L U I S E    K O R N S A N D    (11.07.1876 Wilferdingen (Enzkreis) – 04.03.1972 South Dennis, MA (USA))

 

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Stillleben mit zwei Tulpen in gelber Vase, auf einem weißen Unterteller, auf braunem Untergrund (o.J.)

Öl auf Leinwand (aufgespannt auf festem Malkarton), ungerahmt

€ 1.400,-

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Titel
ohne Titel [Stillleben mit zwei Tulpen in gelber Vase, auf einem weißen Unterteller, auf braunem Untergrund; verso: Skizze eines Interieurs]

Signatur
unsigniert

Jahr
undatiert

Größe
Größe: 60,6 x 50,7 cm

Zustand
mitunter leicht fleckig und leicht staubig; Ecken etwas bestoßen; verso etwas fleckig und berieben; verso oben links kleiner gelber Aufkleber mit Bezeichnung „F.A.E. 028″[?]

 

 

Luise Kornsand kann als Künstlerin sicherlich als „Spätberufene“ angesehen werden. Ihren ersten Unterricht erhielt sie um 1895, doch war dies „auf dem untersten Niveau. Hier lernte sie Kochdeckel, Ofenschirme und andere Gegenstände mit damals populären Motiven, wie Tellskapelle, Schloss Chillon, Schneeszenen und dergleichen nach Vorlagen zu bemalen.“ [1]

Um 1900 kam sie in Kontakt mit Emil W. Herz (1877-1943), der sie ebenfalls unterrichtete. Und es war wohl auch Herz, der Luise Kornsand in näheren Kontakt mit der Malerinnenschule in Karlsruhe und damit mit einer tatsächlichen akademischen Ausbildung brachte. Von 1901 bis 1905 besuchte sie diese Zweigstelle der Karlsruher Akademie und erhielt dort Unterricht von Ludwig Schmid-Reutte und Julius Schold.

Nach Aussagen des Sohnes, Emil Kornsand, sollen beide Lehrer sich positiv und voller Lob über ihre Schülerin geäußert haben. So wird von Schold die Aussage überliefert: „Frau Kornsand, ich bin stolz auf Sie. Malen können Sie jetzt, keiner kanns besser.“ [2]

Im Anschluss an ihre Ausbildung hatte Luise Kornsand rasch Erfolge. – Sie beteiligte sich an Ausstellungen in u.a. Berlin, Düsseldorf, Mannheim, Baden-Baden und nahm 1913 auch an der großen „Internationalen Frauenkunst-Ausstellung“ in Turin teil.

Und gerade in Bezug zu dieser Turiner Ausstellung ist eine weitere Anekdote des Sohnes anzufügen, welche die damalige Beachtung unterstreicht, die Luise Kornsand entgegengebracht wurde. So heißt es bei Emil Kornsand:

„So wurde durch den Bund Badischer Künstlerinnen ihr die Einladung zugestellt, sich an der Konkurrenz für die internationale Frauenkunst Ausstellung in Turin zu beteiligen. Für ganz Baden waren nur 3 qm Wand, ausreichend für 4 oder 5 Bilder zur Verfügung gestellt worden. Es mussten sich Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Freiburg und Konstanz darin teilen. Alle Einsendungen wurden der Jury von Trübners Frau Alyce[sic] Trübner unterworfen. Als meiner Mutter erstes Bild bei der Jury auftauchte, stürzte sich Alice Trübner darauf los und betrachtete es aus der Nähe auf den Knien. In höchster Bewunderung brach sie aus ‚Das ist ja ganz herrlich gemalt, ganz wunderbar! Da haben wir ja schon etwas für Turin!‘ ‚Frau Kornsand, sind Sie das, haben Sie noch ein anderes Bild hier?‘ So zeigte meine Mutter noch ein weiteres der eingesandten Gemälde. Nach eingehender Betrachtung rief sie aus: ‚Auch das ist ganz hervorragend – haben Sie noch ein weiteres Bild hier?‘ Mutter zeigte das dritte und letzte der Bilder. Frau Trübner wählte alle drei Bilder für Turin, bis die Vorsitzende des Vereins aufbegehrte und sie darauf aufmerksam machte, dass es nicht ganz gerecht sei und für die vielen anderen Künstlerinnen allzu verstimmend sein würde. Sie forderte meine Mutter auf, selbst zu bestimmen, welches von den 3 Werken zurückbehalten werden sollte. So war meine Mutter mit 2 Bildern in Turin vertreten.“ [3]

1922 verstarb der 18 Jahre ältere Ehemann Karl und Luise Kornsand verzog hierauf zu ihrem Sohn nach Berlin. Dieser hatte 1921 sein Studium an der dortigen Staatlichen akademischen Hochschule für Musik abgeschlossen und begleitete hierauf eine Stelle als zweiter Geiger im Waghalter-Quartett sowie im Orchester des Deutschen Opernhauses in Charlottenburg. 1924 wurde er von der Berliner Staatsoper engagiert. Mutter und Sohn wohnten in der Mommsenstraße 2 in Berlin-Charlottenburg.

Das Jahr 1933 bedeutet für Beide eine arge Zäsur. Da Karl Kornsand jüdischer Abstammung war, galt der Sohn Emil unter den nationalsozialistischen Gesetzen als „Halbjude“ und sowohl Mutter als auch Sohn mussten Repressionen erleiden. Im Sommer 1938 emigrierte zuerst Emil Kornsand in die USA und wohnte anfangs in der New Yorker Bronx. Im Frühjahr 1939 verzog er nach Boston (MA) und dorthin kam dann auch seine Mutter Luise als sie im März 1939 in den USA eintraf.

In dem vorliegenden Stillleben zeigt die Künstlerin ein ganz schlichtes Arrangement eines Blumenstraußes aus u.a. bunten Tulpen in einer schönen gelben Vase. Diese steht auf einem hellen Unterteller und dürfte wohl auf einem dunklebraunen Tisch oder einer Kommode platziert sein. Der Hintergrund ist dunkelblau bzw. -violett gehalten, so dass hier besonders die gelben Tulpen sich farblich wunderschön abheben und leuchten. Ganz markant sind die Blüten in wenigen, breiten Pinselstrichen flott und sicher ausgeführt und ebenso zeigen sich auch im Hinter- und im Untergrund diese breiten Pinselstriche. Im Gegensatz zu eher frühen Werken der Künstlerin, obwiegt hier deutlich ein expressiv realistischer Ausdruck.

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[1] Kornsand, Emil: Luise Kornsand und ihr Lebenswerk. Kurze Biographie, geschrieben von ihrem Sohn, Emil Kornsand (Sept. 1970) [unveröffentlicht, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe].
[2] Ebd.
[3] Ebd.

 

 

Zu Luise Kornsand (11.07.1876 Wilferdingen (Enzkreis) – 04.03.1972 South Dennis, MA (USA)):
Malerin; jüngste von fünf Töchtern des Steinbruchbesitzers Johann Lutzweiler und dessen Frau Eva, geb. Schäfer; Heirat mit dem Kaufmann Karl Kornsand (04.03.1858 Leeheim – 19.01.1922 Karlsruhe); 12.02.1894 Geburt des Sohnes Emil in Colmar (der spätere Musiker verstarb im Juni 1973 in Brookline, MA); um 1900 verzog die Familie nach Karlsruhe und Luise wurde an der dortigen Malerinnenschule angekommen, die sie dann bis 1905 besuchte (Unterricht bei Ludwig Schmid-Reutte und Julius Schold); 1922 nach dem Tod des Ehemanns zog Luise Kornsand zu ihrem Sohn nach Berlin-Charlottenburg (dort ansässig in der Mommsenstraße 2); Emil Kornsand war seit 1924 angestellt an der Berliner Staatsoper; Emil Kornsand galt unter den nationalsozialistischen Rassegesetzen als „Halbjude“, wurde Ende 1937 zwangspensioniert und emigrierte 1938 in die USA und erhielt eine Anstellung am „Boston Symphony Orchestra“; im März 1939 folgte ihm seine Mutter und lebte fortan bei ihrem Sohn; in den USA fand sie nicht mehr zu ihrem früheren künstlerischen Schaffen zurück und es sind nur bis in die frühen 1940er Jahre hinein Werke von ihr nachweisbar

Luise Kornsand schuf vor allem Stillleben und Bildnisse, sowie teilweise auch Landschaften. Die frühen Arbeiten um 1910-15 zeichnen sich vor allem durch eine nuancenreiche Lichtführung aus, die das Motiv oftmals in einen Dämmerzustand legt. Im Späteren öffnet sich Luise Kornsand mehr dem Spätimpressionismus und expressiven Ausdrucksmöglichkeiten. Durch den breiteren Pinselstrich und die aufgehellten, kräftigeren Farben tritt das Filigrane des früheren Schaffens in den Hintergrund. Die Farbe erhält unmittelbare Aussagekraft. Sie hat hier zu einem eigenen expressiv realistischen Ausdruck gefunden, den sie aber aufgrund der Repressionen und ihrer Emigration nur noch wenige Jahre weiter ausarbeitete.

Werke: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Städtische Galerie Karlsruhe

Ausstellungen
1913 „Internationale Frauenkunst-Ausstellung“, Turin; ab 1913 Beteiligungen an den „Deutschen Kunstausstellungen“, Baden-Baden; Juni-Juli 1914 Ausstellung des „Bundes Badischer Künstlerinnen“ (im Hauptsaal der damaligen Ausstellung des Mannheimer Kunstvereins), Mannheim; 19.09.-08.11.1925 „Juryfreie Kunstschau“, Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof, Berlin; 24.05.-19.07.1981 „Kunst in Karlsruhe 1900-1950“, Badischer Kunstverein, Karlsruhe

Literatur
Brandenburger-Eisele, Gerlinde (1992): Malerinnen in Karlsruhe 1715-1918, in: Karlsruher Frauen 1715-1945. Eine Stadtgeschichte; Karlsruhe; S. 264
Brandenburger-Eisele, Gerlinde (1995): Von Hofmalerinnen und Malweibern. Karlsruher Künstlerinnen im 19. Jahrhundert, in: Sylvia Bieber (Hrsg.): Frauen im Aufbruch? – Künstlerinnen im deutschen Südwesten 1800-1945; Karlsruhe; S. 129-149, hier S. 141, 422
Kornsand, Emil: Luise Kornsand und ihr Lebenswerk. Kurze Biographie, geschrieben von ihrem Sohn, Emil Kornsand (Sept. 1970) [unveröffentlicht, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe];
Koskull, Maximilian Baron von: Luise Kornsand, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion [in Bearbeitung] — Mülfarth, Leo (1987): Kleines Lexikon Karlsruher Maler; Karlsruhe; S. 195
Papenbrock, Martin (1996): „Entartete Kunst,“ Exilkunst, Widerstandskunst in westdeutschen Ausstellungen nach 1945. Eine kommentierte Bibliographie; Weimar: VDG; S. 483
Wirth, Günther (1987): Verbotene Kunst 1933-1945. Verfolgte Künstler im deutschen Südwesten; Stuttgart: Hatje; S. 312
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hrsg.) (1981): Kunst in Karlsruhe 1900-1950 [Ausstellung im Badischen Kunstverein 24. Mai – 19. Juli 1981]; Karlsruhe: C.F. Müller; S. 155