H E R B E R T   W .   H O E D T   (11.02.1911 Posen – [nach 1971])

 

Weitere Werke von Herbert W. Hoedt

 

 

„Josefa“ (1942)

Aquarell und Tuschfeder auf festerem Maschinenbütten (Wasserzeichen „Made in England 1921 Unbleach[…]“)
unten links datiert „18.1.[19]42“
unten links in Ligatur monogrammiert „HWH“
Größe: 27,5 x 23,7 cm

€ 680,-

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Zustand
leicht nachgedunkelt; im Bereich oben links bräunlicher Fleck (recto & verso); unterer und oberer Rand sehr leicht uneben zugeschnitten; in den seitlichen Randbereichen sehr leicht wellig
verso etwas flecking, sowie verso am oberen Rand und an den seitlichen Rändern Reste früherer Befestigung (braunes Klebeband); verso unten rechts klein in Blei nummeriert

 

 

Als Künstler ist Herbert W. Hoedt nur wenig greifbar. Er arbeitete womöglich vor allem als (Film-)Zeichner und Grafiker für Firmen und nur wenig als freischaffender Künstler. Ausstellungsbeteiligungen sind nicht nachweisbar, so dass nicht belegt ist, dass er mit seinem Schaffen auch an die Öffentlichkeit trat bzw. die Öffentlichkeit überhaupt suchte.

Das vorliegende Werk ist gerade eine solche freie künstlerische Arbeit.

Herbert Hoedt hat dieses Aquarell dezidiert auf Sonntag, den 18. Januar 1942, datiert. Er selbst war damals wohl als Soldat in Frankreich eingesetzt, was sich anhand anderer Werke aus dieser Zeit nachvollziehen lässt.

Vor einem locker gemalten hellbraunen Hintergrund erblicken wir das Bruststück einer schönen, dunkelhäutigen Frau. Diese wird vom Künstler mit „Josefa“ benannt, wodurch auch eine gewisse persönliche Nähe des Künstlers zur Dargestellten anzunehmen ist.
Josefa trägt ein weißes kurzes Kleid mit Blumenmustern. Ihre Schultern und Arme sind dabei freigelassen. Mit dem rechten Arm lehnt sie sich zurück, der linke Arm ruht auf ihrem Schoß. Der Kopf ist ganz leicht nach rechts geneigt, was als dezente Gegenrichtung zur Linksneigung des Körpers plausibel ist. Die dunklen Haare trägt sie halblang, an ihren Ohren hängen große, funkelnde Ohrringe und ihre hellbraunen Augen blicken den Betrachter direkt an.

Hat man nun allein dieses Bildnis vor sich, so ist es ohne Zweifel ein gelungenes, expressiv realistisches Porträt einer schöner Frau. Bezieht man nun jedoch noch den zeitlichen Kontext mit ein, so wirkt diese Darstellung reichlich unpassend und widerspricht den eigentlichen Erwartungshaltungen, die an ein Bildnis aus diesem Jahr in den Sinn kommen. Zum einen ist hier in gar keiner Weise etwas vom damals tobenden Krieg zu sehen, was nun aber keine Einmaligkeit darstellt und auch bei anderen damals zeitgenössischen Objekten der Fall ist. Eine Einmaligkeit dürfte aber zum anderen sein, dass Hoedt hier eine dunkelhäutige Frau zeigt. Und er zeigt diese zudem auf eine gänzlich menschliche Weise, wodurch deren Individualität und Schönheit bewahrt wird. Von den damaligen rassistischen Ideologien, von einer propagierten Inferiorität dunkelhäutiger Menschen, ist hier gar nichts zu sehen und nichts zu spüren. Und man kann es womöglich noch weiter fassen. – Bedenkt man, dass lange Zeit Afroamerikaner in der Kunst nicht als Subjekte, sondern schlicht als Objekte gesehen wurden und demnach in aller Regel nie als Individuen bzw. Persönlichkeiten auftraten [1], so ist die hier von Herbert W. Hoedt porträtierte Josefa ein Bildnis, welches sich in toto auf die Person, den Menschen konzentriert.

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[1] Hugh Honour, der sich in seiner Arbeit auf die Zeitspanne der Amerikanischen Revolution bis zum Ende des Ersten Weltkrieges bezieht, macht dies für die Darstellung von Afroamerikanern in der Kunst folgendermaßen deutlich: „Black ‚submission‘ was always implicit – just taken for granted – if not, indeed, made quite explicit“ (Hugh Honour (1989): The image of the Black in western art [vol. 4. Slaves and liberators]; Cambridge: Belknap Press of Harvard Univ. Press; S. 64). Der oder die dargestellte Afroamerikaner ist in solchen Darstellungen eben vor allem dies: Afroamerikaner mit all den damaligen negativen Konnotationen, die dies mit sich brachte.

 

 

Zu Herbert Walter Hoedt (11.02.1911 Posen – [nach 1971]):
Grafiker, Illustrator, (Film-)Zeichner; tätig in Berlin, dort (spätestens 1937) wohnhaft im Falstaffweg 13 (Spandau); um 1936 tätig als Landjahrerzieher; anfangs arbeitete er als Filmzeichner, später vornehmlich als Grafiker; 11.02.1936 Heirat mit Elsbeth Erna Anna Kupczak (01.01.1906 Spandau – ?); nach 1945 weiterhin ansässig im Falstaffweg 13 und dort tätig als Grafiker; am 12.12.1972 Umzug (wohl zu seinem Sohn) nach Eichstätt
Eine Zeichnung befindet sich im Brüder-Grimm-Museum (Steinau an der Straße).