E W A L D    B E C K E R – C A R U S    (17.9.1902 Dingelstedt b. Halberstadt – 5.10.1995 Hamborn b. Paderborn)

 

Weitere Werke von Ewald Becker-Carus

 

 

Kristalle / Edelsteine (o.J.)

Ölfarben auf Hartfaserplatte, ungerahmt

€ 750,-

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Titel
ohne Titel [Kristalle / Edelsteine]

Technik
Ölfarben auf Hartfaserplatte, ungerahmt

Signatur
unsigniert, verso oben links Künstler- und Nachlassstempel

Jahr
undatiert

Größe
Größe: 80,1 x 102,4 cm

Zustand
Ecken etwas stärker bestoßen, sowie dort mit etwas größeren Einstichlöchlein; oberer Rand mittig mit Einstichlöchlein; Ecken und Ränder etwas berieben; insgesamt leicht berieben und leicht fleckig; verso etwas fleckig; verso oben links in Blei bez. „Auswahl 25.5.88“

Provenienz
Nachlass des Künstlers.

 

 

Ewald Becker-Carus war stark von den Lehren Rudolf Steiners geprägt und wirkte vor allem als Kunsterzieher an Rudolf-Steiner-Schulen. In seinem künstlerischen Schaffen zeigt sich dieser Einfluss sowohl im formalen und farblichen Ausdruck, wie auch immer wieder in der Motivwahl.
Bei dem vorliegenden großformatigen Gemälde wird diese durch die Anthroposophie geprägte Motivwahl deutlich, zeigt Becker-Carus hier mehrere Kristallspitzen, die aus dem Berg herausragen. Der Rest des Motivs ist dabei eher diffus, im Kolorit aber sicherlich wohl durchdacht, gehalten, man mag an eine Gebirgswelt denken, im oberen Bereich womöglich ein hellblauer Blick auf den Himmel. Durch die zarte Farbgebung aus Viollett- und Rottönen wirkt die Szenerie mehr irreal, beinahe märchenhaft als tatsächlich und real. Als einziges Bildelement sind die Kristalle detaillierter dargestellt und ziehen somit das Auge des Betrachters auf sich. Durch ihre klare Form geben sie dem Bild eine gewisse Räumlichkeit und auch im Kolorit zeigen sich bei ihnen verschiedene Abstufungen und Nuancen, Licht- und Schattensetzungen.
Es ist wohl in diesem Kontext bedenkenswert was Rudolf Steiner neben anderem mehr zu Kristallen schreibt:

„Wenn Sie sich einen Kristall ansehen, so haben Sie sich zunächst in dieser Kristallform einen Ausdruck gewisser Naturgesetze, die im sogenannten leblosen Reich draußen herrschen, vorzustellen. Kein kristall könnte zustande kommen ohne die ganze ihn umgebende Natur. Sie können kein Glied aus dem Kosmos herausreißen und für sich hinstellen, – ebensowenig, wie Sie den Menschen aus seiner ganzen Umgebung herausreißen können, der, wenn er nur ein paar Meilen über die Erde erhoben würde, sterben müßte. Wie er nur denkbar ist an dem Orte, an dem er ist, wo die entsprechenden Kräfte sich in ihm zusammenfügen, in ihm leben müssen, so ist es schon beim Kristall der Fall, und wer den Kristall richtig anschaut, wird in ihm die ganze Natur, den ganzen Kosmos im Einzelabdruck sehen. Es ist ganz richtig, was Cuvier gesagt hat, daß ein vollkommener Anatom aus einem Knochen schließen kann, was für einem Tier derselbe angehört hat, weil jedes Tier seine ganz besonderen Knochenformen haben muß. So lebt auch in der Form des Kristalls der ganze Kosmos. Und ebenso drückt sich in der lebendigen Substanz eines Einzelwesens der ganze Kosmos aus.“ [1]

Der Kristall wird vor diesem Hintergrund als Symbol bzw. als Metapher benutzt, um die allgegenwärtigen Verbindungen und dabei vor allem die kosmische Verbindung des Einzelnen darzustellen.
Hat man dies im Sinn bei der Betrachtung des vorliegenden Gemäldes, so eröffnet sich ein weitaus größerer Interpretationsrahmen, der über das rein Dargestellte hinausführt.

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[1] Rudolf Steiner (1920): Blut ist ein ganz besonderer Saft. Eine esoterische Betrachtung, Berlin: Philosophisch-Anthroposophischer Verlag, S. 29. Es handelt sich dabei um die Niederschrift eines Vortrages Steiners vom 25. Oktober 1906 in Berlin.

 

 

Zu Ewald Becker-Carus (17.9.1902 Dingelstedt b. Halberstadt – 5.10.1995 Hamborn b. Paderborn):
Maler, Zeichner, Grafiker, Kunsterzieher; 1919 Abitur; 1922 1.Lehramtsprüfung; 1924-27 Studium an der Akademie der bildenden Künste zu Dresden (bei Prof. Richard Dreher, Schwerpunkte waren Landschaftsmalerei, Akt, Kunstgeschichte); Ernennung zum Meisterschüler; 1927 Studienreise durch die Schweiz und Oberitalien und durch die bekanntesten deutschen Kunstmuseen und Galerien (München, Düsseldorf, Kassel, Berlin, Hamburg, Bremen); ab Herbst 1927 selbständig als freischaffender Maler und Graphiker in Dresden tätig; 1927 Beteiligung an einer Gruppenausstellung im Kunstverein Dresden (Brühlsche Terasse, Dresden); 1928-29 Studium der graphischen Techniken an der Akademie für Graphik in Leipzig mit angeschlossenem pädagogischen Institut ( Abschluss: Werklehrerexamen); 1929 Ruf als Leiter des Werkunterrichts und Erzieher an das Pädagogium zu Niesky/Oberlausitz und dort Ausbau des künstlerischen Unterrichts; 1929/30 Auf Grund privater Malaufträge Sommeraufenthalte in Schweden (Stockholm, Jämtland, Lappland); 1933 Lehrauftrag an der Rudolph-Steiner-Schule Hamburg-Altona (Flottbeker Chaussee, heute: Elbchaussee) für künstlerische Fächer und Werkunterricht; dort bis zum Verbot der Schule 1937 durch die Nationalsozialisten tätig; 1938 freischaffend tätig in eigenem Atelier in Hamburg-Altona (heute: Max Brauer-Allee); 1939 Einrichtung des „Atelier für Malerei und Graphik“ in Hamburg-Blankenese, Elbchaussee 82 (heute: 485) mit Werkstatt für Radierung, Holzschnitt, Schnitzen und Plastizieren; 1940 Einberufung zur Wehrmacht; Kriegsdienst in Norddeutschland bis 1945; 1945 Wiederaufnahme und Ausbau des Ateliers an der Elbchausse zum „Studienatelier für bildende Künste“ mit berufsbildendem Unterricht auf den verschiedenen Gebieten der bildenden Kunst (Schwerpunkt Malerei); 1949 Ruf als Professor an die Staatliche Hochschule für Bildende Künste Hamburg, Lerchenfeld, dem er nicht Folge leistete, da dies zwangsläufig die Aufgabe des eigenen Studienateliers in Hamburg-Blankenese zur Folge gehabt hätte; stattdessen folgte er der dringenden Nachfrage der 1946 wiedereröffneten Rudolf Steiner-Schule Hamburg-Wandsbek und übernahm dort den Aufbau des Kunstunterrichts insbesondere in der Oberstufe (bis 1971 dort tätig); 1951 erscheint sein Aufsatz „Über das Farbenerleben des Kindes“ (in: Erziehungskunst. Monatsschrift zur Pädagogik Rudolf Steiners (15. Jg./Heft 8); Verlag Freies Geistesleben; Stuttgart; S. 234-240); 1967 Einzelausstellung in der Anthroposophischen Gesellschaft Hamburg; zu Becker-Carus‘ Schülern gehörten u. a. K.R.H.-Sonderborg, Pit von Frihling, Werner Freytag (bürgerlich: Sauernheimer), Vera Hedrich, Marianne Spälty; im Rahmen der internationalen Waldorfschulbewegung führte er nahezu regelmäßig im Sommer / Herbst öffentliche Künstlerische Kurse in Malen sowie Plastizieren durch, u. a. in: Stockholm, Schweden (1954); Krogerup Höjskole, Dänemark (1956, 1958 und 1959); Hamburg, (1957); Stuttgart, öffentl. päd. Arbeitswoche (1960); Aarhus, Dänemark, Egmont Höjskole (1960, 1961); Helsingfors, Finnland (1961); Wanne-Eikel, Hibernia-Schule (1968); Ejstupholm, Dänemark (1969); Ausstellungsbeteiligungen; Werke befinden sich im Besitz der Waldorfschule Hamburg-Wandsbek, der Waldorfschule Stockholm, im Privatbesitz, sowie bei seinen Erben

Literatur
— Familie Kay Rum (Hrsg.): Der neue Rump. Lexikon der bildenden Künstler Hamburgs (überarbeitet von Maike Bruhns); Wachholtz; Neumünster – Hamburg; S. 34
— HEYDORN, Volker Detlef (1974): Maler in Hamburg 1966-1974; Christians; Hamburg; S. 117
Online-Ausgabe des Allgemeinen Künstlerlexikons (AKL)
— KAUPERT, Walter (Hrsg.): Internationales Kunst-Adressbuch 1954/55; Deutsche Zentraldruckerei; Berlin, S. 721