J E A N   P A U L   S C H M I T Z

 

Weitere Werke von Jean Paul Schmitz
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Raufende an einer Bootsanlegestelle (Italien) (um 1934)

Aquarell und Kreide auf Skizzenbuchpapier, lose in altem, vom Künstler erstelltem Passepartout
undatiert [(wohl) um 1934];
unsigniert, nicht betitelt

€ 450,-

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Größe
Größe: 15 x 22 cm

Zustand
Ecken o.l. und u.r. mit kleinen Einstichlöchlein; Ecken minimal bestoßen; verso leicht fleckig

Provenienz
Aus dem Nachlass des Künstlers

 

 

1934 heiraten Jean Paul Schmitz und Ilse Pieper. Das Paar kannte sich bereits seit Längerem, da beide an der Düsseldorfer Akademie studierten. Im Jahr der Hochzeit ziehen sie nach Berlin um und schließen sich damit weiteren Künstlern, u.a. Curth Georg Becker, an, die ebenso nach Berlin zogen, um dort eine (noch) freie Kunst- und Kulturwelt zu erhoffen.

“Künstlerisch faßt Schmitz in Berlin rasch Fuß. Er bekommt auch einige Aufträge. Doch als Mensch wird er hier nicht recht heimisch. Zuviel und zu lange ist er während dieser sechs Jahre auf Reisen. Bereits kurz nach dem Abschied von Düsseldorf und der Heirat fährt das Ehepaar Schmitz für sechs Monate nach Italien, insbesondere nach Ischia. Im Folgejahr erhält Schmitz von der Preußischen Akademie den Rompreis und zieht zusammen mit seiner Frau von Oktober an für zehn Monate in die Villa Massimo. Ein fast einjähriger Studienaufenthalt in Olevano, in der ‘Villa Serpentara’, schließt sich an. Im Juni 1938 kehren die beiden Künstler schweren Herzens nach Berlin zurück.”
[Marie-Theres Scheffczyk (1989): Jean Paul Schmitz. Betrachtung zu Künstler und Werk, in: Kunstverein Konstanz (Hrsg.): Jean Paul Schmitz 1899-1970; Konstanz: Stadler; S. 5-21 [hier: 12].]

Das vorliegende, kleinformatige Aquarell dürfte während der Italienreise 1934 entstanden sein.

Schmitz zeigt hier eine turbulente Szene an einer Bootsanlegestelle. Der bräunliche Untergrund und auch das blaue Meer sind nur in soweit ausgeführt, als dass sie den Rahmen bilden. Denn das Geschehen spielt sich zwischen den, in schnellen festen Strichen ausgeführten Figuren ab. Zwei junge Männer raufen miteinander, während ein Anderer im dahinter liegenden Boot einen fast schon teilnahmslosen Eindruck macht. Die Raufenden zeichnen sich dabei durch eine ungemeine Dynamik und Dichte aus. Einer ist gerade im Vorwartsdrang, umgreift den Anderen am Bauch, der darauf sich nach hinten lehnt und mit seiner linken Faust zum Schlag ausholt. Diese Faust wurde von Schmitz dabei ebenso wie die beiden Köpfe in beachtlicher Bewegung ausgeführt. Die neben dem jeweiligen Körperteil ausgeführten Striche wirken im ersten Moment wie Pentimenti, was auch durchaus zum Skizzencharakter passen könnte. Aber es sind gerade diese – ganz bewussten – zeichnerischen Zusätze, welche dem Geschehen eine erstaunliche Lebendigkeit verleihen.

 

 

Zu Jean Paul Schmitz (04.03.1899 Wesseling bei Köln – 13.07.1970 Singen):
Maler, Zeichner, Grafiker; Jean Paul war das vierte von sechs Kindern; die katholischen Eltern wollen, dass er Priester wird und schicken ihn auf ein Jesuitenkolleg in den Niederlanden; er beginnt bereits früh zu malen und zu zeichnen; in dem strengen Jesuitenkolleg hält er es nur kurz aus und die Eltern holen ihn zurück; ab 1916 Besuch des Lehrerseminars in Düren; ab 1917 Kriegsfreiwilliger mit anschließender englischer Kriegsgefangenschaft aus der er 1919 entlassen wird; während der Kriegsgefangenschaft fasst er den Entschluss Maler zu werden; anfangs malt er autodidaktisch und arbeitet als Nachtwächter und Grubenarbeiter, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen; 1921-22 Besuch der privaten Malschule von Moritz Heymann (München); 1923-26 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf (bei Heinrich Nauen); zuletzt Meisterschüler Nauens; zu dieser Zeit tritt er der Vereinigung „Das Junge Rheinland“ bei und gehört zum engeren Kreis um Johanna Ey („Mutter Ey“); ab 1930 bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten ist er Mitglied der „Rheingruppe“; in dieser Zeit entstehen Kontakte und Freundschaften, die oftmals lebenslang halten (u.a. zu Bruno Goller, Peter Janssen, Otto Dix, Ferdinand Macketanz, Carl Weisgerber); 1927 Mallorca-Reise zusammen mit Johanna Ey, Gert H. Wollheim, Ulrich Leman und Willy Werth; 1930 zweimonatiger Studienaufenthalt in Paris; März 1934 Heirat mit der Malerin Ilse Pieper (1904-1979), die er auf der Düsseldorfer Akademie kennenlernte; sechsmonatige Reise nach Italien, Rom und Ischia; Oktober 1934 das Paar übersiedelt – wie viele andere Düsseldorfer Künstler auch – nach Berlin, dort entsteht eine geschäftliche Beziehung zur Galerie Karl Buchholz; 1936 Rom-Preis und einjähriges Stipendium in der Villa Massimo (Rom); Teilnahme an der Biennale in Venedig; Mai 1937 zusammen mit dem Leiter der Villa Massimo, Herbert Gericke, Studienreise nach Griechenland; Juni 1937 bis Juni 1938 weiteres einjähriges Stipendium der Preußischen Akademie für einen Studienaufenthalt in der Villa Serpentara in Olevano; 1937 werden bei der Aktion „Entartete Kunst“ in Düsseldorf, Gelsenkirchen und Köln insgesamt sieben Arbeiten des Künstlers beschlagnahmt; Juli 1938 Rückkehr nach Berlin; Ende 1939 bis Juni 1940 Griechenland-Reise zusammen mit seiner Frau; Juni 1940 kriegsbedingte Rückkehr nach Deutschland und das Paar lässt sich am Bodensee nieder, wo sich bereits alte Bekannte aus Düsseldorf sammelten; Dezember 1940 Umzug nach Wieladingen im Hotzenwald, später Umzug nach Schwörstadt; 1942 Radtour zum Bodensee; 1942 Einberufung zum Zollgrenzschutz im Elsass; 5. Mai 1943 Geburt der Tochter Beate; 1945 durch die Bombardierung Berlins geht ein großer Teil der Arbeiten, die bei der Galerie Buchholz lagerten, verloren (darunter fast alle Werke der Griechenlandreise); 8. März 1946 Geburt des Sohnes Wieland; November 1949 Umzug nach Wangen (heute: Öhningen-Wangen) in das damalige Haus des Kindergartens; es bildet sich der Kreis der sog. „Höri-Maler“; Schmitz malt vermehrt die Landschaft des Bodensees, dazu übernimmt er Porträt- und Illustrationsaufträge; auf Ausstellungen in Süddeutschland und der Schweiz ist er zahlreich vertreten; Reisen nach Südtirol, Flandern, Burgund; 1956 Haus- und Atelierbau in Wangen; erst spät erarbeitet er sich die Lithografie-Technik und erwirbt eine eigene Druckerpresse; in seinem späteren Schaffen schuf er vor allem Landschaften aus dem Bodenseeraum in expressiv-realistischer Auffassung

Einzel-, Kollektivausstellungen: 1932 zusammen mit Johann B.H. Hundt, Ulrich Leman und Robert Pudlich Ausstellung in der Städtischen Galerie Bochum; 1939 Galerie Buchholtz, Berlin (zusammen mit Milly Steger); 1949 zusammen mit seiner Frau Ausstellung in Säckingen; 1949 Einzelausstellung im Wessenberghaus, Konstanz; 1960 Einzelausstellung im Konstanzer Bücherschiff; 1962 Einzelausstellung bei den „Freunden zeitgenössischer Kunst“, Konstanz; 1966 Einzelausstellung im „Verein der Kunstfreunde“, Singen; 1969, 1972 Einzelausstellungen in der Galerie Stuckert, Konstanz; 1971 Einzelausstellung in der Kunsthandlung Förg, Singen; 1978 Einzelausstellung im Kulturamt Singen; 1980 Einzelausstellung im Rathaus Radolfszell; 1985 Einzelausstellung in der Galerie Gottschick, Tübingen; 2017 Einzelausstellung im Kunstmuseum Singen (zusammen mit Werken seiner Frau Ilse)

Mitgliedschaften: ab etwa 1925 Junges Rheinland; bis 1930 Rheinische Sezession; ab 1930 Rheingruppe; um 1934 Berliner Secession; 1947 Badische Secession; 1955 Künstlerbund Baden Württemberg; 1962 Mitbegründer der Konstanzer Künstlergruppe „Der Kleine Kreis“; 1967 Sezession Oberschwaben-Bodensee (SOB); Kunstverein Konstanz; Fachverband Südbadischer bildender Künstler; Neue Münchner Künstlergenossenschaft

Werke befinden sich u.a. im Besitz des Augustinermuseums (Freiburg i.Br.), des Kunstmuseums Singens, der Stadt Singen, der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, des Hermann-Hesse-Museums Gaienhofen, der Südwestdeutschen Kunststiftung Singen, sowie der Kunstsammlung des Bodenseekreises und der Kunststiftung Landkreis Konstanz.

Literatur
Bauer, Christoph (Hrsg.) (2017): Jean Paul Schmitz (1899-1970. Ein rheinischer Expressionist am Bodensee; Singen
Spiller, Monika: Jean Paul Schmitz, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 00224143
Zahn, Leopold (1956): Künstler auf der Höri am Bodensee; Konstanz: Simon und Koch; S. 42-47
Zimmermann, Rainer (1994): Expressiver Realismus. Malerei der verschollenen Generation; Hirmer; München; S. 440
Kunstverein Konstanz (Hrsg.) (1989): Jean Paul Schmitz 1899-1970; Konstanz: Stadler