A R T H U R    C Z E L L I T Z E R    (05.04.1871 Breslau – 16.07.1943 Sobibor)

 

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Brief vom 06. Februar 1937 an Bernt Engelmann (20.01.1921 Berlin – 14.04.1994 München)

dunkle Tinte auf Papier, mittig gefaltet, Ecke unten links zugeschnitten

€ 480,-

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Titel
Brief vom 06. Februar 1937 an Bernt Engelmann (20.01.1921 Berlin – 14.04.1994 München)

Technik
dunkle Tinte auf Papier, mittig gefaltet, Ecke unten links zugeschnitten

Signatur
am Ende des Schreibens signiert

Jahr
oben rechts gedruckt lokalisiert und handschriftlich datiert „Berlin W 9, den 6. II. 1937“

Größe
Größe: 12,9 x 20,8 cm (Ecke u.l. zugeschnitten)

Zustand
Blatt mittig vertikal gefaltet; Ecke u.l. zugeschnitten; leichte Druckstellen; Ecken etwas bestoßen; verso die beiden linken Ecken mit Kleberesten (wohl von früherer Montierung / Befestigung)

 

 

Text des Briefes von Arthur Czellitzer an Bernt Engelmann:

„ Berlin W 9, den 6. II. 1937

Sehr geehrter Herr Engelmann!

Inliegend schicke ich Ihnen die Abschriften bz. Chalfan. Ich habe jetzt erst aus Ihrer Druckerei den Arctinobrief [1] zurück erhalten, da das Heft 44, in dem Ihr Artikel erscheint, fertig gedruckt ist [2]. Nächste Woche kommt das Heft zur Versendung.

Die Durchstreichungen etc wollen Sie, bitte, entschuldigen; ich bringe nicht den ganzen Brief zum Abdruck, da ich mit dem

[Seite]

Platz haushalten muß.

Mit verbindlichen Grüßen

Ihr ergebener

Arthur Czellitzer“

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[1] Bezieht sich wohl auf den in Engelmanns Artikel (S. 803) zitierten Freibrief Kaiser Rudolf II. für Elia ben Abba Mari Chalfan, in welchem der Empfänger bezeichnet wird als „Arctenai Doctorn“.
[2] Gemeint ist der Artikel „Die Familie Chalfan“ von Bernt Engelmann in „Jüdische Familienforschung. Mitteilungen der Gesellschaft für jüdische Familien-Foschung“, 1937 (Jg. XIII), Heft 44, Berlin: Paul Brandel, S. 803-805. Siehe hierzu unten die Abbildungen.

 

 

Arthur Czellitzer (05.04.1871 Breslau – 16.07.1943 Sobibor) war ein Berliner Augenarzt, der vor allem für sein genealogisches Engagement bekannt ist.
Er wuchs in einem wohlhabenden Umfeld auf. Sein Vater Siegfried (1840-1908) führte in Breslau eine Zuckerwaren-fabrik, die bereits von Arthurs Großvater gegründet wurde.
Ab 1889 studierte er Medizin in Breslau, München und Freiburg i. Br. 1895 schloss er das Studium mit Promotion ab und arbeitete zunächst als Assistent in Heidelberg, Straßburg und Paris. Ab 1900 ließ er sich als Augenarzt in Berlin nieder.
1905 heiratete er Margarete Salomon. Das Paar hatte drei Töchter.
1907 gründete er eine Privatklinik für Augenheilkunde in Berlin.
Im Ersten Weltkrieg war Czellitzer Leiter der Abteilung für Augenheilkunde im deutschen Militärkrankenhaus in Warschau.
1924 gründete er – entsprechend seinem seit Jugendtagen bestehenden genealogischen Interesse – die “Gesellschaft für jüdische Familienforschung” und fungierte als deren Präsident, sowie als Herausgeber der Zeitschrift “Jüdische Familienforschung” (1924-38), welche weiterhin ein maßgebliches Nachschlagewerk innerhalb dieses Forschungsgebiets darstellt.

Zu der Zeit ab 1933 und Czellitzers damaligem Engagement schreibt Mirjam Thulin:
“By the mid-1930s, Jewish genealogy had just gathered monumentum in regard to its topics, sources, organization, and research methods. After 1933, Czellitzer was eager to promote among German Jews a positive ‘sense of family’ and enthusiasm about their ancestry.” [3]

1936 musste er auf politischen Beschluss hin seine Augenklinik schließen.
In der Folge floh die Familie im Juli 1938 ins niederländische Breda. Nach Beginn des Angriffs auf die Niederlande, wollte die Familie nach England emigrieren, wobei aber Arthur Czellitzer in De Panne (Westflandern) von der dortigen Polizei wegen seines deutschen Passes festgehalten und für einige Tage interniert wurde. Seine Frau konnte mit den drei Töchtern nach England und später in die USA emigrieren. Arthur Czellitzer kehrte nach der Haft nach Breda zurück, siedelte später nach Tilburg über, wurde dort von deutschen Truppen gefasst und im April 1943 ins Lager Westerbork deportiert, von wo aus er im Juli 1943 ins Lager Sobibor verbracht und wenige Tage später ermordet wurde.
Arthur Czellitzer besaß ein reichhaltiges Archiv an Dokumenten und Niederschriften zu jüdischen Familien, welches er noch vor seiner Verhaftung einem Freund in Tilburg übergab, der dieses in seiner Wollfabrik versteckte. 1944 wurde das Archiv entdeckt und verbrannt.

Der Briefempfänger, Bernt Engelmann (1921-1994), ist vor allem bekannt als erfolreicher Schriftsteller und Journalist.
Bernt Engelmann, Urenkel des Verlegers Leopold Ullstein, wuchs in Berlin auf, verzog dann aber Anfang der 1930er Jahre mit der Familie nach Düsseldorf. Er machte 1938 sein Abitur und wurde zum Reichsarbeitsdienst eingezogen und diente anfangs im Krieg in der Luftwaffe. Er schied wohl aufgrund einer Verletzung aus dem Militärdienst aus und begann ein Studium. 1944 wurde er von der Gestapo verhaftet und in Lagern (Flossenbürg, Hersbruck, Dachau) interniert, da er sich einer Widerstandsgruppe angeschlossen hatte. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Journalist und setzte sich vor allem dafür ein, dass Verbrechen in der NS-Zeit aufgedeckt und nicht vertuscht werden. Ab den 1960er Jahren arbeitete er vornehmlich als Publizist von Sachbüchern.
Engelmann war in zahlreichen Vereinen und Verbänden aktiv und erhielt wichtige Preise und Ehrungen.

Das vorliegende Schreiben datiert auf den 6. Februar 1937 und der Augenarzt Czellitzer schreibt hier in seiner Funktion als Herausgeber der Zeitschrift „Jüdische Familienforschung“ an den damals 16jährigen Engelmann. Bernt Engelmann hat demnach einen kurzen genealogischen Beitrag („Die Familie Chalfan“) für diese Zeitschrift verfasst, welcher dann auch tatsächlich im Heft 44 (Jg. XIII, 1937, S. 803-805) erschienen ist. (Eine Abbildung ist unten angefügt.)
Czellitzer geht hierauf ein, schickt – nicht mehr vorhandene – Abschriften zu dem Artikel, entschuldigt sich, dass er manches in zitierten Briefen des Platzes wegen kürzen musste und kündigt das Erscheinen des Heftes für kommende Woche an.

Autographen des bedeutenden jüdischen Genealogen Arthur Czellitzer sind eine absolute Seltenheit. Im vorliegenden Fall liegt eine weitere Besonderheit darin, dass dieses Schreiben das jugendliche Interesse Bernt Engelmanns an Familienforschung belegt und es ist zudem ein Beleg für dessen frühe schriftstellerische Tätigkeit. Und dass dieses Engagement dann gerade darin besteht im jahr 1937(!) einen Beitrag für die „Jüdische Familienforschung“ zu verfassen ist umso beachtenswerter.

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[3] Mirjam Thulin (2020): A. Czellitzer and the Society for Jewish Family Research, in: Zeitschrift der Vereinigung für Jüdische Studien e. V., No. 26, Universitätsverlag Potsdam, S. 29-42 [hier: 41].

 

 

 

Aus:
„Jüdische Familienforschung. Mitteilungen der Gesellschaft für jüdische Familien-Foschung“, 1937 (Jg. XIII), Heft 44, Titelseite & S. 803.