E R W I N   G R A U M A N N

 

Weitere Werke von Erwin Graumann

 

 
‚aufbrechender Kastanienzweig‘ (1937)

Tuschfeder auf sandfarbigem Papier, verso am oberen Rand durch zwei kleine Klebestreifen in Passepartout gesetzt

u.r. datiert „1937“
u.r. signiert „E. Graumann“

Passepartoutgröße: 59,5 x 49,5cm
Blattgröße: 56,1 x 44cm

€ 830,-

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Zustand
Blatt verso am oberen Rand durch zwei kleine Klebestreifen in Passepartout gesetzt; leichte Druckstellen im Blatt; am oberen Rand mittig mehrere kleine Einstichlöcher; Ecken bestoßen und mit Knickspuren; Ecken u.l. und u.r. mit je minimalem Papierverlust; in den Randbereichen etwas nachgedunkelt, sowie partiell fleckig; in der Blattmitte zwei leichte horizontale Knickspuren; verso am unteren Rand klein in Blei bez. „F80-Gr-86“[?], sowie verso u.r. in Blei nummer. „8“

Titel
ohne Titel [(wohl) nicht bei Syamken (1966), ‚aufbrechender Kastanienzweig‘] -Das Blatt ist verso u.l. in Blei bezeichnet mit der Werkverzeichnisnummer „Sy Z 234“ (ohne Abb.). Und obgleich Maße und Motiv passend sind, bleibt die Zuordnung unsicher, da Z 234 nach Syamken a) auf 1938 und nicht auf 1937 datiert und b) zudem in Tuschfeder und Bleistift und nicht allein in Tuschfeder ausgeführt ist-

 

 

Freundliche Hinweise zur Einordnung des Werks kamen dankenswerterweise von Hervé Graumann, dem ein digitales Foto der Zeichnung vorliegt.

 

 

1935 emigrierte Erwin Graumann nach Kopenhagen und ein Jahr später reiste er weiter nach Paris. Dort hatte er Bekanntschaften mit u.a. Max Ernst, Hans Arp, Jeanne Bucher und beteiligte sich an Ausstellungen der „Surindépendants.
In dieser Schaffensphase (1937/38) entstanden Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde, welche das Thema eines ‚aufbrechenden Kastanienzweigs‘ tragen (siehe hierzu Syamken G 55-G 58, A 36-A 37, Z 231, Z 233-Z 235).
Das vorliegende Blatt ist dem Motiv und der Datierung nach in diese Werkreihe einzuordnen. Verso findet sich in Bleistift der Hinweis auf die Werkverzeichnisnummer Z 234 („Aufbrechender Kastanienzweig III“ [Angaben nach Syamken: „Feder, Bleistift, 56 x 44 cm / sign. dat. 1938“]) . Diese Zuordnung muss aber als unsicher betrachtet werden, da zum einen die Datierungen differieren und zum anderen Syamken angibt, dass Z 234 in Tuschfeder und Bleistift ausgeführt ist, wogegen vorliegendes Blatt nur die Tuschfeder zeigt. Eine Ausführung ohne Bleistift wäre keinesfalls unüblich, wurden doch auch die übrigen Zeichnungen dieser Werkreihe nach Syamken ohne Bleistift gefertigt.
Anzunehmen ist daher, dass der hier gezeigte ‚aufbrechende Kastanienzweig‘ eine Arbeit aus jener Werkreihe ist, welche Syamken bei Erstellung des Werkverzeichnisses nicht vorlag.

 

 

Zu Erwin Graumann (14.06.1902 Bielefeld – 14.07.1988 Genf):
Maler, Zeichner, Grafiker; die ersten Werken finden sich bereits im Jugendalter; 1916 Beginn einer Lehre als Chemigraph in der Graphischen Kunstanstalt Walter Becker; später wird er Musterzeichner in der Seidenweberei C.A.Delius & Söhne; zum Ausbildungsprogramm gehörte der Besuch der Abendkurse an der Kunstgewerbeschule Bielefeld, wo Erwin Graumann, wegen seiner hervorragenden Begabung von Paul Delius unterstützt wird; 1920-21 wird er Vollschüler von Ludwig Godewols; 1923 Umzug nach Berlin und Besuch der dortigen Kunstakademie (Grafik-Klasse von Hans Meid); 1926-27 wechselt er in die Klasse Carl Hofers, dessen Meisterschüler er 1929-32 wird; ab 1927 Beteiligungen an Ausstellungen in Berlin; 1931 Studienreisen an die Ostsee; 1932 Beteiligung an einer Ausstellung des „Deutschen Künstlerbundes“; Februar 1933 Beteiligung mit dem Gemälde „Graue Häuser“ an der Ausstellung „Lebendige deutsche Kunst“ (Galerien Flechtheim und Cassirer); Juli 1933 wird Graumann aus politischen Gründen das Betreten der Akademie verboten; es entstehen Kontakte nach Dänemark und 1934 kommt es zu einer ersten Ausstellungsbeteiligung; 1935 wird die Aufnahme in die Reichskulturkammer abgelehnt, was faktisch einem Arbeitsverbot gleichkommt; Emigration nach Kopenhagen und dort als Zeichenlehrer tätig; 1935 mit 13 Werken vertreten bei der Schau „International Kunstudstilling, Kubisme, Surrealisme“ in Kopenhagen; 1936 Umzug nach Paris und dort Bekanntschaft mit u.a. Max Ernst, Hans Arp, Jeanne Bucher; Beteiligungen an Ausstellungen der „Surindépendants“; 1938 Beteiligungen an den Ausstellungen „20th Century German Art“ in London und „Freie Deutsche Kunst“ in Paris; 1939 mit Kriegsbeginn wird Graumann als „feindlicher Ausländer“ interniert; im Januar 1940 wird er auf Intervention von Jeanne Bucher freigelassen, jedoch im Mai 1941 erneut inhaftiert; nach der erneuten Freilassung und der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen, flieht er im Frühjahr 1943 in die Schweiz; bis 1943 in Genf ansässig und dort beteiligt an der Ausstellung „Peintres Ètrangers en Suisse“; nach Kriegsende kehrt er nach Paris zurück, behält aber seinen Zweitwohnsitz in Genf; 1948 Retrospektive in der Galerie Breteau in Paris; 1949 erhält er die französische Staatsbürgerschaft; in der Folge zahlreiche Ausstellungen in Paris, Genua, Stuttgart, Kopenhagen; 1950 Heirat mit der Malerin Marcelle Berthout van Berchem (1898-1953); 1957 zweite Heirat aus der die beiden Söhne Hervé (*1963) und Patrick (*1962) hervorgehen; 1966 Retrospektive in der Kunsthalle Bielefeld
Werke befinden sich u.a. im Besitz der Berlinischen Galerie, der Kunsthalle Bielefeld, des Felix-Nussbaum-Hauses (Osnabrück).

Literatur
Galerie Remmert und Barth (2002): Erwin Graumann. 100 Werke zum 100. Geburtstag; Düsseldorf
Dähnhardt, Willy / Nielsen, Birgit S. (Hrsg.) (1993): Exil in Dänemark – deutschsprachige Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller im dänischen Exil nach 1933; Heide; S. 321-322
Städtisches Kunsthaus Bielefeld (1966): Erwin Graumann. Malerei und Grafik (Kat. Georg Syamken); Bielefeld
Cacace, Alessandra: ErwinGraumann, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 00056583