O S K A R   N E R L I N G E R   (23.03.1893 Schwann bei Pforzheim – 25.04.1969 Ost-Berlin)

 

Weitere Berliner Künstler

 

 

„Elbtal“ (1941)

Aquarell, Tuschfeder auf Ingrespapier, verso am oberen Rand durch Klebestreifen in Passepartout gesetzt
u.r. signiert „ONerlinger“
u.r. datiert „[19]41″

€ 590,-

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Größe
Größe: 24,4 x 31,1 cm (Blatt) bzw. 61,1 x 42,9 cm (Passepartout)

Titel
unten links im Passepartout von fremder Hand betitelt „Elbtal“, sowie auf dem Blatt u.l. mit der Werknummer 601

Zustand
Blatt verso am oberen Rand durch Klebestreifen in Passepartout gesetzt; leichte Druckstellen im Blatt; Ecken etwas bestoßen; im Eckbereich unten links mit leichten Knickspuren; partiell leicht fleckig; Blattränder mit Abrissspuren; sehr leicht nachgedunkelt; Farben leicht aufgehellt; auf dem Blatt u.l. nummeriert „601“

Provenienz
01. Juli 2016, Hampel, München, Auktion, Los 1607

 

 

Ab 1919 war Oskar Nerlinger in Berlin ansässig. Er engagierte sich dort in modernen, avantgardistischen Kreisen und zeigte etwas später auch revolutionär politische Bestrebungen. Er wurde Mitglied der KPD und auch der „Assoziation revolutionärer bildender Künstler Deutschlands“ (ASSO). Ab etwa 1937 – dem Jahr in dem auch eine Radierung Nerlingers aus Berliner Stadtbesitz beschlagnahmt wurde – zwangen ihn die politischen Umstände dazu sich auf unverfängliche Motive zu beschränken und es entstanden vor allem stimmungsvolle Landschaften in Aquarell und Tuschfeder.
Diese Ansicht auf einen Talabschnitt der Elbe ist in seiner lyrischen Verträumtheit und der zarten reduzierten Ausführung beispielhaft für diese Schaffensphase.

 

 

Zu Oskar Nerlinger (23.03.1893 Schwann bei Pforzheim – 25.04.1969 Ost-Berlin):
Maler, Zeichner, Grafiker, Fotograf, Dozent; 1908-12 Besuch der Kunstgewerbeschule Straßburg; 1912-15 Besuch der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin (bei Emil Orlik und Emil Rudolf Weiß); zu dieser Zeit entwirft er v.a. Bucheinbände und schafft Illustrationen; 1915-18 Kriegsdienst; 1918 Heirat mit Alice Lex-Nerlinger; ab 1919 in Berlin ansässig; 1921 schließt er sich dem „Sturm“-Kreis um Herwarth Walden an und wird Mitglied der „Internationalen Vereinigung der Expressionisten, Futuristen, Kubisten und Konstruktivisten“; in den 1920er Jahren entwickelt er eine abstrakte, konstruktivistische Formensprache; durch seine politisch-revolutionären Bemühungen, nähert er sich mehr und mehr einem expressiv-realistischen Stil an; 1936 entstehen die zwei Zeichnungszyklen „Die Schildbürger“ und „Ein Mann fährt durch die Welt“, welche „sicherlich auch als – verschlüsselte – zeitkritische Satiren anzusehen [sind]“ (Freya Mülhaupt); 1937 wird bei der Aktion „Entartete Kunst“ eine Druckgrafik aus Berliner Stadtbesitz beschlagnahmt; ebenso 1937 wird Nerlinger in dem von Wolfgang Willrich verfassten Pamphlet „Säuberung des deutschen Kunsttempels – Eine kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste nordischer Art“ diffamiert und in der Liste „Mitarbeiter der ‚Sturm‘-Gruppe“ genannt; in der Folge beschränkt sich Nerlinger vor allem auf unverfängliche Motive (v.a. Landschaften), um so nicht in den Verdachte des illegalen politischen Widerstands oder des „Kulturbolschewismus“ zu kommen; 1945-51 Professur an der Hochschule für bildende Künste in Berlin-Charlottenburg; 1947 gründet er zusammen mit Karl Hofer die Zeitschrift „Bildende Kunst Zeitschrift für Malerei, Graphik, Plastik und Kunst“ (bis 1949 ist er Mitherausgeber); 1951 Übersiedlung in die DDR und es entstehen Werke vom Aufbau der DDR und des Sozialismus; 1951-52 Betriebsvertrag mit dem Eisenhüttenkombinat Ost, in dessen angegliederter Wohnstadt er 1952 zeitweise lebt; 1955-58 Professur an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee; ab 1959 freischaffend in Berlin-Ost tätig

Mitgliedschaften
Ab 1921 „Internationalen Vereinigung der Expressionisten, Futuristen, Kubisten und Konstruktivisten“
ab 1925 bei den „Abstrakten“ (ab: 1932 „Die Zeitgemäßen“)
„Assoziation revolutionärer bildender Künstler Deutschlands“ (ASSO)
Vorstandsmitglied des „Kartells der Vereinigten Verbände bildender Künstler“
ab 1929 bei der „Kommunistischen Partei Deutschlands“ (KPD)
1947 Mitglied des Gründungsausschusses des „Schutz-Verbandes Bildender Künstler“
„Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Künstler“
„Gruppe 17“
Ehrenmitglied des „Verbands Bildender Künstler Deutschlands“ (VBKD)

Preise / Ehrungen
1963 Vaterländischer Verdienstorden der DDR in Silber
1966 Goethe-Preis der Stadt Berlin
Johann.-R.-Becher-Medaille

Einzelausstellungen (Auswahl)
1918 Elsässisches Kunsthaus, Straßburg
1949 Graphisches Kabinett der Kommission für bildende Kunst
1951 Galerie Franz, Berlin; 1956 Staatlicher Kunsthandel, Berlin
1957 Heimatmuseum Pritzwalk
1958 Märkisches Museum, Berlin
1960 Pavillon der Kunst, Berlin (zusammen mit Alice Lex-Nerlinger)
1962 Museum der bildenden Künste, Leipzig (zusammen mit Alice Lex-Nerlinger)
1969 Galerie im Turm, Berlin
1993 Reuchlinhaus, Pforzheim
1994 Akademie der Künste, Berlin
Ab etwa 1920 zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen.

Werke befinden sich u.a. im Besitz von
Stiftung Archiv der Akademie der Künste (Berlin); Galerie Moritzburg (Halle); Nationalgalerie Berlin; Lindenau-Museum (Altenburg); Deutsches Historisches Museum (Berlin); Märkisches Museum (Berlin); Kupferstich-Kabinett (Dresden); Sammlung Dr. Gerhard Schneider (Olpe); Los Angeles County Museum of Arts; Museum of Modern Arts (New York)

Literatur (Auswahl)
Kulturamt der Stadt Pforzheim (Hrsg.) (1993): Oskar Nerlinger 1893-1969; Pforzheim
Liebmann, Kurt (1956): Der Maler und Grafiker, Oskar Nerlinger. Ein Beitrag zur Kunst der Gegenwart; Berlin: Verlag der Kunst
Wagner-Wilke, Annette: Oskar Nerlinger, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“, Online-Version, Künstler-ID: 00133277
Jessewitsch, Rolf / Schneider, Gerhard (Hrsg.) (2008): Entdeckte Moderne; Bönen: Kettler; S. 505