„Was ich zu sagen habe, hängt an den Wänden“. Der Maler Richard Sprick (1901-1976)

Vera Scheef / Stefan Wiesekopsieker

 

Rezension von Maximilian v. Koskull

Vera Scheef /Stefan Wiesekopsieker: „Was ich zu sagen habe, hängt an den Wänden“. Der Maler Richard Sprick (1901-1976) [Bad Salzufler Lebensbilder 1], Bad Salzuflen: Verlag des Heimat- und Verschönerungsvereins Bad Salzuflen e.V., 2012, 28 S., ISBN 978-3-941726-24-6

 

[Bad Salzufler Lebensbilder 1]

Verlag des Heimat- und Verschönerungsvereins Bad Salzuflen e.V.
Bad Salzuflen 2012
28 Seiten
ISBN 978-3-941726-24-6

 

 

Die vorliegende Publikation des Heimat- und Verschönerungsvereins Bad Salzuflen e.V. ist der erste Band der Schriftenreihe „Bad Salzufler Lebensbilder“, der sich 2015 auch ein zweiter Band anschloss („Wer war wer in Schötmar? Lebensbilder aus drei Jahrhunderten“ von Stefan Wiesekopsieker).
Ab Juli 1943 war Schötmar, Ortsteil von Bad Salzuflen, Wohnort der Familie Richard Spricks, so dass sich allein hierdurch die Verbindung zum dortigen Heimat- und Verschönerungsvereins ergibt.
Sprick zählt mit seinem Schaffen zu jener Gruppe von Künstlern, die Rainer Zimmermann (1920-2009) als ‚Expressive Realisten‘ charakterisierte und als ‚verschollene Generation‘ innerhalb der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts ausmachte¹. Obgleich Sprick insbesondere als Porträt- und Landschaftsmaler hohes Ansehen genoss, findet sich doch bisher keine eingehende Schilderung seines Lebens und seines künstlerischen Werks². Und an dieser Stelle setzt die vorliegende Publikation ein.

Der mit 28 Seiten eher kurze Band besteht aus zwei Beiträgen: „Richard Sprick (1901-1968). Stationen eines Künstlerlebens“ (S.1-20, von Stefan Wiesekopsieker) und „Reiselust. Ausschnitte aus dem künstlerischen Werk von Richard Sprick (1901-1968)“ (S. 21-26, von Vera Scheef). Die gesamte Publikation ist durchgehend mit zahlreichen Werkabbildungen und Fotos illustriert.

Akribisch und quellengestützt folgt Stefan Wiesekopsieker in seinem Beitrag der Biografie Richard Spricks. Er beginnt dabei bei den ersten urkundlich nachweisbaren Erwähnungen dieses „in Hörstmar bei Lemgo alteingesessenen [Bauerngeschlechts]“ (1) und kommt über den bereits 1908 verstorbenen Vater zu dem Künstler. Am 3. Januar 1901 in Herford geboren ist Richard Sprick der jüngste von drei Söhnen der finanziell gut gestellten Eheleute Wilhelm (1865-1908) und Johanne (1864-1928). Nach Besuch der Volksschule und des Gymnasiums, trat er zum 1. April 1919 in die Malerklasse der Staatlich-Städtischen Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Bielefeld ein und wechselte bereits ein Jahr später an die Kunstakademie Kassel, wo er Schüler von Curt Witte (1882-1959) und Kay Heinrich Nebel (1888-1953) wurde.

„Auf Anraten seiner Mutter legte Richard Sprick am 24. Juni 1922 an der Kasseler Kunstakademie seine Zeichenlehrerprüfung ab“ (3), so dass er in der wirtschaftlich heiklen Situation der Weimarer Republik auch einen soliden Beruf vorweisen konnte. Noch im selben Jahr bekam er eine Referendarstelle am Friedrich-Gymnasium seiner Heimatstadt, erhielt im Herbst 1923 die Urkunde als Zeichenlehrer angestellt werden zu können und schlug der Kunst wegen diese Möglichkeit doch aus. Stattdessen zog es ihn in das pulsierende Berlin. Von seinen künstlerischen Erzeugnissen dieser Zeit (1924-25) ist nur wenig überliefert, doch lässt sich anhand der wenigen Beispiele ein vom Expressionismus beeinflusster Stil annehmen, wie der Autor ausführt (4). Bei einem Ausflug nach Worpswede zu dieser Zeit lernte Sprick seine spätere Frau, die Künstlerin Lotte Heidelbach kennen. Die Heirat fand im Sommer 1926 in Worpswede statt und Richard Sprick siedelte ebendahin über. Mit ihrem künstlerischen Schaffen waren beide recht erfolgreich. Richard Sprick machte sich bereits damals einen Namen als Porträtmaler und schuf zudem Landschaftsansichten.
Im Mai 1927 verzog das Paar nach Bochum und Richard Sprick begleitete eine Stelle als Zeichenlehrer an der Städtischen Goethe-Oberrealschule. „Denn trotz ihrer Erfolge waren sie eigenen Aussagen zufolge das ‚Lotterleben‘ in Worpswede leid geworden […]“ (7). Die Zeichenlehrerstelle sollte Sprick für die folgenden 16 Jahre behalten und „[wenngleich] der Vater nach Ansicht seiner Tochter die neue Tätigkeit […] nicht besonders liebte, war er doch bei seinen Schülern äußerst beliebt“ (7). Wiesekopsieker illustriert diese Schaffensphase trefflich durch Äußerungen ehemaliger Schüler und einem genaueren Eingehen auf die Lebenssituation der Familie Sprick, so dass ein lebendiges, überaus menschliches Bild vor dem Leser entsteht.
In seiner Bochumer Zeit war Sprick ein durchaus etablierter und angesehener Künstler, der neben seiner Lehrerstelle auch für das Bochumer Schauspielhaus und verschiedene Industrieunternehmen tätig war (8ff.). Bereits damals war das Ehepaar Sprick, wenn Zeit und Geld es erlaubten, immer wieder auf Reisen, bei denen der Künstler zugleich auch stets neue Motive fand³.
Nach der Bombardierung Bochums zu Pfingsten 1943 übersiedelte das Paar nach Schötmar. „Hier im Nordwesten Lippes fanden die Spricks eine Bleibe und auf Dauer auch eine neue Heimat, und zwar im Hause der Familie seines bereits 1929 verstorbenen Onkels Albrecht […]“ (12).
Ausgehend von dem Entnazifizierungsverfahren, dem sich auch Sprick unterziehen musste, beschreibt der Autor anschaulich die ambivalenten Facetten im Schaffen Spricks zwischen 1933 und 1945. Einerseits die geschätzten Porträts von staatlichen Repräsentanten, dekorierten Soldaten, u.a. , sowie rege Ausstellungsbeteiligungen und andererseits aber auch ein Verhör durch die Gestapo aufgrund seiner Kontakte zu Bochumer Schauspielern, sowie die Beschlagnahme des Bildes „Vater und Sohn“ aus dem Bestand der Stadt Gelsenkirchen (13f.).
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben die Spricks in Schötmar. Auf das von Oktober 1947 bis Juni 1948 erbaute Haus geht Wiesekopsieker genauer ein und macht durch Beispiele plausibel, „dass der Künstler großen Einfluss auf die Ausgestaltung seines Bauprojekts nahm“ (16), so dass „[es] wohl nicht übertrieben [wäre], das Haus als Gesamtkunstwerk zu bezeichnen […]“ (16).
In den folgenden Jahren entstanden zahlreiche Porträts (17) und Landschaftsbilder (17f.). Zudem erweitert der Autor den Blick auf den Künstler, indem er auf zwei bisher eher unbekannte Bereiche im Schaffen Spricks eingeht: Aufträge aus der Industrie (Werbung, Wandbilder, u.a.) und Buchillustrationen. Am Ende seines Beitrags schildert der Autor die gegenwärtige Situation, soll v.a. heißen, dass 2010 der künstlerische Nachlass dem Lippischen Landesmuseum übergeben wurde und, dass das Sprick´sche Haus aufwändig renoviert und in die Denkmalliste der Stadt Bad Salzuflen eingetragen wurde.

Auf die bereits bei Stefan Wiesekopsieker angesprochene Reisefreudigkeit des Künstlers geht Vera Scheef in ihrem Beitrag genauer ein. Neben nordeuropäischen Ländern – „Richard Sprick liebte den Norden und insbesondere Skandinavien“ (21) – stellt die Autorin heraus, dass es den Künstler nach 1945 auch immer wieder in den Süden und hierbei v.a. nach Italien, Frankreich, Spanien und Griechenland zog. Zahlreiche Werke entstanden bei diesen Reisen bzw. unter dem Einfluss des dort Erlebten und Erfahrenen. Durch ein Verweilen bei und Erläutern von einzelnen Reisebildern, welche auch als Farbillustrationen wiedergegeben sind, gelingt es Scheef sowohl die künstlerische Entwicklung Spricks, als auch die jeweilige Besonderheit des Motivs dem Leser verständlich und leicht nachvollziehbar vor Augen zu führen.

Der flüssig zu lesende und sehr ansprechend gestaltete Band darf als eine überaus gelungene Würdigung für Leben und Werk Richard Spricks angesehen werden.
Bezogen werden kann der Band u.a. direkt über den Heimat- und Verschönerungsvereins Bad Salzuflen e.V. (http://www.heimatverein-bad-salzuflen.de/)

¹ Siehe hierzu den Eintrag in: Zimmermann, Rainer (1994): Expressiver Realismus. Malerei Der Verschollenen Generation, München: Hirmer, S. 448.

² Neben kleineren Beiträgen in Zeitschriften ist hier zudem zu verweisen auf die leider nur in kleiner Auflage von der Tochter des Künstlers 2002 herausgegebene Arbeit „Rich. Sprick : 1901-1968. Ein Bilderbuch zum 100. Geburtstag“.

³ Vera Scheef geht in ihrem Beitrag genauer auf die Bedeutung der Reisetätigkeit Spricks ein.

Mitunter wird das in Gelsenkirchen beschlagnahmte und im Späteren wohl vernichtete Gemälde auch geführt als „Vater und Sohn auf der Jagd“. Neben diesem wurde wohl noch ein weiteres Werk Spricks im Zuge der Beschlagnahmeaktion konfisziert. Vgl. hierzu: Christiane Ladleif / Gerhard Schneider (Hrsg.): Moderne am Pranger [Katalog zur Ausstellung], Bönen: Kettler, 2012, S. 265, sowie Paul Ortwin Rave (1949): Kunstdiktatur im Dritten Reich, Hamburg: Gebr. Mann, S. 90 [hier irrigerweise geführt als „Spriek“].

Werke von Richard Sprick im Angebot