H E L L A    J A C O B S    (14.02.1905 Hamburg-17.08.1974 ebd.)

 

Weitere Werke von Hella Jacobs

 

 

„Görn“ (1942)

Tusche auf Velinpapier, an den Rändern auf der Vorderseite punktuell befestigt von der Künstlerin mit zugeschnittenem dünnem Karton als Passepartoutmaske
unten rechts in Blei signiert „Jacobs“
unten rechts in Blei datiert „1942“

Größe: 45,1 x 33,8 cm (Blatt komplett) bzw. 34 x 24 cm (Sichtfeld)
unten links auf der Passepartoutmaske in Blei betitelt „Görn“; i.e. Plattdeutsch für „Kinder“

€ 460,-

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Zustand
Blatt an den Rändern auf der Vorderseite punktuell befestigt von der Künstlerin mit zugeschnittenem dünnem Karton als Passepartoutmaske; leichte Druckstellen im Blatt, sowie in der Blattmitte mit Quetschungen; im Bereich unten links sehr kleiner Einriss (Länge etwa 0,5cm)
Passepartoutmaske etwas fleckig

 

 

Hella Jacobs erhielt ihre künstlerische Ausbildung an den Kunstgewerbeschulen Hamburg und Altona (1924-26). Im Anschluss daran arbeitete sie bis 1931 als technische Zeichnerin für das Hamburger Architekturbüro F. Ostermeyer und parallel dazu absolvierte sie eine Tischlerlehre. Nachdem sie 1931 aufgrund von Auftragsmangel entlassen wurde, war sie als freischaffende Künstlerin in Hamburg tätig und wurde dabei u.a. gefördert von dem Verleger Dr. Kurt Enoch. Zu dieser Zeit erhielt sie auch ein Atelier im Ohlendorffhaus wodurch eine freundschaftliche Beziehung zu Karl Kluth entstand. Das Jahr 1933 stellte für die psychisch angeschlagene Künstlerin – 1930 unternahm sie zwei Suizidversuche – eine arge Zäsur da. Maike Bruhns beschreibt diese Jahre folgendermaßen:

„Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten fiel Hella Jacobs Malerei wegen ihrer Bezüge zur europäischen Moderne unter das Verdikt ‚entartete Kunst‘. Sie erlebte in diesen Jahren die Gefährlichkeit und Rücksichtslosigkeit konservativen Mittelmaßes, zog sich in die innere Emigration zurück und malte nur noch privat ‚auf Halde‘. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs litt sie an Magengeschwüren. Zu ihrem eigenen Schutz brachte sie viele Bilder im Haus ihrer Schwester Pauline Steinbrinker unter, wo sie 1943 während der Bombardierung Hamburgs verbrannten. Ein anderer Teil ging in Frankreich verloren. Glücklicherweise haben sich einige Schwarzweißphotos zerstörter Werke erhalten, sodass die Rekonstruktion ihres Œuvres zum Teil noch möglich ist.“ [1]

Die hier vorliegende Tuschzeichnung datiert auf 1942 und entstand demnach während dieser Zeit der inneren Emigration und noch vor der kriegsbedingten Zerstörung des damaligen Schaffens 1943.

Hella Jacobs zeigt hier ganz dem plattdeutschen Titel entsprechend zwei „Görn“, also zwei Kinder. Diese stehen mit dem Rücken zum Betrachter und das linke Mädchen weist mit der Hand auf ein Haus im Hintergrund. Nur angedeutet wird von der Künstlerin die Umgebung in der sich diese Kinder befinden. Ist es vielleicht eine Ruine, eine durch Bombeneinschlag zerstörte Hauswand an der diese stehen? Der Untergrund erscheint zumindest wie ein Fußboden. – Und auf diesem Fußboden liegt nun unbeachtet Spielzeug herum; zum einen eine Puppe und zum anderen ein Holzfahrzeug.

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[1] Bruhns, Maike (2006): Hella Jacobs – „Und das ist mein heißestes Bemühen,…ich zu sein, das zu malen, was meine ureigenste Schöpfung ist“, in: Hamburger Kunsthalle (Hrsg.): Künstlerinnen der Avantgarde in Hamburg zwischen 19890 und 1933 [Band 2]; Bremen: Hachmannedition; S. 102-115 [hier: S. 105].

 

 

Zu Hella Jacobs (14.02.1905 Hamburg-17.08.1974 ebd.):
Malerin, Graphikerin, technische Zeichnerin, Illustratorin, Tischlerin; 1924-26 künstlerische Ausbildung an den Kunstgewerbeschulen Hamburg und Altona (Gebrauchsgraphik bei Prof. Clauss); 1926-31 tätig als technische Zeichnerin beim Architekturbüro Friedrich Ostermeyer (Hamburg); parallel dazu Ausbildung zur Tischlerin mit Gesellenprüfung; 1931 Entlassung aufgrund Auftragsmangel; ab 1930 tätig als freie Mitarbeiter für verschiedene Verlage; zwei Suizidversuche 1930; ab 1931 freie Künstlerin (u.a. gefördert durch den Verleger Dr. Kurt Enochm der ihr Aufträge verschaffte); 1931/32 erhielt sie ein Atelier im Ohlendorffhaus wodurch eine freundschaftliche Beziehung zu Karl Kluth entstand; 1932 Volontärin bei der Keramikfabrik Sailer; 1932-34 Reise in die Schweiz um ihre lungenkranke Freundin Marga Enoch zu besuchen; Jacobs‘ Schaffen galt im Dritten Reich als -entartet-; 1935 elfmonatiger Studienaufenthalt in Positano (Italien); 1936/37 Studienaufenthalt in Paris; künstlerisch zog sie sich in die innere Emigration zurück und stellte nach 1937 nicht mehr aus; 1938-41 Ehe mit Alfred Lübkert; 1940-43 technische Zeichnerin beim Architekturbüro Bomhoff und Schöne (Hamburg); 1943 verbrannte durch die Bombardierung Hamburgs ein Großteil ihres Schaffens, das sie, aus Angst vor möglichen Verfolgungen, bei ihrer Schwester Pauline Steinbrinker unterbrachte; 1945-60 physisch und psychisch stark angeschlagen; 1945-63 erneut tätig für Friedrich Ostermeyer

Einzelausstellungen
1932 Hamburger Kunstverein
2000 Elbdörfer-Galerie, Hamburg

Sammlungen
Hamburger Kunsthalle
Museum Kunst der Verlorenen Generation – Sammlung Prof. Dr. Heinz Böhme, Salzburg
Sammlung Dr. Maike Bruhns, Hamburg

Literatur
Bruhns, Maike (2001): Kunst in der Krise (Band 2); Dölling und Galitz; Hamburg; S.217-219
Bruhns, Maike (2006): Hella Jacobs – „Und das ist mein heißestes Bemühen,…ich zu sein, das zu malen, was meine ureigenste Schöpfung ist“, in: Hamburger Kunsthalle (Hrsg.): Künstlerinnen der Avantgarde in Hamburg zwischen 19890 und 1933 [Band 2]; Bremen: Hachmannedition; S. 102-115
Dollen, Ingrid von der (2000): Malerinnen im 20. Jahrhundert. Bildkunst der „verschollenen Generation“. Geburtsjahrgänge 1890 – 1910; München: Hirmer; S. 319
Heydorn, Volker Detlef (1974): Maler in Hamburg 1966-1974 [Bd. 3]; Hamburg: Christians; S.129
Kronthaler, Helmut: Jacobs, Hella, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 40428546
Familie Kay Rump (Hrsg.): Der neue Rump. Lexikon der bildenden Künstler Hamburgs (überarbeitet von Maike Bruhns); Wachholtz; Neumünster – Hamburg; S. 215-216