskriptive auf die eo ipso nur individuell erfahrbare Gefühlsebene zu schauen, so scheint doch unter allem Vorbehalt der Verallgemeinerung ein wesenhafter Zug durch die Werke zu gehen: der Mensch in seiner Einsamkeit. Mal ist es ein Einsam-Sein, wenn man in der eigenen Arbeit aufgeht, was sich beim ‚Ackerpflügen‘, dem ‚Erntewagen‘ und der ‚Schafschur‘ auch durch ein farbliches Aufgehen im Umfeld zeigt. Ein anderes Mal ist man zwar zu dritt und damit per definitionem nicht allein, doch scheint jeder nur für und bei sich selbst zu sein (‚Flachsernte‘). Und immer wieder ist es die Weite der nicht lokalisierbaren Landschaft, die der Mensch kaum zu ermessen vermag.

 

 

Michel Wagner war sicherlich ein überaus feinfühliger Mensch und Künstler, der seine Person in sein Schaffen legte und sich dadurch vor dem Betrachter offenbarte. Nimmt man mit Oscar Wilde ganz allgemein an, dass das Ziel der Kunst darin bestehe, eine Stimmung zu erzeugen, so ist dies Wagner ohne Zweifel geglückt. In welchem Maße und in welcher Ausprägung, das möge ein jeder selbst beurteilen!

 

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