S T E P H A N V O N S T E N G E L (06.10.1750 Mannheim – 03.10.1822 Bamberg)
Weitere Werke von Stephan von Stengel
„Ruine des alten Schlosses bei Heppenheim“ (um 1770-71)
Tuschfeder (schwarz, braun, teilweise grau laviert) auf Bütten
€ 850,-
Titel
„Ruine des alten Schlosses bei Heppenheim“ [so betitelt von fremder Hand / Künstlerhand[?] auf dem alten unterlegten Papier unten links in dunkler Tinte]
Es wird sich um eine Vorarbeit für die Starkenburg-Radierung aus der Folge „Les Environs de Heidelberg“ (1771) handeln. Neben Heppenheim zeigte Stengel hier noch Ansichten der Schösser bzw. Burgen aus Heidelberg, Weinheim, Neufalkenstein, Schriesheim.
Eine Abbildung der hier relevanten Heppenheim-Radierung findet sich in Wieczorek et al. (2008: 81). Ein Foto davon ist unten angefügt.
Technik
Tuschfeder (schwarz, braun, teilweise grau laviert) auf Bütten (am unteren Rand mittig angeschnittenes Wasserzeichen), verso am oberen Rand durch kleine Klebestreifen auf bläulichen Karton befestigt, in Passepartout
Signatur
auf dem alten unterlegten Papier unten rechts in dunkler Tinte bezeichnet / signiert[?] „St. v. Stengel“
Jahr
undatiert [um 1770-71]
Größe
Größe: 12,8 x 16,8 cm (Blatt) bzw. 12,2 x 16,3 cm (Passepartoutausschnitt) bzw. 34,8 x 45 cm (Passepartout)
Zustand
Blatt verso am oberen Rand durch kleine Klebestreifen auf bläulichen Karton befestigt; leicht (stock-)fleckig; linker Blattrand minimal uneben zugeschnitten; in den oberen beiden Ecken montierungsbedingt schwach gebräunt; Ecke unten links leicht braunfleckig; verso leicht fleckig
der unterlegte bläuliche Karton in den Randbereichen leicht nachgedunkelt, sowie im Eckbereich unten rechts mit Annotationen / Nummerierungen in Blei
im Passepartout unten rechts kleiner eingeklebter Zettel eines früheren Sammlers mit maschinenschriftlichen Angaben zu Werk und Künstler
Stephan von Stengel hatte einen ungemein großen, breiten und überaus interessanten Wirkungskreis. Neben seinen Tätigkeiten als Kabinettssekretär des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern, Staatsrat und Generalkommissar der Landesdirektion Bamberg, war er weiterhin Zeichner, Grafiker, Schriftsteller und engagierter Kunstsammler.
Er war Sohn des pfälzischen Kanzleidirektors und Staatsrats Johann Georg von Stengel (1721-1798) und dessen Frau Maria Christine Edle von Hauer (1734-1796). Wobei manche Historiker in Stephan von Stengel einen unehelichen Sohn des Kurfürsten Karl Theodor (1724-1799) sehen, was aufgrund von dessen Förderung auch durchaus plausibel sein könnte.
Nach dem Studium in Heidelberg (1767-70) bekam er eine Stelle am Hofgericht in Mannheim. Zu jener Zeit entwickelte sich eine enge Verbindung zu Ferdinand Kobell, mit dem er auch gemeinsam auf Reisen ging.
1771 erscheint die Folge aus Radierungen “Les Environs de Heidelberg”.
In den folgenden Jahren macht Stephan von Stengel eine erstaunliche Karriere. – Er wird Hofgerichtsrat (1772), Geheimer Kabinettsekretär (1773), pfälzischer Wirklicher Regierungsrat mit Sitz und Stimme in der Regierung (1775). Daneben engagiert er sich für die Wissenschaften, gründet die “Deutsche Gesellschaft” (1775), wird Ehrenmitglied der Akademie der schönen Künste in Düsseldorf (1779), ist eines der Gründungsmitglieder der “Meteorolgischen Gesellschaft” und wird auch außerordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1807 erfolgt die Ernennung zum Ehrenmitglied).
Was seine Kunst angeht, so erscheint 1784 eine Robinson-Ausgabe von J. H. Campe (München: J. B. Strobel) mit Radierungen Stephan von Stengels.
1789 wird er Geheimer Finanzreferendar, Leiter des Finanz-Departments, sowie Direktor der Donaumoos-Kultur-Kommission, welche den Sinn hatte das Donaumoss durch Trockenlegung landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Im Späteren wird er Vizepräsident der Landesdirektion Fürstbistum Bamberg, bevor er 1810 in den Ruhestand eintritt.
Als Kunstsammler war Stephan von Stengel überaus engagiert und besaß am Lebensende eine Kupferstichsammlung mit einem Umfang von 13.406 Werken.
Stengel war zudem Mitglied der Mannheimer Loge “St. Charles de l’Union”, sowie Mitbegründer der Heidelberger Loge “Carl zum Reichsapfel”.
Bei der vorliegenden Zeichnung dürfte es sich um eine Vorarbeit für die Starkenburg-Radierung aus der Folge „Les Environs de Heidelberg“ (1771) handeln. Neben Heppenheim zeigte Stengel hier noch Ansichten der Schösser bzw. Burgen aus Heidelberg, Weinheim, Neufalkenstein, Schriesheim. Die Radierung der Starkenburg weist dann auch explizite Bezüge und Ähnlichkeiten zu dieser Zeichnung auf. Stengel zeigt hier dieselbe Perspektive, ist aber etwas weiter von dem Bauwerk entfernt. Weiterhin unterscheidet sich in Teilen die Darstellung der Vegetation, wie auch die Lichtführung, während das Bauwerk an sich in beiden Blättern markante Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten hat.
Zu Stephan von Stengel (06.10.1750 Mannheim – 03.10.1822 Bamberg):
Kabinettssekretär des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern, Staatsrat und Generalkommissar der Landesdirektion Bamberg, Zeichner, Grafiker, Schriftsteller, Kunstsammler.
Sohn des pfälzischen Kanzleidirektors und Staatsrats Johann Georg von Stengel (1721-1798) und dessen Frau Maria Christine Edle von Hauer (1734-1796). Manche Historiker sehen in Stephan von Stengel einen unehelichen Sohn des Kurfürsten Karl Theodor (1724-1799).
1765-67 Studium an der „Hoheschule“ in Heidelberg. Daneben Privatunterricht bei den Jesuitenpatres Johann Jung und Christian Mayer.
1767-70 Studium der Rechts-, Staats- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Heidelberg. Im Anschluss daran tätig im Hofgericht zu Mannheim. Enge und wichtige Bekanntschaft mit dem Künstler Ferdinand Kobell, mit dem zusammen er auch Reisen unternimmt und gemeinsam zeichnet.
1771 entsteht die Folge aus Radierungen “Les Environs de Heidelberg”.
Juli – Dezember 1771 Reise nach Paris mit dem Hofkaplan und Bibliothekar Johann Jakob Haeffelin. In Paris traf er u.a. den Kunsthändler und Kupferstecher Johann Georg Wille.
1772 Ernennung zum wirklichen Hofgerichtsrat.
1773 Ernennung zum Geheimen Kabinettsekretär.
30.10.1774 Heirat in Worms mit Marianne Blesen (1753-1802).
1775 Ernennung zum pfälzischen Wirklichen Regierungsrat mit Sitz und Stimme in der Regierung.Er regte die Gründung der “Deutschen Gesellschaft” an und verfasste auch deren Statuten.
1777 Umzug nach München, da der Regierungssitz verlegt wurde.
1779 Ehrenmitglied der Akademie der schönen Künste in Düsseldorf.
1780 war er einer der Stifter der “Meteorolgischen Gesellschaft”.
1781 Außerordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
1782 Umzug der Familie in das Schloss Biederstein in München-Schwabing.
1783 Romreise mit Kurfürst Carl Theodor.
1784 schuf er Radierungen für eine Robinson-Ausgabe von J.H. Campe (bei dem Münchner Verlag von J.B. Strobel).
1789 Ernennung zum Geheimen Finanzreferendar und Leiter des Finanz-Departments. Weiterhin Ernennung zum Direktor der Donaumoos-Kultur-Kommission, welche den Sinn hatte das Donaumoss durch Trockenlegung landwirtschaftlich nutzbar zu machen.
1792 Ordentliches Mitglied der Leipziger Ökonomischen Gesellschaft.
1797 Entlassung aus dem Amt des Kabinettsekretärs und Übertragung des Vizekanzleramts bei der Oberen Regierung.
1803 Ernennung zum Vizepräsidenten der Landesdirektion Fürstbistum Bamberg.
1807 Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
1810 Versetzung in den Ruhestand.
Neben dem eigenen künstlerischen Schaffen war Stephan von Stengel auch Kunstsammler. Seine Kupferstichsammlung umfasste in 80 Mappen 13.406 Werke.
Stengel war Mitglied der Mannheimer Loge “St. Charles de l’ Union”, sowie Mitbegründer der Heidelberger Loge “Carl zum Reichsapfel”.
Sammlungen
Werke Stephan von Stengels befinden sich in zahlreichen öffentlichen Sammlungen und Museen wie bspw. Staatsbibliothek Bamber, Kupferstichkabinett Berlin, Kunstsammlung der Veste Coburg, Städelsches Kunstinstitut (Frankfurt a.M.), Hamburger Kunsthalle, Kurpfälzisches Museum (Heidelberg), The British Museum (London), Reiss-Engelhorn-Museum (Mannheim), Kunsthalle Mannheim, Staatliche Graphische Sammlung (München), Stadtmuseum München, Bibliothèque nationale de France (Paris), Staatsgalerie Stuttgart, Kupferstichkabinett Wien, Albertina Wien.
Literatur
Alfred Wieczorek et al. (Hrsg.) (2008): Ein Schöngeist in diplomatischen Diensten. Druckgrafik und Zeichnung von Stephan von Stengel (1750-1822), Heidelberg – Ubstadt-Weiher – Basel: Verlag Regionalkultur
„Allgemeines Künstlerlexikon“, Onlineversion
Aus: Alfred Wieczorek et al. (Hrsg.) (2008): Ein Schöngeist in diplomatischen Diensten.
Druckgrafik und Zeichnung von Stephan von Stengel (1750-1822), Heidelberg – Ubstadt-Weiher – Basel: Verlag Regionalkultur, S. 81.