L O T H A R    S P E R L    (06.07.1910 Markt Eisenstein [tschechisch: Železnà Ruda] – 14.03.1987 Traunreut)

 

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„Notzeit“ (1935)

Kaltnadelradierung auf festem Velinpapier

€ 420,-

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Titel
„Notzeit“ [so unten links in Blei betitelt]

Signatur
unten rechts in Blei signiert „Loth. Sperl“, sowie unten links im Druck monogrammiert

Entstehungsjahr
unten rechts in Blei datiert „[19]35“

Größe
Größe: 16,1 x 23,5 cm (Druck) bzw. 38,3 x 30,3 cm (Blatt)

Zustand
leichte Druckstellen im Blatt; Ecken minimal bestoßen; unterer Rand minimal uneben zugeschnitten, sowie etwas bestoßen; an den seitlichen Blatträndern leicht wellig; mitunter leicht fleckig; in der Blattmitte (etwa 1cm rechts vom Handgelenk des Vaters) kleine Druckstelle und etwas aufgeraut; verso etwas fleckig, sowie verso an den beiden rechten Ecken Klebereste früherer Befestigung

 

 

Lothar Sperl war eines von vier Kindern des Lehrers Alois Georg Sperl und dessen Frau Rosalia. Der Vater fiel im Ersten Weltkrieg, so dass die Mutter die Kinder alleine großzog. Das künstlerische Talent Lothars wurde schon früh erkannt und sein Zeichenlehrer gab ihm Privatunterricht. Nach der Schulzeit besuchte er für zwei Jahre die Fachschule für Glasarbeiten und Holzschnitzerei in Zwiesel. Von 1930 bis 1932 leistete er Militärdienst in der tschechischen Armee. Zu dieser Zeit kam er in Kontakt mit älteren Künstlern (wie Hermann Dietze und Max Schöpflin), die ihn förderten und durch die er sich auch die Techniken des Holzschnitts und der Radierung aneignete. Schon damals waren die hart arbeitenden Menschen seiner heimatlichen Region seine bevorzugten Motive. 1938 kam er als Stpiendiant an die Berliner Kunstakademie in die Klasse Franz Eichhorsts. Diese beginnende Studienzeit wurde durch den Kriegsdienst 1939 unterbrochen. Es folgte seine Verhaftung durch tschechische Partisanen und seine Verurteilung zu 15 Jahren Haft, von denen er zehn Jahre zum Teil mit Zwangsarbeit im Kohle- und Uranbergbau verbüßte. 1955 wurde er schließlich entlassen und kam zu seiner Familie nach Legau bei Memmingen. Kurz darauf verzogen sie nach Traunreut, Sperl richtete sich dort ein Atelier ein und war fortan als Künstler tätig.

Die hier vorliegende Radierung aus dem Jahr 1935 entstand noch vor der Studienzeit in Berlin. Ganz deutlich kann man hier das Interesse Lothar Sperls an der arbeitenden Landbevölkerung des Böhmerwaldes sehen. – Er zeigt ungeschönt die Härte von deren Leben in Armut.

Ganz in diesem Sinne ist diese herausragende Druckgrafik mit „Notzeit“ betitelt. Ein Mann, eine Frau und ein Sohn pflügen mit ihrer Muskelkraft den Acker. Alle drei haben die Köpfe gesenkt und die Augen geschlossen. – Leid spricht aus ihnen. Und gerade die mächtige Figur des Vaters wirkt in ihrer gestreckten Art gerade so, als würde sie durch das Querformat eingezwängt, geradezu erdrückt, werden.

 

 

Zu Lothar Sperl (06.07.1910 Markt Eisenstein [tschechisch: Železnà Ruda] – 14.03.1987 Traunreut):
Maler, Zeichner, Grafiker; dritter Sohn des Lehrers Alois Georg Sperl und dessen Frau Rosalia; 1915 fiel der Vater im Ersten Weltkrieg, so dass die Mutter die vier Kinder alleine großziehen musste; bereits in früher Jugendzeit beginnt Lothar Sperl zu malen und zu zeichnen; der damalige Zeichenlehrer erkannte die Begabung des Jungen und gab ihm Privatunterricht; nach der Schule zwei Jahre Besuch der Fachschule für Glasarbeiten und Holzschnitzerei in Zwiesel; 1930 wurde er für zwei Jahre zur tschechischen Armee eingezogen; durch den Kontakt mit älteren Künstlern (z.B. Hermann Dietze und Max Schöpflin), die ihn förderten und unterstützten, konnte er seine Fertigkeiten weiter ausbilden und erlernte zudem die Kunst des Holzschnitts und der Radierung; hauptsächlich bilden die arbeitenden Menschen seiner Umgebung die Motive seiner Werke; im Herbst 1938 trat Sperl dem Freikorps im Sudetenland bei; nach der Eingliederung des Sudetenlandes an das Reich konnte er als Stipendiant an die Kunstakademie in Berlin kommen, wo er von Franz Eichhorst unterrichtet wurde; den Sommer 1939 verbrachte er mit Eichhorst, seiner Verlobten und weiteren Schülern in Matrei (Osttirol); im November 1939 Heirat; kurz nach der Hochzeit wurde Lothar Sperl zum Kriegsdienst eingezogen; im Mai 1945 von tschechischen Partisanen verhaftet, in Haft misshandelt und später zu 15 Jahren Haft verurteilt, von denen er zehn Jahre zum Teil mit Zwangsarbeit im Kohle- und Uranbergbau verbüßte; während der Haftzeit war er weiterhin künstlerisch tätig; die übrige Familie (Mutter, Bruder, Schwester und Frau) trafen sich in Legau bei Memmingen im Allgäu; im Dezember 1955 wurde er entlassen und gelangte ebenso nach Legau; kurz darauf erwarb das Ehepaar ein Haus in der 1950 gegründeten Gemeinde Traunreut und Lothar Sperl richtete sich dort ein Atelier ein (Danziger Weg 7); ein Hauptteil seiner damaligen Aufträge bestand aus Porträtarbeiten, die er vor allem in Wien ausführte; daneben spezialisierte er sich auf Fresken und Sgrafitti (er gestaltete bspw. 1961 die Fassade des Rathauses in Traunreut (1983 entfernt), daneben erhielt er zahlreiche Aufträge für öffentliche Gebäude, Schulen, Banken, Geschäfte im Landkreis Traunstein); künstlerisch wendet sich Sperl mitunter einem kritischen Realismus zu, der die negativen Begleiterscheinungen des Wirtschaftswunders malerisch aufgreift

Mitgliedschaften
Krummauer Künstlergilde
Künstlerbund Passau

Ausstellungen
1936, „Deutsche Graphik-Schau“ (Museum der bildenden Künste, Leipzig)
1941-44, mit sieben Gemälden vertreten bei den „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ (Haus der Deutschen Kunst, München)
1987, Heimathaus Traunreut

Preise
1965 Kulturpreis der Stadt Passau

Literatur / Quelle
Davidson, Mortimer G. (1992): Kunst in Deutschland 1933-1945 [Bd. 2/2. Malerei]; Tübingen: Grabert; S. 426
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 00646382
Internetseite zum Künstler [lotharsperl.com]]