I R M G A R D   K A U P I S C H   V O N   R E P P E R T

 

Weitere Werke von Irmgard Kaupisch von Reppert

 

 

„1933. Der Mitläufer.“ (um 1970-80)

Faserstift, Kugelschreiber auf leichtem Karton
nicht datiert [um 1970-80]

Größe: 17,7 x 12,3cm

u.l. in Schwarz, sowie gelbem Faserstift monogrammiert „IKvR“
u.l. in Kugelschreiber und gelbem Faserstift betitelt „1933. Der Mitläufer.“, sowie u.r. nochmals etwas undeutlich bez. („vor dem Gericht“?)

€ 220,-

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Zustand
Ränder mitunter leicht uneben zugeschnitten; Druckstellen im Blatt; im Eckbereich o.l. aufgeraut und oberflächlich etwas abgerissen; verso leicht fleckig

 

 

Irmgard Kaupisch von Reppert war in ihrem künstlerischen Schaffen sehr von der Psychologie C.G. Jungs geprägt. In ihr erkannte sie eine Möglichkeit, um die Persönlichkeit des Einzelnen zu retten und von Zwängen zu befreien. Die weit verzweigte, akribisch ausgearbeitete „Push“-Typologie ist in diesem Sinne zu verstehen, worauf auch hinweist, dass sie diesbezüglich mit Psychologen korrespondierte, welche sich auch durchaus sehr positiv hierzu äußerten.
Ebenso tiefenpsychologisch ist ihr zeichnerischer Rückblick auf das 20. Jahrhundert zu verstehen. Wohl ab etwa 1970 bis in die 1980er Jahre hinein entstanden vornehmlich mit Kugelschreiber und Faserstiften ausgeführte Zeichnungen, welche jeweils exemplarisch ein Jahr aufgreifen und dies zu einem „Zeitbild“ machen, wobei auch durchaus mehrere Blätter zu einem Jahr entstanden. Sie sah sich selbst als „Reporterin“, die diese Ereignisse aufzeichnet. Ihre Intention dabei erläutert sie folgendermaßen:

„Die Zukunft droht mit schlimmem Tod, wenn nicht rechtzeitig die Erkenntnis kommt. Darum ist es wichtig, sich im Spiegel der anderen zu sehen, das Zeitbild der eigenen Geschichte zu erfassen“ (Irmgard Kaupisch von Reppert (1976): Reportage der letzten siebenzig Jahre in Nummern [unveröffentlicht]).

Die vorliegende Zeichnung greift das Jahr 1933 auf und zeigt das verzerrte, lächelnd verklärte Gesicht eines ‚Mitläufers‘. Die Augen wirken wie unter Hypnose aufgerissen und der Blick ist starr auf etwas oder jemanden gerichtet. Man mag hier womöglich an die treffliche Typisierung des „Mitläufers“ durch Hans-Joachim Maaz denken, wenn dieser folgende Umschreibung liefert: „Die Mitläufer. In dieser sozialen Rolle fanden die gehemmten Charaktere ihre Heimstatt. Subalternität, Anpassung, Abhängigkeit fanden ihren brauchbaren Platz. […] Die Mitläufer waren die gequälten und geschundenen Seelen, die endlich in der Anpassung an den Willen der einst Mächtigen (Eltern, Lehrer, Pastoren), ihre relative Ruhe und Entspannung fanden. Sie waren zwar in ihrer Würde verletzt und in ihrem Stolz gebrochen, doch war der Lohn für die Aufgabe ihres Selbstwertes, daß sie jetzt ungestört und manchmal sogar mit Wohlwollen bescheiden ihre Arbeit machen konnten und ihren Frieden gefunden hatten“ (Hans-Joachim Maaz (2010):Der Gefühlsstau: Psychogramm einer Gesellschaft; München: Beck; S. 139).
Schnell erfasstes, überaus dichtes und beklemmendes Bildnis.

 

 

Zu Irmgard Kaupisch von Reppert (17.03.1897 Neu Marin [poln. Mierzynek] (Gemeinde Körlin) – 21.10.1989 München):
Malerin, Zeichnerin, Illustratorin, Puppenkünstlerin; Pseudonym „Push“; geborene Scheunemann; aufgewachsen auf einem Rittergut in Pommern; nach einer ersten Zwangsehe mit einem älteren Offizier verlor sie im Zuge der Inflation Haus und Hof; die zweite Heirat erfolgte später mit dem preußischen Rittmeister von Reppert; ab 1920 Studium an der Kunstakademie München (bei Angelo Jank); Studienreisen in die Mittelmeerländer und nach Nordafrika; die Künstlerin ließ sich in Ascona nieder und es entstand ein Club von Intellektuellen und Künstlern; seit 1926 war sie Münchner Bürgerin; Tätigkeit als Pressezeichnerin in Berlin beim Scherl- und Ullstein-Verlag, sowie in Paris bei „Paris Midi“ und „Paris Presse“; 1930-34 Mitglied des psychologischen Clubs von C.G. Jung; 1934-43 Fortsetzung des Kunststudiums in München, Stuttgart und Wien; ab den 1930er Jahren Einzel- und Gruppenausstellungen; seit 1947 verstärkte Beschäftigung mit Psychologie und Mythologie; 1947 Patentierung der Typologie „Push-Expression“ in Washington; Mitbegründerin der „Katakombe“ in Schwabing; ab Juli 1977 wohnte sie im DRK-Seniorenheim „Kieferngarten“ in der Bauernfeindstraße 7 in München
Irmgard Kaupisch von Reppert schuf neben Gemälde und Zeichnungen auch ihre so genannten „Push“-Puppenfiguren, mit denen sie oftmals satirisch, bissig, humorvoll auf menschliche Eigenarten hinwies. Sie sah diese „Push“-Figuren als unbewusst-animalische Archetypen an, die helfen sollen die eigene Persönlichkeit herauszubilden.