P E T E R   B E R N D T   (geb. 10.07.1937 Neugersdorf / Oberlausitz – 10.07.2021 ebd.)

 

Weitere Werke von Peter Berndt

 

 

„Eilige Bäume“ (1981)

Bleistift auf Papier, ungerahmt

€ 600,-

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Titel
„Eilige Bäume“ [so verso unten mittig betitelt]

Technik
Bleistift auf Papier, ungerahmt

Signatur
unten rechts signiert „Berndt“

Jahr
unten rechts datiert „[19]81“, sowie verso unten mittig nochmals datiert

Größe
Größe: 70 x 100,1 cm

Zustand
durchgehend Druckstellen im Blatt; insgesamt etwas gebräunt und nachgedunkelt; im rechten Blattbereich Stauchung und Quetschung; mitunter (stock-)fleckig (in der oberen Blatthälfte etwas stärker fleckig); Ecken etwas bestoßen; oberer Blattrand rechts mit kleinem Einriss; oberer Blattrand mittig mit sehr kleinem Einriss; unterer Blattrand mittig mit etwas längerem Einriss, sowie rechts daneben kleine Einrisse; verso fleckig und gebräunt

 

 

Peter Berndt wuchs in Neugersdorf in der Oberlausitz auf. Die ersten künstlerischen Impulse erhielt er von dem in Zittau tätigen Illustrator, Zeichner und Kunsterzieher Adolf Schorisch. Von 1955 bis 1961 besuchte er die Hochschule für bildende Künste in Berlin und war dort zuletzt Meisterschüler von Bernhard Dörries. Wenig später, im Jahr 1964, wurde ihm der Erste Preis der Karl-Hofer-Gesellschaft (Berlin) zugesprochen und ein Jahr später erhielt er den „Rompreis“ mit dem er sich bis 1967 in Italien aufhalten konnte.

Das damalige künstlerische Umfeld und dann auch Peter Berndts eigene Entwicklung beschreibt Marius Winzeler wie folgt:

„Die überwältigende Vorherrschaft der abstrakten Kunst, von Informel, Tachismus, action painting, Konstruktivismus ergriff den Westberliner Lehrbetrieb ebenso wie die gesamte Künstlerschaft. Doch bildete sich früh eine Gegenbewegung. Dazu gesellte sich auch Peter Berndt als ein Künstler, der sich der Landschaftsmalerei verschrieb und der Wege fand, um dieser in der Gegenwart ein neues Gesicht und eine neue Selbstverständlichkeit zu geben. Ausgehend vom Lebensgefühl und der zeitgenössischen Wahrnehmung von Landschaft aus der städtischen Berliner Perspektive definierte Peter Berndt seinen Blick auf Natur und Lebensraum vom Auto aus: Er nahm die Welt fahrend war[sic], im Blick nach Vorn oder durch den Rückspiegel, auf jeden Fall immer als klar begrenzten Ausschnitt.“ [1]

Es sind dann bei Berndt vor allem menschenleere Straßen, insbesondere Alleen, die vom Künstler aus der Sicht eines Autofahrers dargestellt werden. Dieser flüchtige Momenteinfang ist einzuordnen in jenen Stil bzw. künstlerischen Ausdruck der mitunter als „Neue Landschaft“ bezeichnet wird und dem neben Berndt u.a. Hans-Jürgen Kleinhammes, Jens Lausen oder Hermann Waldenburg zugeordnet werden.

Die hier vorliegende, großformatige Zeichnung zeigt einen Blick während einer Autofahrt. Die Straße ist im Eckbereich unten links auszugsweise angedeutet, während der restliche Teil des Blattes von den vorbeifliegenden „eiligen Bäumen“ bestimmt wird. Die Stämme, das Blattwerk und vor allem das Licht-Schatten-Spiel dominieren das Motiv.
Marius Winzeler schreibt unter der Überschrift „Allee-Fahrten“ das Folgende, was auch für das vorliegende Werk gelten mag:

„Es ist immer ein Erlebnis, durch baumbestandene Straßen zu fahren, am regelmäßigen Staccato der seitlichen Baumstämme vorbei, unter dem in Wellen zusammenbrandenden Blätterdach, im Wind, der lustvoll durh das sich wiederholende Astwerk zu streichen scheint. Wie im Rausch fliegt man dahin, wünscht sich, die Allee möge sich in Unendlichkeit weiter erstrecken. Dazwischen gilt dem Blick in die Weite nur wenig Aufmerksamkeit. Das Land hinter den Bäumen wird immer gleich wieder vom nächsten Baum berdeckt und beschnitten, als Raum bleibt es von untergeordneter Bedeutung. Der Horizont ist tief, gegenüber den Baumvertikalen wenig bedeutend. Entscheidend für das Gefühl ist der Rhythmus von Licht und Schatten in den Bäumen, die Bewegug darin, die Modellierung in wechselnder Beleuchtung, nach jeder Kurve wieder anders. Die Strasse erscheint als Band, auf dem man fast schwebt – man gleitet durch eine rhythmische Folge von sich wiederholenden natürlichen Versatzstücken einer schmalen Bühne, die einen begrenzten Sicht- und Erfahrungsraum bildet. Kein Baum ist als Individuum erfassbar, dafür ist die Fahrt zu schnell, bei aller Gemächlichkeit zieht der Rhythmus unweigerlich weiter, ist man in der Dynamik der Bewegung gefangen. Es gibt kein Halten; in der Allee kann man nicht stehen bleiben. Weiter geht es und weiter, mehr Bäume folgen, staccato, mehr und mehr. Hört das Alleestück auf, ist man zunächst überrascht von der freien Sicht, und auch schon enttäuscht. Wo sind die Akzente geblieben, die klaren Grenzen des bewusst wahrgenommenen Raumes, der festen Form in der Natur? In den Bildern von Peter Berndt bleiben die Alleen ohne sichtbaren Abschluss. Unendlichkeit suggeriert der Bildausschnitt – zum Glück! So kann man sich darin verlieren und das Gefühl dieser Fahrt immer und immer wieder neu auskosten, in diesen Kaskaden von farben, einem Schwall von Bewegung, lockerer Zeichnung.“ [2]

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[1] Marius Winzeler (2014): Wege übers Land, in: Ostsächsische Kunsthalle (Hrsg.): Peter Berndt. LandschaftsErfahrungen, Berlin, S. 5-9 [hier: 5].
[2] Ebd., S. 6.

 

 

Zu Peter Berndt (geb. 10.07.1937 Neugersdorf / Oberlausitz – 10.07.2021 ebd.):
Maler, Zeichner, Grafiker; 1955-61 Studium an der Hochschule für Bildende Künste Berlin, Meisterschüler bei Bernhard Dörries; 1964 Verleihung des 1. Preises der Karl-Hofer-Gesellschaft Berlin; 1965 Villa-Massimo-Preis Rom; bis 1967 Aufenthalt in Rom; 1973-91 Mitglied im Deutschen Künstlerbund; seit 1993 Mitglied im Künstlersonderbund; 1997-2008 Mitglied im Verein Berliner Künstler; bis 2002 Dozent an der Hochschule der Bildenden Künste Berlin; seit 1963 kontinuierliche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen (u.a. 1963 Galerie Bassenge, 1993 Villa Oppenheim (Berlin), 2007 Kulturhistorisches Museum Görlitz, 2016 Kulturzentrum Rathenow); nach Mitte der 1960er Jahre wurde Berndt mit seinen menschenleeren Straßenlandschaften aus der Sicht eines Autofahrers zu einem Hauptvertreter der „Neuen Landschaft“; Mitte der 1970er Jahre entstehen die sog. „Rückspiegelbilder“; Werke befinden sich u.a. in der Berlinischen Galerie, dem Kunstmuseum Bonn, der Landesgalerie Hannover, dem Landespräsidium Karlsruhe, dem Kulturhistorischen Museum Görlitz; Peter Berndt lebt und arbeitet in Berlin

Literatur
BERNDT, Peter (2015): Peter Berndt. Schleusen – Wehre – Wasserwege [mit einem Beitrag von Jürgen Becker]; Berlin: Edition Petra Lange
Kulturhaus Altes Rathaus (1996): Peter Berndt. Reisewege – Reiseziele in Brandenburg; Potsdam
Ostsächsische Kunsthalle (Hrsg.) (2014): Peter Berndt. LandschaftsErfahrungen; Berlin
TRIER, Dankmar: Berndt, Peter, in: „Allgemeines Künstlerlexikon (AKL)“, Onlineversion, Künstler-ID: 10120543
GROTE, Lars: Peter Berndt zeigt Alleen-Gemälde in Rathenow, in: Märkische Allgemeine (v. 20.04.2016)
Internetseite des Künstlers [peter-berndt.de]