L U D W I G   ( L U I S )   N E U

 

Weitere Werke von Ludwig (Luis) Neu

 

 

Exemplar „Die Nordlandmappe von Ludwig Neu“ (um 1930-32)

10 Lithografien auf leichtem, sandfarbigem Karton, eingelegt in hellbrauner Mappe (Karton)
undatiert, um 1930-32
jedes Blatt in Blei signiert „L. Neu“, sowie jedes Blatt im Druck signiert
Auflage: unbek. Aufl., auf der Mappe bezeichnet „Diese Mappe hat die Nummer 36“ [Nummerierung von Hand in Grün];
Größe: 34,5 x 44cm (je Blatt) bzw. etwa 25 x 35cm (je Druck) bzw. 44,5 x 35,5cm (Mappe)
auf der Mappe betitelt: „Die Nordlandmappe von Ludwig Neu“

€ 930,-

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Technik
10 Lithografien auf leichtem, sandfarbigem Karton, eingelegt in hellbrauner Mappe (Karton)
[Die einzelnen Blätter sind in Blei betitelt: „Morgenstimmung bei Aalesund“, „An der Eisgrenze“, „Thorshaven“, „Tempelbucht“, „Edinburg“, „Vor Reykjavík“, „In der …bucht“, „Mitternachtssonne vor Hammerfest“, „H[…]-Gletscher“, „Isländische Küste“.] Mappe ist wohl vollständig.

Zustand
Mappe — Einband etwas fleckig; Ecken/Kanten etwas bestoßen, berieben
Blätter — partiell leicht fleckig; leichte Druckstellen; mitunter sind die Ecken leicht bestoßen bzw. bei wenigen Blättern sind die Ecken etwas stärker bestoßen; Blatt „Isländische Küste“ am linken Rand mit kleinem Einriss (Länge etwa 1cm), sowie am oberen Rand links und am unteren Rand rechts mit Quetschung im Papier; Blatt „Vor Reykjavík“ im Bereich u.r. etwas fleckig

 

 

Nach der künstlerischen Ausbildung in Hanau, Offenbach und München, wurde Ludwig Neu zum Kriegsdienst eingezogen und in dessen Verlauf verwundet. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte er in Frankfurt am Main, wobei er sein damaliges Atelier im Städelschen Institut hatte. Ab 1922 war er dann in Hamburg als freischaffender Künstler tätig. Zu dieser Zeit emanzipierte er sich von dem jüdischen Glauben seiner Familie und heiratete 1921 – gegen den Willen der Eltern – Ida Boch. Diese stammte aus einer protestantischen Familie und arbeitete als Postbeamtin und Verkäuferin. Ludwig Neu blieb dennoch Mitglied der jüdischen Gemeinde, der auch seine Frau beitrat. 1925 kam die Tochter Ingeborg zur Welt.

In den 1920er und 1930er Jahren unternahm der Künstler zahlreiche Studienreisen und stets entstanden dabei Zeichnungen, Gemälde und Grafiken. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie waren zu dem damaligen Zeitpunkt durchaus gut. Sie wohnten zuerst in der Ferdinandstraße und darauf in einer großen Wohnung samt Atelier am Lattenkamp.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 änderte sich die Situation für den Künstler und seine Familie drastisch. Wenig später, im April 1933, wurde er aus der Hamburger Künstlerschaft ausgeschlossen. Bereits abgemachte Aufträge wurden abgesagt und ein Jahr später war das Einkommen so marginal, dass Ludwig Neu im Januar 1934 zum Wohlfahrtsempfänger wurde. 1936 wurde ihm schließlich die Aufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste verweigert und eine weitere Betätigung auf diesem Gebiet untersagt, was zugleich das an sich schon niedrige Einkommen gänzlich strich. Im Mai 1938 emigrierte Ludwig Neu nach Buenos Aires.

Die vorliegende „Nordlandmappe“ wird in der Zeit um 1930-32 während einer der zahlreichen Schiffsreisen entstanden sein. Zu dieser Zeit wurde Neu auch durch Dr. Wilhelm Cuno (Hamburg-Amerika-Linie) gefördert, so dass ihm als Honorar für Bilder und Fotos ein Reisekonto eingerichtet wurde. Zu diesem Kontext, wie auch explizit zu solchen Grafikmappen schreibt Maike Bruhns: „Für seine Studienreisen verknüpfte er [d.h. Ludwig Neu] geschickt Kunst und Kommerz, indem er für die Hamburg-Süd ständig Fotoreportagen auf seinen Reisen machte; außerdem malte er und verkaufte die Produktion an Passagiere, stellte anschließend zehn Motive in Druck-Mappen zusammen [Was darauf schließen lässt, dass auch die vorliegende Mappe mit ihren zehn Lithografien vollständig ist.], die er kolorierte und versandte. Seine Plakatentwürfe, Graphik und Fotos kamen so gut an, daß die Familie vor 1933 ein reichliches Auskommen hatte“ [Kunst in der Krise (Band 2); Hamburg: Dölling und Galitz; 2001; S.306.].

Künstlerisch sind diese nordischen Ansichten von ganz wunderbarer Qualität. In expressiv-realistischer Ausführung zeigen sich Landschaftsausschnitte, die dem Künstler als signifikant erschienen sind. Beachtenswert ist dabei die Mannigfaltigkeit der Darstellungen – neben reinen Landschaftsansichten, finden sich hier auch dörfliche, gar städtische Szenen. Das erstaunlich minimalistisch ausgeführte „An der Eisgrenze“ vermittelt – wie beispielsweise auch „Vor Reykjavík“ – eine eher kontemplative Stimmung. Dagegen herrscht bei der „Morgenstimmung bei Aalesund“ beinahe schon eine gewisse landschaftliche Monumentalität, die Neu mit einer wunderbaren Bildtiefe unterstützt. Als ganz vorzüglich erweist sich auch die dörfliche Szene von „Thorshaven“, die gerade durch das Paar auf dem Feldweg überaus reizvoll ist.

Sehr seltene, wie zugleich auch wunderbar ausgeführte Grafikfolge von Ludwig Neu!

 

 

Zu Ludwig (Luis) Neu (14.10.1897 Wasserlos – 14.05.1980 Buenos Aires):
1911-13 Besuch der Zeichenakademie in Hanau (bei Professoren Schimke, Koch, Schulz); darauf Studium an der Kunstgewerbeschule Offenbach (bei Prof. Richard Troll, Rudolf Koch); im Weiteren Studium an der Kunstakademie München (bei Max Slevogt); im 1. Weltkrieg Einsatz in Russland; bis 1920 in Frankfurt am Main (Atelier im Städelschen Institut); ab 1922 freischaffender Künstler in Hamburg; Heirat mit Ida Boch (trotz Widerstand der jüdischen Eltern, die gegen die Verbindung mit der evangelischen Postbeamtin waren); 1923 Geburt der Tochter Ida; in den 1920-30er Jahren zahlreiche Studienreisen (Orient, Ägypten, Italien, Holland, Norwegen, Island); Förderungen durch Gustav Pauli und Gustav Schiefler; 1921 Eintritt in die Hamburgische Künstlerschaft (1933 ausgeschlossen); 1927 Beteiligung an einer Ausstellung der Hamburgischen Sezession; nach der Machtübernahme der NSDAP verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse Neus, so dass er zum Wohlfahrtsempfänger wurde; 1935 Verleihung des Ehrenkreuzes für Frontkämpfer; 02.06.1936 Ablehnung des Antrags auf Aufnahme in den Reichsverband Bildender Künstler (mit gleichzeitiger Untersagung der weiteren Ausübung des Künstlerberufes); es folgte ein Verkaufsverbot; im Geheimen malte und verkaufte Neu weiterhin; Mai 1938 Flucht nach Buenos Aires; Neu wurde ausgebügert; in Buenos Aires zunächst tätig als Fotograf, dann wieder als Maler; 1954 wohnhaft in El Palomar; 04.09.1954 Wiedereinbürgerung in Hamburg; 1958 erneute große Europareise; 1978 Bundesverdienstkreuz

Literatur
BRUHNS, Maike (2001): Kunst in der Krise (Band 2); Dölling und Galitz; Hamburg; S.304-307
BRUHNS, Maike (2007): Geflohen aus Deutschland. Hamburger Künstler im Exil 1933-1945; Edition Temmen; Bremen; S.20-21