P E T E R B E R N D T (geb. 10.07.1937 Neugersdorf / Oberlausitz – 10.07.2021 ebd.)
Weitere Werke von Peter Berndt
Zur Motivseite ‚Norddeutsche Landschaften‘
„B 105“ (1976)
Aquarell, Deckweiß, Bleistift auf leichtem Karton, ungerahmt
€ 890,-
Titel
„B 105“ [so verso unten links betitelt, sowie recto im Bildteil rechts mittig nochmals bezeichnet]
Technik
Aquarell, Deckweiß, Bleistift auf leichtem Karton, ungerahmt
Signatur
unten rechts in Blei signiert „Berndt“
Jahr
unten rechts in Blei datiert „[19]76“
Größe
Größe: 70,2 x 100 cm
Zustand
leichte Druckstellen im Blatt; Ecken etwas bestoßen und wenig knittrig; in den vier Ecken kleine Einstichlöchlein; partiell leicht fleckig; verso etwas fleckig
Peter Berndt wuchs in Neugersdorf in der Oberlausitz auf. Die ersten künstlerischen Impulse erhielt er von dem in Zittau tätigen Illustrator, Zeichner und Kunsterzieher Adolf Schorisch. Von 1955 bis 1961 besuchte er die Hochschule für bildende Künste in Berlin und war dort zuletzt Meisterschüler von Bernhard Dörries. Wenig später, im Jahr 1964, wurde ihm der Erste Preis der Karl-Hofer-Gesellschaft (Berlin) zugesprochen und ein Jahr später erhielt er den „Rompreis“ mit dem er sich bis 1967 in Italien aufhalten konnte.
Das damalige künstlerische Umfeld und dann auch Peter Berndts eigene Entwicklung beschreibt Marius Winzeler wie folgt:
„Die überwältigende Vorherrschaft der abstrakten Kunst, von Informel, Tachismus, action painting, Konstruktivismus ergriff den Westberliner Lehrbetrieb ebenso wie die gesamte Künstlerschaft. Doch bildete sich früh eine Gegenbewegung. Dazu gesellte sich auch Peter Berndt als ein Künstler, der sich der Landschaftsmalerei verschrieb und der Wege fand, um dieser in der Gegenwart ein neues Gesicht und eine neue Selbstverständlichkeit zu geben. Ausgehend vom Lebensgefühl und der zeitgenössischen Wahrnehmung von Landschaft aus der städtischen Berliner Perspektive definierte Peter Berndt seinen Blick auf Natur und Lebensraum vom Auto aus: Er nahm die Welt fahrend war[sic], im Blick nach Vorn oder durch den Rückspiegel, auf jeden Fall immer als klar begrenzten Ausschnitt.“ [1]
Es sind dann bei Berndt vor allem menschenleere Straßen, insbesondere Alleen, die vom Künstler aus der Sicht eines Autofahrers dargestellt werden. Dieser flüchtige Momenteinfang ist einzuordnen in jenen Stil bzw. künstlerischen Ausdruck der mitunter als „Neue Landschaft“ bezeichnet wird und dem neben Berndt u.a. Hans-Jürgen Kleinhammes, Jens Lausen oder Hermann Waldenburg zugeordnet werden.
In der vorliegenden großformatigen Arbeit zeigt Peter Berndt eine reduzierte Ansicht auf ein Straßenstück der B 105. Aus dem Vordergrund führt die Straße in ein kleines Dorf im Hintergrund, rechts stehen zwei große Laubbäume, sowie die bei Berndt ganz typischen Verkehrszeichen.
Petra Lange schreibt zu dem Schaffen des Künstlers in den 1970er Jahren:
„Autobahnen und asphaltierte Straßen haben die Landschaft urbanisiert und zwingen ihr neues Gesicht auf. So wundert es nicht, dass das ‚Straßenbild‘ entsteht. Fahrbahn und Leitplanke werden für Peter Berndt ein bildwürdiges Motiv und bezeugen im gewaltigen Kontrast ihrer Darstellung die Vehemenz ihrer land-einschneidenden Wirkung in der Realität. Als Sinnbild einer auf Schnelligkeit basierenden Fortbewegung vermitteln sie außerdem den Zustand einer neuen Seinserfahrung des Menschen. Trotz eigenen Maßes für Größe, Entfernung und Geschwindigkeit unterwirft sich dieser seiner Tempofaszination. Ortsveränderung muss rasant erfolgen, die daraus folgende Wahrnehmung der Umgebung nur noch die einer ‚Durchreiselandschaft‘ sein kann.
Erweitert um Bestandteile, die keine natürlichen Gegenstände darstellen, charakterisiert Peter Berndt seine Landschaftsbilder mit ‚rätselhaften‘ Merkmalen. Diese sind den informationsgebenden Zeichen entnommen, welche Land- und Straßenkarten zu jener Zeit enthielten. Stilisiert zu farbigen Aktionsträgern, raffiniert verfremdet und überhöht in die betreffende Landschaftsansicht eingefügt, erweitern sie deren inhaltliche Deutung und das visuelle Erlebnis seiner Malerei.
Nicht ohne Ironie erweisen sich diese Attribute als hinterfragendes Element der Bildaussage. Die rote oder blaue Kugel auf einer zarten Senkrechten – wie eine Stecknadel markieren sie eigentlich die Anzahl von Streckenkilometern.“ [2]
Auch bei dieser B 105-Ansicht sehen wir ein solches „rätselhaftes“ Merkmal in Form eines roten Stecknadelkopfes beim Ortseingang. Dieser steckt leicht schräg mitten in der Straße und scheint hier tatsächlich eine kartographische Markierung darzustellen.
———————————————————–
[1] Marius Winzeler (2014): Wege übers Land, in: Ostsächsische Kunsthalle (Hrsg.): Peter Berndt. LandschaftsErfahrungen, Berlin, S. 5-9 [hier: 5].
Zu Peter Berndt (geb. 10.07.1937 Neugersdorf / Oberlausitz – 10.07.2021 ebd.):
Maler, Zeichner, Grafiker; 1955-61 Studium an der Hochschule für Bildende Künste Berlin, Meisterschüler bei Bernhard Dörries; 1964 Verleihung des 1. Preises der Karl-Hofer-Gesellschaft Berlin; 1965 Villa-Massimo-Preis Rom; bis 1967 Aufenthalt in Rom; 1973-91 Mitglied im Deutschen Künstlerbund; seit 1993 Mitglied im Künstlersonderbund; 1997-2008 Mitglied im Verein Berliner Künstler; bis 2002 Dozent an der Hochschule der Bildenden Künste Berlin; seit 1963 kontinuierliche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen (u.a. 1963 Galerie Bassenge, 1993 Villa Oppenheim (Berlin), 2007 Kulturhistorisches Museum Görlitz, 2016 Kulturzentrum Rathenow); nach Mitte der 1960er Jahre wurde Berndt mit seinen menschenleeren Straßenlandschaften aus der Sicht eines Autofahrers zu einem Hauptvertreter der „Neuen Landschaft“; Mitte der 1970er Jahre entstehen die sog. „Rückspiegelbilder“; Werke befinden sich u.a. in der Berlinischen Galerie, dem Kunstmuseum Bonn, der Landesgalerie Hannover, dem Landespräsidium Karlsruhe, dem Kulturhistorischen Museum Görlitz; Peter Berndt lebt und arbeitet in Berlin
Literatur
BERNDT, Peter (2015): Peter Berndt. Schleusen – Wehre – Wasserwege [mit einem Beitrag von Jürgen Becker]; Berlin: Edition Petra Lange
Kulturhaus Altes Rathaus (1996): Peter Berndt. Reisewege – Reiseziele in Brandenburg; Potsdam
Ostsächsische Kunsthalle (Hrsg.) (2014): Peter Berndt. LandschaftsErfahrungen; Berlin
TRIER, Dankmar: Berndt, Peter, in: „Allgemeines Künstlerlexikon (AKL)“, Onlineversion, Künstler-ID: 10120543
GROTE, Lars: Peter Berndt zeigt Alleen-Gemälde in Rathenow, in: Märkische Allgemeine (v. 20.04.2016)
Internetseite des Künstlers [peter-berndt.de]
























