H A N S G E R S O N (19.07.1882 Berlin – 27.02.1941 ebd.)
Szenerie mit Asiatica (1920)
Öl auf Leinwand („Tableaux & Gravures / Legrip / Rouen […]“), Spannrahmen, gerahmt
€ 2.500,-
Titel
ohne Titel [Szenerie mit Asiatica (Tempelszene?)]
Technik
Öl auf Leinwand („Tableaux & Gravures / Legrip / Rouen […]“), Spannrahmen, gerahmt
Signatur
oben links signiert „H. Gerson“
Jahr
oben links datiert „[19]20“
Größe
Größe: 57 x 49 cm (mit Rahmen) bzw. 46,2 x 38,2 cm (ohne Rahmen)
Zustand
in den Randbereichen sehr leicht berieben (unter Rahmung nicht sichtbar); verso unten rechts und unten links jeweils hinterlegter Leinwandschaden; verso auf Spannrahmen unten links nummeriert „364“[?]
Hans Gerson studierte in München (bei Carl von Marr), an der Kunstakademie Berlin (bei Arthur Kampf), an der Académie Julian in Paris, sowie in Berlin bei Lovis Corinth. Gerson schuf vor allem Landschaften, doch entstanden daneben auch figürliche Kompositionen und Bildnisse.
Zu dem Schaffen des Künstlers schreibt Karl Schwarz, der erste Direktor des am 24. Januar 1933 eröffneten Jüdischen Museums Berlin [1]:
„Die Kunst Hans Gersons bietet ein gutes Beispiel einer in unseren Tagen häufigen Erscheinung. Er ist der Typus der jüngeren, in der impressionistischen Tradition erzogenen Generation, die sich an den Franzosen begeisterte, sich Meister wie Monet und Degas zum Vorbild nahm, deren malerische Interessen jedoch weiterführen und über das von ihnen zum Ausdruck Gebrachte hinaus mehr das Moderne will.“ [2]
Zusammen mit seiner Frau Ella, geb. Redlich, lebte Gerson in der Starnberger Straße 3 in Berlin-Schöneberg, sowie zuletzt in der Wielandstraße 23 in Charlottenburg. Gerson war gerade in den 1910er und 1920er Jahren an zahlreichen Ausstellungen beteiligt und Werke von ihm wurden im Münchner Glaspalast, bei der Berliner Secession, wie auch in der Berliner Galerie von J.B. Neumann präsentiert.
Das vorliegende Gemälde zeigt ein außergewöhnliches und zugleich ungewöhnliches Motiv. Es scheint als ob ein dunkler Vorhang zu den beiden Seiten geschoben wird, so dass sich darunter in Form eines hellen Dreiecks ein Arrangement aus Asiatica befindet. Ganz oben am mittigen Rand strahlt eine goldene Mondsichel, darunter eine sitzende Buddha-ähnliche Statue und schließlich in der unteren Bildhälfte eine religiös sakrale Szenerie mit asiatischen Figuren. Die mittige Figur steht dabei auf einem markant roten Tier, während links und rechts expressiv wirbelnde Strukturen sind, die an die Dynamik von Tanzenden denken lassen.
Farblich bleibt die Komposition in erdigen Farbtönen aus Braun und Grün, wobei das Gold des Mondes oben und das Rot des Tieres unten farbliche Akzente setzen.
Der vom Dreieck geprägte Bildaufbau der Komposition weist dabei deutliche Bezüge zu weiteren Werken Hans Gersons auf, wobei es sich dabei um Landschaften handelt [3]. Wie auch bei diesen Landschaften so erfährt das vorliegende Motiv durch diesen Bildaufbau eine gewisse Dynamik, welche mit den Bewegungen im unteren Bildbereich konkret aufgegriffen wird.
Thematisch wird sich Gerson hier wohl an dem seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert bestehenden, in der Zwischenkriegszeit nochmals gesteigerten Interesse für asiatische Religionen, Esoterik und Okkultismus malerisch beteiligt haben. Es zeigt sich ein gewisser Hang zum Exotischen bzw. die Suche nach einer anderen Lebensführung.
Vielleicht war eine Fotografie oder eine Abbildung in einer Zeitschrift Vorlage für dieses an sich eher unübliche Werk.
Gemälde von Hans Gerson tauchen nur selten auf dem Kunst- und Auktionsmarkt auf. In dem vorliegenden Fall ist es zudem so, dass Gerson hier nochmals freier malte und das Motiv nochmals moderner, expressiver, ja: avantgardistischer, wirkt als seine Landschaften und Bildnisse.
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[1] Karl Schwarz emigrierte wenig später nach Palästina und leitete ab dem Sommer 1933 das Kunstmuseum Tel Aviv.
[2] Schwarz, Karl (1920): Hans Gerson, in: Der Cicerone, XII. Jg. (1920), Heft 6, S. 225-228 [hier: 225].
[3] Es handelt sich dabei um die Werke „Bergkirche“ und „Sonne“, von denen sich s/w-Abbildungen finden in: Paul Cohen-Portheim (1920): Impressionismus und Expressionismus, in: Der Cicerone, XII. Jg. (1920), Heft 6, S. 230-242 [hier: 233-234].
Zu Hans Arthur Gerson (19.07.1882 Berlin – 27.02.1941 ebd.):
Deutsch-jüdischer Maler, Zeichner, Grafiker.
Sohn der Eheleute Georg Wolff Gerson (29.10.1850 Dresden – 12.09.1915 Berlin, Kaufmann) und dessen Ehefrau Georgine, geb. Plaut (09.08.1855 Leipzig – 29.06.1928 Bad Ischl). Sein jüngerer Bruder Franz Jacob (1888 Dresden – 1956 Salzburg) war Schriftsteller und Kunstkritiker (u.a. „Die Revolution der Parasiten“ (1923, Wien), „Kokotte Mann“ (1924, Wien)). Die Mutter heiratete in zweiter Ehe den Kaufmann Paul Moses Wolff, sowie später in dritter Ehe den ottomanischen Generalkonsul Ladislaus Laszlo Baron Dirsztay de Dirsztay (1856 Budapest – 1921 Wien).
Studium an der Kunstakademie München (bei Carl von Marr), an der Kunstakademie Berlin (bei Arthur Kampf), an der Académie Julian in Paris, sowie in Berlin bei Lovis Corinth. In Berlin wohnhaft in der Bendlerstraße 21.
Heirat mit Ella, geb. Redlich (? – [nach 1940]). Das Paar lebte in der Starnberger Straße 3 in Berlin-Schöneberg, sowie zuletzt in der Wielandstraße 23 in Berlin-Charlottenburg.
Gerson unternahm besonders in den Sommermonaten zahlreiche Reisen durch Deutschland (u.a. Bodensee, Wasserburg), sowie nach Belgien (Veurne).
1917 entstanden Grafiken für die Zeitschrift „Krieg und Kunst“.
In seinem Schaffen dominiert die Landschaft, während figürliche Darstellungen eine eher untergeordnete Rolle einnehmen. Gerson fand einen durchaus eigenen expressiv-realistischen Ausdruck.
Während des Dritten Reichs verblieb Hans Gerson mit seiner Frau in Berlin. Ob Emigrationspläne bestanden bzw. ob diese gescheitert sind ist ungewiss. Laut Sterbeurkunde verstarb der damals 58 Jahre alte Hans Gerson an einem kombinierten Herzfehler, Kreislaufschwäche, Ödeme und Herzschwäche. Seine Frau überlebte ihn.
In der Sterbeurkunde wird Hans Gerson als „Professor“ geführt, wobei unklar ist wann und von wem er diesen Titel verliehen bekommen hat.
Mitgliedschaften
Münchener Secession
Berliner Secession
Ausstellungen
1912 Beteiligung an einer Ausstellung in der Galerie Schneider (Frankfurt a.M.)
Januar 1914 „Januar-Kunstausstellung“, Ausstellungshaus am Kurfürstendamm 208/9, Berlin
Okt.-Dez. 1915 „27. Ausstellung der Berliner Secession“, Neues Secessionshaus, Berlin
März 1917 Ausstellung (zusammen mit Franz M. Jansen und Hugo Kunz) im Graphischen Kabinett J.B. Neumann, Berlin
1917 Ausstellung der Berliner Secession
1918-22 „Münchener Kunstausstellung im Glaspalast“
1925 Frühjahrsausstellung der Akademie der Künste, Berlin
Sammlungen
LETTER-Stiftung, Köln
Hamburger Kunsthalle
The British Museum, London
Ackland Art Museum, University of North Carolina at Chapel Hill
Literatur
„Allgemeines Künstlerlexikon“, Onlineversion
Schwarz, Karl (1920): Hans Gerson, in: Der Cicerone, XII. Jg. (1920), Heft 6, S. 225-228
Schwarz, Karl (2001): Jüdische Kunst, Jüdische Künstler. Erinnerungen des ersten Direktors des Berliner Jüdischen Museums, Teetz: Hentrich und Hentrich, S. 284
Z. (Autorenkürzel): Ein Maler Flanderns, in: Die Kunstwelt, Jg. 2 (1912/13), Nr. 6, S. 398.