W I L H E L M   V O N   H I L L E R N – F L I N S C H

 

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Wilhelm von Hillern-Flinsch: Stillleben mit Tulpen

 

Stillleben mit Tulpen in einer Vase und zwei Büchern

Öl auf Leinwand, Keilrahmen, gerahmt
u.r. in Schwarz datiert „[19]43“, sowie verso auf der Leinwand in Schwarz lokalisiert & datiert „Schweder 1943“

Rahmengrösse: 49×62,4cm
Leinwandgrösse: 40,2×53,2cm

u.r. in Schwarz signiert „W.v.Hillern-Flinsch“, sowie verso auf der Leinwand nochmals in Schwarz sign.
nicht betitelt

€ 1.200,-

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Zustand
im Bereich u.r. (etwas links von der Vase) hinterlegter Leinwandschaden; im Bereich u.l. (etwa 4cm unterhalb des unteren Buchtitels) kleiner hinterlegter Leinwandschaden; im Bereich u.m. kleiner hinterlegter Leinwandschaden; partiell leicht fleckig; im Bereich u.m. (im Bereich der rechten Kante des oberen Buches) zwei kleine oberflächliche Kratzspuren; im linken Bildbereich partiell kleine, leichte Druckstellen in der Leinwand; verso Leinwand etwas fleckig

 

 

Ab 1926 hatte der ‚künstlerisch Spätberufene‘ Wilhelm von Hillern-Flinsch ein Atelier in der Münchner Ohmstraße. Er war Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft und betätigte sich als Porträtist. Bis 1936 war er in der bayrischen Landeshauptstadt ansässig und verzog dann nach Berlin. 1943 verließ er Berlin gänzlich und verzog zusammen mit seiner Frau, die dritte Heirat erfolgte kurz zuvor in Salzburg, nach Kärnten und später nach Gastein. Im selben Jahr wurden durch Bombenangriffe sowohl das Berliner als auch das Münchener Atelier vernichtet.
Das vorliegende Gemälde entstand der rückseitigen Lokalisierung und Datierung entsprechend in der kurzen Phase zwischen dem endgültigen Wegzug aus Berlin und dem Ankommen in Österreich. Hillern-Flinsch war damals kurzzeitig in Schweden, um der Feier zur diamantenen Hochzeit seiner Eltern beizuwohnen. Er schreibt hierzu:
„Das war das Jahr der diamantenen Hochzeit der Eltern: 1943. Ich wurde erwartet. Ich flog nach Stockholm, was nicht so leicht war. Lutz Graf Schwerin hatte geholfen! Jahrhunderte alte Überlieferungen neben Treue zur Alma mater. Wir standen zueinander wo Not. Hier erlebte ich es, beispielgebend. Alles ging glatt. Hin, zurück. Man stelle sich vor: Privatmann fliegt im Krieg ins neutrale Ausland, zudem ein Deutscher. Ein Abenteuer.
Stockholm, da lag es nun, das Lichtermeer der Großstadt. Wir landeten spät abends. Was erwartete den Ankömmling? Neugier, Unsicherheit brachte er mit sich. Fremd war ich Euch allen, ein Deutscher, aus der Völkergemeinschaft ausgestoßen. Es verschlug mir die Stimme, beeindruckt vom Anblick lachender, promenierender Menschen, erleuchteteer Fenster, vom Verkehr. Friedliches Leben, in dem ich mich als Gast vorübergehend befand, aus der ‚Nacht‘ gekommen“ (Wilhelm v. Hillern-Flinsch (1983): Wilhelm von Hillern-Flinsch; Liebl; München; S. 29).
In einer klaren Farb- und Formsprache arrangiert der Künstler ein Stillleben aus einem Tulpenstrauß in einer Vase und zwei Büchern auf einem hellbräunlich ockerfarbigen Tisch vor einem violetten Hintergrund. Die Darstellungsweise insgesamt wirkt deutlich reduziert und vereinfacht und lässt bei der blauen Vase auch Anklänge an naive Malerei erkennen. Die satte Farbgebung weist nur verhaltene Abstufungen auf, die sich verstärkt im Hintergrund und der Unterlage zeigen. Blätter und Blüten der Tulpen sind vielmehr flächig ausgeführt und ziehen durch ihre dezent pastose Malweise das Auge des Betrachters auf sich. Gegenüber diesen kräftigen, lebendigen Farben der Blumen, wirken die Bücher, wie auch der Untergrund in ihren Brauntönen beruhigend.

 

 

Zu Wilhelm von Hillern-Flinsch (26.03.1884 in Freiburg i.B. – 11.04.1986 München):
Maler, Zeichner, Grafiker; 1892-94 Herrnhuter Erziehungsanstalt in Königsfeld (Schwarzwald); 1894-97 Schule in Wandsbeck (Hamburg); ab 1897 Klosterschule in Rossleben/Unstrut; 1903 Fahnenjunker in Potsdam; 1905 Krankheit; 1910 Abschied vom aktiven Militärdienst; Heirat; Aufenthalt in St. Moritz, dort Bobfahrer (zahlreiche Preise hierfür); zwei längere Aufenthalte in England; 1914-18 als Offiziert im Ersten Weltkrieg; nach 1918 in Stockholm, dort Akt- und Portraitzeichnen bei Karl Wilhelmson; 1920-22 Unterricht an der Zeichenschule von Josef Andreas Sailer (München); 1922-24 Studium an der Kunstakademie München (bei Peter von Halm); 1924-25 Aufenthalt in Italien; zweite Heirat; 1926-36 in München als Porträtist tätig; Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft; 1934-35 Beteiligungen an der „Großen Münchner Kunstausstellung“ (Neue Pinakothek); 1935 Beteiligung an der „Ausstellung der Stadt Freiburg i.Br.“ (Augustinermuseum Freiburg); 1936 Übersiedlung nach Berlin, dort Anatomiezeichnen bei Wilhelm Tank; 1937 Beteiligung an der „Kunstausstellung“ (Kaiser-Friedrich-Museum Magdeburg); 1943 Ausbombung des Berliner Ateliers; dritte Heirat; 1944-46 Aufenthalt in Kärnten und in Gastein; 1947-53 Aufenthalt in Schweden, dort zuerst als Gärtner, dann als Porträtist tätig; Gründung einer Malschule; 1953 Rückkehr nach München; Besuch eines Lithographiekurses an der Kunstakademie Stuttgart (bei Erich Mönch); 1978 Seerosenpreis der Stadt München; 1984 Bundesverdienstkreuz

Literatur
HILLERN-FLINSCH, Wilhelm v. (1983): Wilhelm von Hillern-Flinsch; Liebl; München
JESSEWITSCH, Rolf / SCHNEIDER, Gerhard (Hrsg.) (2008): Entdeckte Moderne; Kettler; Bönen; S. 491
SCHNEIDER, Erich (Hrsg.) (2009): Die Sammlung Joseph Hierling. Expressiver Realismus [Schweinfurter Museumsschriften 166/2009]; Schweinfurt; S. 145