U N B E K A N N T :   Porträtzeichnung aus dem Stammlager Moosburg an der Isar („Stalag VII-A“) (ca. 1941-45)

 

Weitere Werke von unbekannten Künstlern

 

 

Porträtzeichnung aus dem Stammlager Moosburg an der Isar („Stalag VII-A“) Sartre (ca. 1941-45)

Dreiviertelportrait eines Mannes; auf Passepartoutmaske typographisch auf kleinem Aufkleber bezeichnet „Jean Paul Sartre“; verso weiterhin unleserlich in Blei bezeichnet
Ob es sich hierbei tatsächlich um eine Darstellung von Jean Paul Sartre handelt ist nicht sicher.

Pastellkreiden auf leichtem graubläulichem Karton, verso durch Klebestreifen unter Passepartoutmaske
unten links in Blau etwas unleserlich datiert „Avril 19[..?]“ [1941-45] unten links undeutlich in Blau signiert

€ 750,-

Kaufanfrage

 

 

Größe
Größe: 31 x 23cm (Blatt) bzw. 36 x 30cm (Passepartoutmaske)

Zustand
Blatt verso durch Klebestreifen (nicht säurefrei) unter Passepartoutmaske; leichte Druckstellen im Blatt; mitunter leicht fleckig; Ecken / Kanten leicht bestoßen; Blattecke u.r. mit minimalem Abriss (unter Passepartout nicht sichtbar); am linken Rand oben Quetschung und leichte Beschädigung (Einriss); verso etwas fleckig
Passepartoutmaske beschädigt, lose, fleckig

Provenienz
verso unten rechts roter Stempel “Stalag VII-A / Geprüft / 38”, i.e. das Stammlager Mossburg an der Isar

 

 

Die vorliegende Porträtzeichnung dürfte von einem französichen Künstler stammen, worauf die Datierung mit dem Monatsnamen „Avril“ verweist. Weiterhin lässt sich durch den rückseitigen Stempel („Stalag VII-A / Geprüft / 38”) belegen, dass jener Zeichner damals im Stammlager in Moosburg an der Isar interniert gewesen sein. Obgleich nun die Datierung nicht exakt zu lesen ist, mag man die Entstehung des Werkes demnach doch auf die Zeit zwischen 1941[1] und 1945 (Kriegsende) datieren.

Einer Bezeichnung auf der Passepartoutmaske zufolge ist hier Jean Paul Sartre dargestellt.
Für den 1905 in Paris Geborenen wäre dies ein verhältnismäßig frühes Bildnis, doch war er bereits damals keinesfalls unbekannt. Schon Mitte / Ende der 1930er Jahre veröffentlichte er philosophische Schriften, weiterhin erschienen 1938 der Roman „La Nausée“ und die Erzählung „L’Enfance d’un chef“ und 1939 die Erzählung „Le Mur“. Vor allem „La Nausée“ und „Le Mur“ fanden große Beachtung und wurden positiv aufgenommen. Daneben erhielt er Ende der 1930er Jahre von André Gide den Auftrag für die „Nouvelle Revue Française“ Beiträge über Schriftsteller der Moderne zu verfassen. Und noch wenige Monate nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde ihm im April 1940 für „Le Mur“ in Paris der „Prix du roman populiste“ überreicht.
Sartre war demnach bereits damals etabliert, so dass es nicht ungewöhnlich wäre, wenn er zu dieser Zeit von einem französischen Kriegsgefangenen in einem Bildnis – vielleicht auf Basis eines Fotos oder eines Zeitungsartikels – dargestellt worden wäre.

Einer freundlichen Nachricht von Dr. Vincent von Wroblewsky (Präsident der Sartre Gesellschaft in Deutschland, Berlin) zufolge[2], sind ihm keine direkten Verbindungen zwischen Sartre und dem Stammlager in Moosburg an der Isar bekannt. Sartre geriet zwar auch in Gefangenschaft, doch befand er sich vom August 1940 bis März 1941 im Stammlager XII D (Trier).
Zu der künstlerischen Darstellung des Mannes und einer möglichen Identifizierung als Sartre schrieb von Wroblewsky: „Auf den ersten Blick erkenne ich auch nicht Sartre auf der Zeichnung, es fehlt vor allem sein typischer (schielender) Blick, den der Zeichner natürlich verschönert haben könnte. […] Stirn, Nase und Kinn könnten übereinstimmen.“

Neben dem Hinweis auf die künstlerische Freiheit in Form einer ‚Verschönerung‘ des schielenden Blicks, könnte hier auch miteinspielen, dass nicht klar ist was die Vorlage für ein mögliches Sartre-Portrait gewesen sein könnte. – Vielleicht ein nicht allzu großer Zeitungsartikel samt Bild (schwarz-weiß?), oder ein Foto,…?
Dr. Gesine Bey geht nach Betrachtung eines Fotos nicht davon aus, dass es sich bei dem hier Dargestellten um Jean-Paul Sartre handelt, so dass die tatsächliche Identifizierung weiterhin offen und ungeklärt ist. Denn zweifelsohne könnte es sein, dass im Späteren jemand diese Zuordnung zu Sartre traf, was aber sicherlich ohne böse Hinterabsicht geschah, da doch Ähnlichkeiten, wie von Dr. von Wroblewsky oben angeführt, durchaus erkennbar sind. Ganz abgesehen von dieser Frage nach der Identifizierung ist aufgrund der zeichnerischen Ausführung anzunehmen, dass es sich hierbei um das Werk eines geschulten Zeichners handelt. Besonders das Herausarbeiten einzelner Gesichtsparten, wie auch die Licht- und Schattensetzung sprechen gegen einen ‚bloßen Laienkünstler‘.

[1] Der Beginn des Westfeldzuges war im Mai 1940, so dass die hier vorgenommene Datierung auf den April frühestens für 1941 zutreffen kann.
[2] eMail v. 11.04.2020.