W I L H E L M    O E S T E R L E    (22.03.1876 Herbolzheim – 27.08.1928 Berlin)

 

Weitere Berliner Künstler

 

 

„Mann und Frau“ (o.J.)

Aquarell auf hellbräunlichem Papier, verso am oberen Rand befestigt in Passepartout

€ 490,-

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Titel
„Mann und Frau“ [so unten rechts auf dem Passepartout in Blei betitelt, sowie darüber mit der Nummer „Nr. 257“ bezeichnet; ebenso betitelt und nummeriert verso auf dem Blatt unten links in Blei]

Technik
Aquarell auf hellbräunlichem Papier, verso am oberen Rand befestigt in Passepartout

Signatur
unten rechts in Blei signiert, sowie verso unten mittig und auf dem Passepartout unten mittig jeweils rötlicher Nachlassstempel

Jahr
undatiert

Größe
Größe: 43,8 x 29,6 cm (Blatt) bzw. 50,4 x 31,5 cm (Passepartout)

Zustand
Blatt verso am oberen Rand befestigt in Passepartout; im Bereich des Passepartoutausschnitts gleichmäßig leicht nachgedunkelt; lichtrandig; Ecke oben links mit Ausriss (unter Passepartout nicht sichtbar); leichte Druckstellen im Blatt; Passepartout nachgedunkelt und leicht fleckig, sowie verso in den oberen beiden Ecken mit Kleberesten

 

 

Wilhelm Oesterle wuchs in einer sehr religiösen Kleinbauernfamilie auf. Mit 14 Jahren wurde er Vollwaise. Anfangs machte er eine Lehre zum Kirchen- und Dekorationsmaler beim Kenzinger Kirchenmaler Karl Weiß und besuchte die berufliche Fortbildungsschule Kenzingen. Im Anschluss daran ging er von 1897 bis 1901 nach Berlin, um dort die Handwerkerschule zu besuchen. Hierauf kehrte er in den Süden zurück und besuchte von 1902 bis 1905 die Dekorationsmalerklasse der Karlsruher Kunstgewerbeschule. Darauf wandte er sich ganz konkret und verstärkt der Kunst zu, zog 1906 nach Berlin und nahm Unterricht bei Lovis Corinth.
1909 heiratet er Marie Gross aus Zürich.
Oesterle kann seine ersten künstlerischen Erfolge noch vor dem Weltkrieg verzeichnen; bezeichnend hierunter ist das Antikriegsblatt “Kriegsfurie” aus dem Jahr 1912. Grafiken Oesterles werden von den Verlagen Gurlitt und I.B. Neumann veröffentlicht. Er stellte seine Werke bei den “Juryfreien”, den Akademie-Ausstellungen und der “Secession” aus.
In Berlin hatte Oesterle damals Kontakt und Umgang mit u.a. Käthe Kollwitz, Heinrich Zille, Hans Baluschek und Georg Tappert, der 1925 auch einen Artikel über Oesterle (“Der Radierer W. Oesterle”) in der Zeitschrift “Farbe und Form” (Heft 8) publiziert.
Von 1915 bis 1918 folgte der Kriegsdienst.
1919 erhielt er eine Berufung an die Kunstschule Reimann in Berlin. 1926 wird er Mitglied der Deputation für das Kunst- und Bildungswesen des Bezirks Amt Charlottenburg. Daneben ist er zusammen mit Kollwitz in der Bildungsarbeit der freien Gewerkschaften tätig und gemeinsam mit Zille verantwortet er die Ausstellungen im Parteihaus der SPD und die grafische Gestaltung der Wochenendbeilage “Vorwärts”.

Wilhelm Oesterle ist besonders in seinen Druckgrafiken, Zeichnungen und Aquarellen als eigenständige künstlerische Stimme zu betrachten. „Sein Denken und Gestalten kreist immerfort um die zentralen Menschheitsthemen: Liebe-Tod-Flucht-Klage” (Helmut Reiner).
1953 ist es Georg Tappert, der die erste umfassende Ausstellung zu Oesterle in Berlin-Charlottenburg eröffnet.
In seiner Heimatstadt wird zum 50. Todestag eine Straße nach ihm benannt und eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus angebracht.

Das vorliegende Werk ist vom Künstler mit „Mann und Frau“ betitelt. Der Ausführung nach kann man dabei vielleicht an eine durchaus große Vorarbeit oder einen Entwurf denken.
In einer hohen Abstraktion zeigt Oesterle das Paar – links der Mann, rechts die Frau – deren Köpfe eng beieinander sind, ihr linker Arm umgreift ihn und auch sein linker Arm scheint auf ihrer Schulter zu ruhen.

 

 

Zu Wilhelm Oesterle (22.03.1876 Herbolzheim – 27.08.1928 Berlin):
Maler, Zeichner, Grafiker.
Kirchen- und Dekorationsmalerlehre beim Kirchenmaler Karl Weiß; 1897-1902 Besuch der Handwerkerschule in Berlin; 1902-1905 Besuch der Dekorationsmalerklasse der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe; ab 1906 in Berlin ansässig; dort Schüler von Lovis Corinth; 1909 Heirat mit Marie Gross aus Zürich; schon vor dem Ersten Weltkrieg erste Erfolge als Maler und Radierer; 1912 entsteht Antikriegsblatt „Kriegsfurie“; Verlage Gurlitt, Neumann und Margules veröffentlichen Grafik von Oesterle; Kriegseinsatz in Belgien und Nordfrankreich (dabei entstehen Zeichnungen und Radierungen); 1919 Lehrer für Akt- und Radierunterricht an der Reimannschule in Berlin; neben Landschaftsmotiven schuf Oesterle zu dieser Zeit auch Werke mit sozialen Thematiken; mit Käthe Kollwitz wirkt Oesterle in der Bildungsarbeit der freien Gewerkschaften; zusammen mit Heinrich Zille für die Ausstellung im Parteihaus der SPD in Berlin und für die grafische Gestaltung der Wochenendbeilage der „Vorwärts“ zuständig; 1953 erste Ausstellung zu Oesterle nach dem Zweiten Weltkrieg

Literatur
„Allgemeines Künstlerlexikon“, De Gruyter-Verlag, Onlineversion
Internetseite zum Künstler [wilhelm-oesterle.com/] Reiner, Helmut (1992): Es ist ein aufregendes Leben… Biographie und Bilderwelt des Wilhelm Oesterle 1876-1928, Kenzingen