T H E O D O R   Z E L L E R   (9.5.1900 Donzdorf – 3.12.1986 Freiburg i.Br.)

 

Weitere Werke von Theodor Zeller

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„Dante und Beatrice“ (1951)

Monotypie (“Glasabzug“) auf faserigem Papier, verso am oberen und unteren Rand durch Klebestreifen in Passepartout gesetzt, gerahmt

€ 920,-

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Titel
„Dante und Beatrice“ [so unten rechts in Blei betitelt]

Jahr
unten mittig in Blei datiert „1951“, sowie darunter wohl nochmals auf den Tag datiert „9.V.“, i.e. 9. Mai

Größe
Größe: 29,3 x 46,6 cm (Blatt) bzw. 28,1 x 44,8 cm (Sichtmaß) bzw. 65,5 x 56,3 cm (Rahmen)

Signatur
unten mittig in Blei monogrammiert und signiert

Auflage
unten links in Blei bezeichnet „Glasabzug“, sowie daneben nummeriert „1/1“, d.h. es handelt sich um ein Unikat

Zustand
Blatt verso am oberen und unteren Rand durch Klebestreifen in Passepartout gesetzt; leichte Druckstellen im Blatt; Ecken leicht bestoßen (unter Passepartout nicht sichtbar); partiell schwach fleckig; verso in den Ecken Reste früherer Befestigung (braune Klebestreifen); verso rechter Blattrand leicht knittrig (unter Passepartout nicht sichtbar); verso im linken Bereich leicht farbfleckig; verso leicht fleckig

 

 

Dem Wunsch seiner Mutter Magdalena (1862-1923) entsprechend sollte Theodor Zeller Priester werden. Während seiner Gymnasialzeit, in der er im Konvikt in Ehingen lebt, erfährt er 1921-22 eine seelische Krise und zweifelt stark an seiner Berufung zum Priester. Dennoch beginnt er 1922 ein Studium der Theologie in Tübingen, wechselt nach zwei Semestern aber nach Freiburg, um dort philosophische Vorlesungen von u.a. Heidegger und Husserl zu besuchen. Zwei weitere Semester kann er dank eines Stipendiums in München Theologie studieren und während dieser Zeit kommt er auch dezidiert mit der Kunst in Berührung.

„Durch Freunde kommt Zeller in Kontakt mit dem Schwabinger Künstlermilieu und will sich in die Kunstakademie einschreiben lassen. Die für die Aufnahme vorgelegte Bildmappe ist jedoch nicht ausreichend, Zeller wird abgelehnt. Daraufhin reicht er ein Aufnahmegesuch bei der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe ein, wird dort angenommen, doch Zeller tritt nicht an, kehrt nach Freiburg zurück, bricht das Theologiestudium ab und wendet sich endgültig der Malerei zu. Sein erster Lehrer in Kunst wird der an der Universität lehrende Hans Lemke, bei dem er sich die Grundkenntnisse im Aktzeichnen erwirbt.” [1]

In Freiburg findet Zeller in dem Direktor der dortigen Filiale der “Dresdner Bank” einen Förderer, der zum einen Werke Zellers kauft und ihm 1927 zum anderen einen einjährigen Studienaufenthalt in Florenz finanziert. In Florenz macht Zeller drei prägende Bekanntschaften. Erstens lernt er den Verleger Dr. Theophil Herder-Dorneich (1898-1987) aus Freiburg kennen, zweitens beschäftigt er sich intensiv mit Dantes dichterischem Werk und drittens trifft er auf seine spätere Frau, die jüdischstämmige Eva-Martina Gurschner aus Wien, die er am 29. September 1928 heiratete. Im August 1929 kommen der Sohn Ambrosius und im Dezember 1931 die Tochter Veronika zur Welt. Die Familie wohnt in finanziell angespannten Verhältnissen in Denzlingen. In der politisch verschärften Lage des Dritten Reichs verlässt Eva Zeller, aufgrund ihrer halbjüdischen Abstammung, 1935 Denzlingen und gelangt mit Unterstützung von Verwandten über Paris nach Rom. Dort geht sie einer Tätigkeit als Wirtschafterin in der Villa Massimo nach, welche sie aber ebenso wegen ihrer Herkunft aufgeben muss. Sie geht 1936 nach Deutschland zurück, holt die gemeinsamen Kinder, um mit diesen zusammen erneut nach Italien zu fliehen.

Für Theodor Zeller selbst stellte das Jahr 1933 neben der oben genannten familiären Problemen auch eine künstlerische Zäsur dar. Hatte er schon zuvor Probleme seine Kunst zu veräußern, so wurde dies nun beinahe gänzlich verunmöglicht. Die Ausstellung „Süddeutsche Kunst in München“ im Jahr 1934 in der Neuen Pinakothek (München) ist die einzige Schau, die Zeller mit einer Arbeit beschickte. Diese Singularität ist wohl vor allem dadurch begründet, da er sich im Folgenden weigerte der Reichskammer der bildenden Künste beizutreten, deren Mitgliedschaft jedoch eine conditio sine qua non für Ausstellungsbeteiligungen war. Zeller reiste 1938 zu seiner Familie nach Rom. Bis 1941 wohnten sie in einem nahegelegenen Kapuzinerkloster. Diese Wohnung mussten sie für die italienische Armee räumen und fanden Unterkunft im Nahe von Rom gelegenen Gallicano nel Lazio. Die finanzielle Lage der Familie war prekär und die Unterstützungen von Verwandten, sowie des Freiburger Verlegerpaares Herder-Dorneich waren sehr vonnöten.

In der folgenden Zeit verschärfte sich die Kriegssituation in dem Maße, dass Hilfeleistungen von Freunden und Verwandten kaum noch zur Familie Zeller gelangten und Eva Zeller unter anderem zum Betteln an einem römischen Kapuzinerkloster gezwungen war. In den letzten Kriegsjahren wird Zeller verstärkt überwacht und auch mehrfach verhaftet. Aufgrund der verstärkten Bombardierungen Roms, muss die Familie aus der Stadt fliehen und kommt in der Folge in verschiedenen Ortschaften unter. Die Familie wird schließlich getrennt und während Eva mit den Kindern nach Oberbayern gelangt, arbeitet Theodor Zeller als Dolmetscher in einem deutschen Sanitätspark in Florenz, gerät in us-amerikanische Gefangenschaft aus der er aber kurz darauf (1946) in Bad Aibling entlassen wird. 1947 bewohnt die Familie ein zerstörtes Haus in München und als der Künstler 1950 nach Denzlingen zurückkehrt, weigert sich die Familie mitzugehen und bleibt in München.
In Denzlingen lebt der frühere, so wichtige Kontakt mit Dr. Herder-Dorneich erneut auf. – Und in diese wichtige Schaffensphase der frühen Nachkriegszeit in Denzlingen ist die vorliegende Monotypie einzuordnen.

Die Bedeutung Dantes für Zeller umschreibt Manfred Schill folgendermaßen:
“Zeller benutzte Dantes Werk wie ein Reservoir von Bildern, aus dem er beliebig schöpfen konnte. Rückblickend läßt sich sagen, daß der jahrelange Umgang mit Dantes Werk Zellers Denken und Fühlen, ohne daß er es wollte, so sehr prägte, bis er schließlich in Dante einen Weggefährten und Leidensgenossen erblickte, mit dessen Schicksal er sich identifizieren konnte.” [2]

Das vorliegende Werk hat Zeller in Form eines Glasabzuges ausgeführt und die Nummerierung „1/1“ unterstreicht dabei nochmals deutlich den Unikatcharakter des Objektes.
Links sehen wir das Bildnis von Beatrice und rechts jenes von Dante. Doch fallen beim Betrachten dieses Dante-Bildnisses direkt Ähnlichkeiten zu dem Konterfei des Künstlers auf. Und tatsächlich ist es so, dass Theodor Zeller sein Selbstbildnis, sein „Ipse“, oftmals in seine Dante-Bildnisse hineinlegte.
„Zeller sieht sich als Dante; er deutet dies konkret an, indem er Dante in einigen Szenen seine Gesichtszüge leiht […] Beatrice ist die Verkörperung seines schlechten Gewissens, hinter dem sich Zellers Mutter verbirgt. Zeller ist von dem von seiner Mutter bestimmten Weg abgekommen.“ [3]

Neben der kraftvollen künstlerischen Ausführung, entstammt das Werk der für Theodor Zeller wichtigen frühen Jahre in Denzlingen nach dem Zweiten Weltkrieg und schließlich zeigt es auch die lebenslange enge Verbundenheit Zellers zu Dante.

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[1] Manfred Schill (2000): Theodor Zeller. 1900-1986 Maler und Visionär, Denzlingen, S. 5.
[2] Ebd.: 36.
[3] Ebd.: 39.

 

 

Zu Theodor Zeller (9.5.1900 Donzdorf – 3.12.1986 Freiburg i.B.):
Maler, Zeichner und Graphiker; geboren in Donzdorf (Kreis Göppingen) als das jüngste von sechs Kindern von Karl Zeller (1852 Wissgoldingen – 1913 Donzdorf, Kammerdiener des Grafen von Rechberg, Donzdorf) und dessen Frau Magdalena, geb. Vonier (1862 Krauchenwies – 1923 Sigmaringen);

1916 Besuch des königl.-württemberg. Gymnasiums in Ehingen; dem Wunsch der Mutter folgend soll er Priester werden;
1918 melden er und Schulkameraden sich ein halbes Jahr vor dem Abitur als Kriegsfreiwillige (Vereidigung am 28. Juli 1918);
1920-21 Nachholung des Abiturs und erneut ansässig im Konvikt in Ehingen; aufkommende Zweifel an geplanter Priesterlaufbahn; dennoch beginnt er 1922 mit dem Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte in Tübingen;

1923 Wechsel an die Universität Freiburg (hört dort u.a. Vorlesungen von Heidegger und Husserl); durch ein Stipendium kann er zwei Semester in München Theologie studieren; über Freunde bekommt er Kontakt in Schwabinger Künstlerkreise und will sich in die Kunstakademie München einschreiben lassen, jedoch wird die vorgelegte Bildmappe abgelehnt; darauf stellt er einen Aufnahmeantrag an der Badischen Landeskunstschule Karlsruhe, der angenommen wird, den Zeller aber wiederum nicht antritt; erneut ansässig in Freiburg (bei Witwe Pfaff in der Scheffelstraße), Abbruch des Theologiestudiums und endgültige Zuwendung zur Malerei; erste künstlerische Unterweisung bei Hans Lemke; durch Zufall sieht der Direktor der Dresdner Bank in Freiburg Keller ein Stillleben Zellers, das er sofort kauft;

1927 Keller finanziert im Folgenden den einjährigen Studienaufenthalt Zellers in Florenz; in Florenz Bekanntschaft mit dem Verleger Dr. Theophil Herder-Dorneich aus Freiburg, sowie mit seiner späteren Frau, der jüdisch stämmigen Eva-Martina Gurschner aus Wien;

1928 Illustrationsaufträge von Verleger Herder-Dorneich für ein Meßbuch und Dantes Göttliche Komödie;
28.09.1928 Heirat; am Südsporn des Mauracher Berges in Denzlingen baut sich Zeller ein kleines Haus mit Atelier; fortan freischaffend tätig;
18.8.1929 Geburt des Sohnes Ambrosius-Johannes;
23.12.1931 Geburt der Tochter Veronika; immer wieder Spannungen zwischen dem Ehepaar (insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Notlage);

1933 finanziert Verleger Herder-Dorneich Zeller einen halbjährigen Italienaufenthalt;
1935 nach der postalisch zugestellten Aufforderung zur Zwangssterilisation verlässt Eva Zeller Denzlingen und reist über Paris, Marseille und Genua nach Rom; in Rom zunächst als Wirtschafterin an der Villa Massimo tätig;
1936 als sie jedoch per Unterschrift ihre arische Abstammung bestätigen soll, verweigert sie dies und kehrt nach Deutschland zurück, um ihre Kinder zu holen und erneut nach Rom zu reisen;

1937 wird Theodor Zeller aufgefordert der Reichskulturkammer beizutreten, was er verweigert;
1937 werden im Rahmen der Entartete-Kunst-Aktion zwei Werke Zellers beschlagnahmt;
1938 verkauft Zeller sein Haus an die Gemeinde Denzlingen und reist nach Rom zu Frau und Kindern;

bis 1941 wohnhaft in einem Kloster der Kapuziner; 1941 müssen die Zellers die Klosterwohnung für einen italienischen Offizier räumen und ziehen um nach Gallicano nel´Lazio di Roma;
1941 meldet sich Zeller freiwillig zum Kriegsdienst; Zeller wird nach Berlin befehligt und soll in den Dienst der Reichskulturkammer treten; Zeller lehnt ab, wird aus der Wehrmacht ausgeschlossen und kehrt zur Familie zurück; erneuter Umzug nach Rom; dort Überwachung, mehrmalige Verhaftungen und Verhöre durch deutsche Agenten; die Lebensverhältnisse der Zellers verschlechtern sich zunehmend; die Bombenangriffe auf Rom zwingen die Familie zum Umzug nach Gallicano; es folgend dramatische Fluchtepisoden nach De l´Aquila am Gran Sasso, Perugia, Florenz; die Familie wird getrennt, Eva Zeller kommt mit beiden Kindern nach Oberbayern (Obereichhofen), während Theodor Zeller in Florenz als Dolmetscher und Angestellter bei einem deutschen Sanitätspark arbeitet; er gelangt in amerikanische Kriegsgefangenschaft aus der er 1946 in Bad Aibling entlassen wird;

1947 Umzug über u.a. Lorenzberg mehrere Stationen in ein zerstörtes Haus in München; 1950 kehrt Zeller allein nach Denzlingen zurück, da sich die Familie weigert mit zu gehen; in Denzlingen neues Aufleben des Kontakts zu Verleger Herder-Dorneich;

ab 1967 bildet sich ein Malkreis um Zeller; es folgen erste Ausstellungen in FReiburg und Denzlingen;
1973 wählt die „Union bildender Künstler Baden e.V.“ Zeller zu ihrem Präsidenten (bleibt dies jedoch aufgrund von Zerwürfnissen nicht lange);

1975 erster öffentlicher Auftrag den Chorraum der St.-Jakobus-Kirche auszumalen;
1979 Ausmalung der St.-Michaelis-Kirche; am 09. Mai 2000 wurde zum 100. Geburtstag eine Gedenktafel an Theodor Zellers Haus angebracht

Werke Theodor Zellers befinden sich u.a. im Besitz der Gemeinde Denzlingen, der Stadt Donzdorf, im Museum – Kunst der verlorenen Generation (Salzburg).

Literatur
SCHILL, Manfred (2000): Theodor Zeller. 1900-1986 Maler und Visionär; Denzlingen
MÜLFARTH, Leo (1987): Kleines Lexikon Karlsruher Maler; Badenia-Verlag; Karlsruhe; S. 271
WIRTH, Günther (1987): Verbotene Kunst 1933-1945. Verfolgte Künstler im deutschen Südwesten; Stuttgart: Hatje; S. 336
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 00639217