H A N S   K N Ö C H L

 

Weitere Münchner Künstler

 

 

unzüchtiger Mönch (1877)

Tuschfeder, grau laviert, Bleistift, auf Velinpapier
u.r. datiert „1877“

Größe: 20,2 x 13,2cm

u.r. signiert „H. Knöchl“
nicht betitelt, unzüchtiger Mönch; bei der Winterberg-Auktion (s.u.) betitelt mit „Mönch bedrängt eine junge Frau in einer Krypta“

€ 610,-

Kaufanfrage

 

 

 

Zustand
Ecke o.r. zugeschnitten; am rechten Rand mittig kleiner bräunlicher Fleck; Ecke o.l. mit leichter Knickspur; verso in den vier Ecken Reste früherer Befestigung (Klebereste); verso leicht fleckig

Provenienz
14.04.2000, Winterberg, Heidelberg, Auktion, Los 408 („Mönch bedrängt eine junge Frau in einer Krypta“)

 

 

Der Mönch ist in der Kunst keinesfalls nur als zurückgezogener Klosterbruder, als frommer Einsiedler oder als hilfsbereiter Mitmensch dargestellt. Zum einen mag man dagegen auch an jene Darstellungen denken, welche die Leibesfreuden von Speise und Trank thematisieren. – Mönche bei einem deftigen Essen, im Weinkeller oder bei anderer Gelegenheit. Zum anderen gibt es aber auch ein Sujet, das den Mönch direkt mit der Fleischeslust in Beziehung setzt. Und mitunter wurde dies dann mit einem erotischen Zusammentreffen zwischen Mönch und Nonne dargestellt (vgl. hierzu bspw. das Gemälde eines Mönchs und einer Begine („Een Monnik en een Begijn“, 1591) von Cornelis Cornelisz. van Haarlem (Standort: Frans-Hals-Museum)), was sich als Bildthema bereits im 16. Jahrhundert nachweisen lässt. In den folgenden Jahrhunderten bestand diese Tradition fort und es finden sich u.a. in Frankreich zum Teil auch sehr explizite, deutliche Darstellungen, welche wohl nicht ohne Grund anonym veröffentlicht wurden.
Die vorliegende Zeichnung von Hans Knöchl ist in diese Tradition einzuordnen.
Sie datiert auf 1877 und damit in die verhältnismäßig frühen Münchner Jahre des Künstlers. Nach seinem Studium an der Prager Akademie, besuchte Knöchl ab 1874 die Akademie in München, wobei besonders Gabriel von Max auf ihn einen besonderen Einfluss hatte.
Der im 27. Lebensjahr stehende Künstler zeigt eine impulsive Szene, die sich dem Hintergrund nach zu urteilen in einer Krypta abspielt.
Das Paar aus Mönch und junger Frau bilden das Bildzentrum. Er drängt sich offensiv an sie heran. Mit seinem linken Bein nimmt er zwei Treppenstufen, um schneller und enger an die Frau zu kommen. Der rechte Fuß steht nur noch auf den Zehen und deutet damit an, dass er sich weiter deutlich nach oben drückt. Seine Arme umgreifen bereits seine Begehrte und mit seinem Mund hängt er an ihrem Hals und küsst diesen. Wie ein Symbol oder ein Menetekel liegt ein aufgeschlagenes, sicherlich heruntergefallenes Buch auf dem Boden und verweist damit zugleich auf das gegenwärtige ‚Vergessen‘ der Lehren und Regeln des Klerus.
Die junge Frau wirkt dagegen um einiges dezenter, zurückhaltender. Ihre Nacktheit kann durch den langen Schleier, wie auch das lange, bereits gelöste Gewand nicht mehr verdeckt werden. Möglicherweise ist es auch die linke Hand des Mönches, die hier das Gewand löst, was sie wiederum mit ihrer Armbewegung vielleicht zu verhindern versucht. Und nicht zuletzt blickt sie den Betrachter direkt an – doch mit welcher Intention dies geschieht bleibt unklar.
Insgesamt ist ihre Haltung nicht eindeutig. Man mag sowohl eine reservierte, abwehrende Geste hierin sehen (bspw. bei der Haltung ihres rechten Armes), könnte aber beispielweise die zugeneigte Körperhaltung, wie auch die eher freudige als erschrockene Mimik auch wie ein Einverständnis zu Kommendem verstehen.

 

 

Zu Hans Knöchl (26.07.1850 Prag – 13.10.1927 London):
Maler, Zeichner; Sohn und Schüler des Malers Anton Knöchl (1815-1887); ab 1869 Studium an der Prager Kunstakademie (bei Josef Trenkwald); ab 1874 an der Münchner Akademie (bei Wilhelm von Lindenschmit, Carl von Piloty, Gabriel von Max); spätestens 1878 Mitglied der „Münchner Künstlergenossenschaft“; 1880-83 war er mithilfe von Stipendien in Italien ansässig; in der Folge ließ er sich in München nieder; wohl ab den 1890er Jahren mehrmals in London nachweisbar (1898 in London-Brixton, 1914 in London-Dulwich)
Knöchl malte vor allem mytholoschie Szenen, Landschaften, Genrebilder, sowie Illustrationen nach Gedichten.
Ausstellungen (Auswahl): 1877-78 Kunstausstellung in der Sophieninsel (Prag); 1883, 1889 Glaspalast, München; 1887-89 Leipziger Kunstverein; 1894 Royal Academy, London
Werke befinden sich u.a. im Besitz des Lenbachhauses (München)

Literatur
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 00104986