S T E P H A N   V O N   S T E N G E L   ( z u g e s c h r i e b e n )   (06.10.1750 Mannheim – 03.10.1822 Bamberg)

 

 

 

Karikatur einer Predigt (wohl um 1800-1805)

Tuschfeder auf Bütten

€ 1.500,-

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Titel
ohne Titel [Karikatur einer Predigt];
Bei dem im seitlichen Profil nach rechts markant dargestellten Prediger dürfte es sich der Physiognomie nach um Fürstbischof Christoph Franz von Buseck (1724-1805) handeln. Im rechten Bildbereich die Zuhörer, wobei die Frauen mitunter andächtig lauschend die Hände zum Gebet falten während Teile der Herren eher verschmitzt lächeln. Am oberen Rand wohl drei Vertreter der weltlichen Verwaltung, sowie am Fuß der Kanzel unten links fünf Kinder und links von diesen nochmals eine markant dargestellte, mürrisch blickende Person mit verschränkten Armen.

Technik
Tuschfeder auf Bütten (mittig Wasserzeichen (Lilie?)), verso an den oberen Ecken durch kleine Klebestreifen auf Papier befestigt, dieses wiederum in Passepartout gesetzt

Signatur
im Passepartout unten rechts von fremder Hand in Blei bezeichnet „St. v. Stengel *Mannheim 1750 † Bamberg 1822“, sowie verso auf dem Blatt unten rechts in Blei „SvS“ [Das Werk wird als an Stephan von Stengel zugeschrieben angeboten.]

Jahr
undatiert [wohl um 1800-1805]

Größe
Größe: 20,3 x 34,4 cm (Blatt) bzw. 34,7 x 45 cm (Passepartout)

Zustand
Blatt verso an den oberen Ecken durch kleine Klebestreifen auf Papier befestigt, dieses wiederum in Passepartout gesetzt; die beiden oberen Ecken montierungsbedingt leicht knittrig; in den Randbereichen vereinzelt leichte Bestoßungen; leichte Druckstellen im Blatt; im unteren Bereich mittig kleiner bräunlicher Fleck; partiell leicht stockfleckig; verso in den oberen beiden Ecken leichte Reste früherer Befestigung

Provenienz
Verso auf Passepartout unten links kleiner Aufkleber „Robert Wölfle / Buch- und Kunstantiquariat / München 13 Amalienstr. 65“

 

 

Stephan von Stengel hatte einen ungemein großen, breiten und überaus interessanten Wirkungskreis. Neben seinen Tätigkeiten als Kabinettssekretär des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern, Staatsrat und Generalkommissar der Landesdirektion Bamberg, war er weiterhin Zeichner, Grafiker, Schriftsteller und engagierter Kunstsammler.
Er war Sohn des pfälzischen Kanzleidirektors und Staatsrats Johann Georg von Stengel (1721-1798) und dessen Frau Maria Christine Edle von Hauer (1734-1796). Wobei manche Historiker in Stephan von Stengel einen unehelichen Sohn des Kurfürsten Karl Theodor (1724-1799) sehen, was aufgrund von dessen Förderung auch durchaus plausibel sein könnte.
Nach dem Studium in Heidelberg (1767-70) bekam er eine Stelle am Hofgericht in Mannheim. Zu jener Zeit entwickelte sich eine enge Verbindung zu Ferdinand Kobell, mit dem er auch gemeinsam auf Reisen ging.
1771 erscheint die Folge aus Radierungen “Les Environs de Heidelberg”.
In den folgenden Jahren macht Stephan von Stengel eine erstaunliche Karriere. – Er wird Hofgerichtsrat (1772), Geheimer Kabinettsekretär (1773), pfälzischer Wirklicher Regierungsrat mit Sitz und Stimme in der Regierung (1775). Daneben engagiert er sich für die Wissenschaften, gründet die “Deutsche Gesellschaft” (1775), wird Ehrenmitglied der Akademie der schönen Künste in Düsseldorf (1779), ist eines der Gründungsmitglieder der “Meteorolgischen Gesellschaft” und wird auch außerordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1807 erfolgt die Ernennung zum Ehrenmitglied).
Was seine Kunst angeht, so erscheint 1784 eine Robinson-Ausgabe von J. H. Campe (München: J. B. Strobel) mit Radierungen Stephan von Stengels.
1789 wird er Geheimer Finanzreferendar, Leiter des Finanz-Departments, sowie Direktor der Donaumoos-Kultur-Kommission, welche den Sinn hatte das Donaumoss durch Trockenlegung landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Im Späteren wird er Vizepräsident der Landesdirektion Fürstbistum Bamberg, bevor er 1810 in den Ruhestand eintritt.
Als Kunstsammler war Stephan von Stengel überaus engagiert und besaß am Lebensende eine Kupferstichsammlung mit einem Umfang von 13.406 Werken.
Stengel war zudem Mitglied der Mannheimer Loge “St. Charles de l’Union”, sowie Mitbegründer der Heidelberger Loge “Carl zum Reichsapfel”.

Die hier vorliegende, an Stephan von Stengel zugeschriebene Zeichnung zeigt eine figurenreiche Predigtszene. Sowohl bezogen auf den Zeichenstil als auch was die Darstellung angeht, erscheint die alte Zuschreibung als plausibel, zumal Stephan von Stengel seine eigenen Werke oftmals nicht signierte, so dass die Nicht-Signierung im vorliegenden Fall eher typisch als untypisch wäre.
Betrachten wir die dargestellte Szene etwas genauer, so ergibt sich etwas unbedingt Beachtenswertes.
Bei dem im seitlichen Profil nach rechts markant dargestellten Prediger dürfte es sich der Physiognomie nach um Fürstbischof Christoph Franz von Buseck (1724-1805) handeln, den der Künstler während seiner späten Zeit in Bamberg sicher noch persönlich erlebt und kennengelernt haben wird. Im rechten Bildbereich die Zuhörer, wobei die Frauen mitunter andächtig lauschend die Hände zum Gebet falten während Teile der Herren eher verschmitzt lächeln. Am oberen Rand wohl drei Vertreter der weltlichen Verwaltung, sowie am Fuß der Kanzel unten links fünf Kinder und links von diesen nochmals eine markant dargestellte, mürrisch blickende Person mit verschränkten Armen.
Von Fürstbischof Christoph Franz gibt es ein paar zeitgenössische Darstellungen und Portraits, die eine solche Identifizierung nahelegen. Diese Zeichnung erhält hierdurch neben der rein künstlerischen auch noch eine (regional-)historische Relevanz.

 

 

Zu Stephan von Stengel (06.10.1750 Mannheim – 03.10.1822 Bamberg):
Kabinettssekretär des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern, Staatsrat und Generalkommissar der Landesdirektion Bamberg, Zeichner, Grafiker, Schriftsteller, Kunstsammler.

Sohn des pfälzischen Kanzleidirektors und Staatsrats Johann Georg von Stengel (1721-1798) und dessen Frau Maria Christine Edle von Hauer (1734-1796). Manche Historiker sehen in Stephan von Stengel einen unehelichen Sohn des Kurfürsten Karl Theodor (1724-1799).

1765-67 Studium an der „Hoheschule“ in Heidelberg. Daneben Privatunterricht bei den Jesuitenpatres Johann Jung und Christian Mayer.

1767-70 Studium der Rechts-, Staats- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Heidelberg. Im Anschluss daran tätig im Hofgericht zu Mannheim. Enge und wichtige Bekanntschaft mit dem Künstler Ferdinand Kobell, mit dem zusammen er auch Reisen unternimmt und gemeinsam zeichnet.

1771 entsteht die Folge aus Radierungen “Les Environs de Heidelberg”.

Juli – Dezember 1771 Reise nach Paris mit dem Hofkaplan und Bibliothekar Johann Jakob Haeffelin. In Paris traf er u.a. den Kunsthändler und Kupferstecher Johann Georg Wille.

1772 Ernennung zum wirklichen Hofgerichtsrat.

1773 Ernennung zum Geheimen Kabinettsekretär.

30.10.1774 Heirat in Worms mit Marianne Blesen (1753-1802).

1775 Ernennung zum pfälzischen Wirklichen Regierungsrat mit Sitz und Stimme in der Regierung.Er regte die Gründung der “Deutschen Gesellschaft” an und verfasste auch deren Statuten.

1777 Umzug nach München, da der Regierungssitz verlegt wurde.

1779 Ehrenmitglied der Akademie der schönen Künste in Düsseldorf.

1780 war er einer der Stifter der “Meteorolgischen Gesellschaft”.

1781 Außerordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

1782 Umzug der Familie in das Schloss Biederstein in München-Schwabing.

1783 Romreise mit Kurfürst Carl Theodor.

1784 schuf er Radierungen für eine Robinson-Ausgabe von J.H. Campe (bei dem Münchner Verlag von J.B. Strobel).

1789 Ernennung zum Geheimen Finanzreferendar und Leiter des Finanz-Departments. Weiterhin Ernennung zum Direktor der Donaumoos-Kultur-Kommission, welche den Sinn hatte das Donaumoss durch Trockenlegung landwirtschaftlich nutzbar zu machen.

1792 Ordentliches Mitglied der Leipziger Ökonomischen Gesellschaft.

1797 Entlassung aus dem Amt des Kabinettsekretärs und Übertragung des Vizekanzleramts bei der Oberen Regierung.

1803 Ernennung zum Vizepräsidenten der Landesdirektion Fürstbistum Bamberg.

1807 Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

1810 Versetzung in den Ruhestand.

Neben dem eigenen künstlerischen Schaffen war Stephan von Stengel auch Kunstsammler. Seine Kupferstichsammlung umfasste in 80 Mappen 13.406 Werke.

Stengel war Mitglied der Mannheimer Loge “St. Charles de l’ Union”, sowie Mitbegründer der Heidelberger Loge “Carl zum Reichsapfel”.

Sammlungen
Werke Stephan von Stengels befinden sich in zahlreichen öffentlichen Sammlungen und Museen wie bspw. Staatsbibliothek Bamber, Kupferstichkabinett Berlin, Kunstsammlung der Veste Coburg, Städelsches Kunstinstitut (Frankfurt a.M.), Hamburger Kunsthalle, Kurpfälzisches Museum (Heidelberg), The British Museum (London), Reiss-Engelhorn-Museum (Mannheim), Kunsthalle Mannheim, Staatliche Graphische Sammlung (München), Stadtmuseum München, Bibliothèque nationale de France (Paris), Staatsgalerie Stuttgart, Kupferstichkabinett Wien, Albertina Wien.

Literatur
Alfred Wieczorek et al. (Hrsg.) (2008): Ein Schöngeist in diplomatischen Diensten. Druckgrafik und Zeichnung von Stephan von Stengel (1750-1822), Heidelberg – Ubstadt-Weiher – Basel: Verlag Regionalkultur
„Allgemeines Künstlerlexikon“, Onlineversion

 

 


Vergleichsabbildungen von Bildnissen des Fürstbischofs Christoph Franz von Buseck