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Weitere Berliner Künstler

 

 

„Gebirgssonne“

Aquarell, Tempera auf Papier, verso am oberen Rand befestigt in Passepartout, nochmals unter Passepartout, gerahmt, unter Glas
auf dem Passepartout u.r. in Blei datiert „[19]56“

Rahmengrösse: 22,8×21,2cm
Blattgrösse: 8,7×7,8cm
Grösse des Passepartoutausschnitts: 8,2×7,4cm

u.l. in Schwarz monogrammiert „S“, sowie u.r. auf dem Passepartout in Blei signiert „R W Schnell“
auf dem Passepartout u.l. in Blei betitelt „Gebirgssonne“

€ 390,-

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Zustand
Blatt verso am oberen Rand befestigt in Passepartout; Passepartoutausschnitt gleichmäßig etwas nachgedunkelt; Blattränder leicht uneben zugeschnitten; Rahmen mit wenigen leichten Gebrauchsspuren (am oberen Rand leichter Abplatzer)

 

 

„Mondmaler nannte Günther Bruno Fuchs den Robert Wolfgang Schnell und könnte ihn auch Baummaler genannt haben und zwar mit dem gleichen Klang, denn seine Bäume stehen im Mondlicht, auch wenn keine runde Scheibe oder Sichel am Himmel steht und es schwarze Feder- oder Pinselzeichnungen sind, denn alles ist von einem anderen als dem Tages- oder dem Kunstlicht beleuchtet.
Man scheut sich ‚magisch‘ zu sagen, denn eine Märchen- oder Zauberwelt, wie der allererste Eindruck und Einfall das nennen will, ist´s dann eben doch nicht, auch nicht Erzählung, Illustration, obwohl soviel darin passiert, auch da, wo nur wenige und ruhige Dinge im Bild sind.
Schnell ist ja Dichter und Musiker und Schauspieler und, wie ich meine, nicht deswegen, weil er nicht weiß, wo er hingehört, sondern weil er Grenzlinien nicht anerkennen, sich nicht beschränken lassen will“ (Martin Sperlich: Vorwort, in: Julius Eschka et al. (Hrsg.) (1984): Robert Wolfgang Schnell. Maler – Schriftsteller – Schauspieler; Berlin; unpag. [S. 1-3, hier: 1]).
Die vorliegende, kleinformatige „Gebirgssonne“ aus dem Jahr 1956 ist eine solche, schwer einzuordnende, schwer zu fassende Komposition. Sicherlich mag man bei dem Werk an eine irreale, träumerische Welt denken – über einer menschenleeren, brach sich zeigenden Landschaft in vornehmlich Braun- und Violetttönen, zeigt sich die titelgebende ‚Gebirgssonne‘ in sattem Rot. Im rechten Bildteil sticht eine weiß belassene, mit blauen Punkten unterbrochene Fläche heraus und lässt vielleicht an ein Schneefeld denken. Überaus irritierend ist dagegen der dunkle Himmel, besteht doch zwischen den Farbgebungen von Himmel und Landschaft kaum ein Unterschied. Zugleich bleibt aber die gesamte Landschaft vornehmlich vage und formt sich allein aus überlagernden Farbfeldern und –flächen. Eine grundlegende Ordnung verschafft letztlich nur die rote Sonne, ohne die das Werk einen noch höheren Grad an Abstraktion vermittelt haben würde, mit der die Arbeit aber im Noch-Gegenständlichen verbleibt.

 

 

Zu Robert Wolfgang Schnell (08.03.1916 Barmen-Wuppertal – 01.08.1986 Berlin):
Maler, Grafiker, Schriftsteller, Regisseur; Sohn eines Bankangestellten; als bildender Künstler Autodidakt; 1921-25 Besuch der Volksschule in Elberfeld; 1926-28 Besuch des Gymnasiums in Barmen; 1928-32 Besuch der Oberrealschule in Barmen; 1935 Heirat mit Else Vollenbroich (1898-1991); 1937 verweigert ihm die Reichskammer der bildenden Künste die Aufnahme; Schnell arbeitet bei den „Deutschen Röhrenwerken“ (Mülheim/Ruhr) und steigt vom Hilfsarbeiter zum Abteilungsleiter auf; 1939 Dienstverpflichtung bei der Stadt Mülheim/Ruhr auf dem Steueramt; 1941 Inspizient am Landestheater Schneidemühl, von dort 1943 Wechsel zum „Deutschen Theater in den Niederlanden“ (Den Haag), wo er seine ersten Opern inszenierte (Wolf-Ferraris „Die schlaue Susanne“, Verdis „Troubadour“; 1944 Soldat bei der Schutztruppe für Arthur Seyß-Inquart; Flucht nach Deutschland und erfolgloser Versuch erneut bei den „Deutschen Röhrenwerken“ eine Arbeit zu finden; November 1944 Einberufung zum Kriegsdienst (Ersatz-Reserve II in Arnsberg); Januar 1945 desertiert er zu den britischen Truppen indem er sich als Brückenwache von englischen Truppen überrollen ließ; im Anschluss versteckt er sich als Landarbeiter bei einem Bauern; 1945 mit dem Fahrrad nach Mülheim/Ruhr; nach dem Zweiten Weltkrieg Mitglied der KPD (bis zu deren Verbot 1956); 1946 Gründung der Ruhr-Kammerspiele (Witten) zusammen mit Willy Wenderoth und Ferdinand Röntgen; kurzzeitig beschäftigt bei den Städtischen Bühnen in Düsseldorf; von dort Anfang 1947 als Regisseur zum Deutschen Theater in Ost-Berlin; ab 1949 in West-Berlin ansässig; in den folgenden Jahren u.a. tätig als Mitarbeiter bei Zeitschriften (u.a. „Ulenspiegel“); 1950 erste große Ausstellung in der Galerie Nierendorf, Berlin; 1954 zweite Ehe mit Ursula Reiche; 1958/59 zusammen mit Günter Bruno Fuchs und Günter Anlauf Gründung der „galerie zinke“ (im Hinterhof der Oranienstraße 27), die bis 1962 bestand; 1968 erscheint der Roman „Erziehung durch Dienstmädchen“; 1970 Mitglied des PEN; 1970 Verleihung des Eduard von der Heydt-Kulturpreises (Wuppertal); 1973 Mitbegründer der „Neuen Gesellschaft für Literatur“; 1974 Mitglied der Gruppe Berliner Malerpoeten; ab 1974 produzierte er mehrere Fernsehspiele und war 1978/79 zudem als Hafenpastor in der Serie „MS Franziska“ zu sehen; 2016 Gedenkausstellung zum 100. Geburtstag (Kunstquartier Bethanien, Berlin)

Literatur
ESCHKA, Julius et al. (Hrsg.) (1984): Robert Wolfgang Schnell. Maler – Schriftsteller – Schauspieler; Berlin
VÖLKER, Klaus: Zum Tode von Robert Wolfgang Schnell: Ganz anders, in: Die Zeit (v. 08.08.1986)
„Allgemeines Künstlerlexikon (AKL)“, Onlineversion, Künstler-ID: 00108131—