H E R B E R T   M A R X E N

 

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Kastanien-Stillleben

Aquarell und Blei, partiell mit Deckweiß gehöht, auf Velinpapier (u.r. unbekannter Prägestempel), verso an den oberen beiden Ecken auf hellen Karton befestigt
nicht datiert, (wohl) um 1950

Grösse des unterlegten Kartons: 32,2×24,7cm
Blattgrösse: 30,8×23,5cm

u.r. in Blei monogrammiert
nicht betitelt

€ 1.100,-

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Zustand
Blatt verso an den oberen beiden Ecken auf hellen Karton befestigt; partiell leicht fleckig; verso leicht fleckig (verso am unteren Rand etwas stärker fleckig)

Provenienz
aus dem Nachlass des Künstlers

 

 

Auf einem hellbraunen Untergrund liegt in der oberen Bildhälfte eine zu einer Hälfte und zwei Vierteln aufgebrochene Kastanie. Zart grau fallen die Schatten nach links unten und verweisen damit auf eine keinesfalls starke Lichtquelle außerhalb des Bildes oben rechts. Durch die Anordnung der einzelnen Teile und dem gewählten Blick hierauf, gelingt es dem Künstler eine beachtliche Plastizität und Räumlichkeit zu erzeugen. Das fein nuancierte Braun der Unterlage mag man als hölzerne Tischplatte mit ihren natürlichen Maserungen denken.
Augenfällig ist besonders das Größenverhältnis der Kastanien zu dem sie umgebenden Bildraum. Insbesondere die leere Fläche am unteren Rand macht anfangs stutzig und zieht gerade dadurch immer wieder den Blick auf bzw. in sich. Die Kastanienteile wirken in dem scheinbar übergroßen Raum wie verloren, wie zu klein geraten.
Diese kompositorische Diskrepanz erfährt durch die farbliche Ausführung eine schöne, die Spannung auflösende Harmonisierung. Denn der nuancierte Klang der Tischplatte findet sich, gleichwohl in verstärkter Form, in den einzelnen Kastanienstücken – der hellbraunen, mitunter leicht rötlich schimmernden Schale, wie auch den dunkelbraunen Kernen – wieder, so dass sich dem Betrachter ein überaus ruhiges toniges Arrangement zeigt. Das Einfache, das Natürliche, das oftmals Übergangene und Übersehene wird in Form dieser Kastanien von Herbert Marxen in einem ebenso schlichten, wie künstlerisch wunderschönen Stillleben präsentiert und macht damit nicht zuletzt auf die Schönheit im ganz Alltäglichen aufmerksam.
Eine für den Flensburger Künstler keinesfalls typische Arbeit aus seinen wohl späten Schaffensjahren.

 

 

Zu Herbert Marxen (27.01.1900 Flensburg – 28.07.1954 ebd.):
Maler, Zeichner, Grafiker, Illustrator; ein Jahr nach der Geburt stirbt sein Vater, seine dadurch verwitwete Mutter Dora, geb. Bahnsen, heiratet den Möbeltischler Martin Carstensen; 1906-14 Besuch der Volksschule Engelsby (die Familie wohnt in der Glücksburgerstraße 173); 1915-17 Büro- und Stationslehre bei den Leinbahnen des Landkreises Flensburg (Fridastraße), sowie Besuch der Kaufmännischen Pflichtfortbildungsschule; aus gesundheitlichen Gründen bricht Marxen die Lehre ab; 1917-21 Besuch der Kunstgewerblichen Fachschule in Flensburg (Juni 1918 bis April 1919 unterbrochen durch Kriegsdienst); 1921 Besuch der Staatlichen Kunstgewerbeschule in Hamburg (bei Willi Titze); 1922 Mitglied im Bund Deutscher Gebrauchsgraphiker; Marxen wohnt zu dieser Zeit in der Flensburger Bachstraße 21; 1922 entwirft er für die Flensburger Nordmarktage (17.-19. Juni 1922) ein Plakat, welches durch seinen (dezent) expressionistischen Stil eine heftige Diskussion in der Öffentlichkeit und der Presse hervorruft; der Flensburger Museumsdirektor Walter Heinrich Dammann (1883-1926) setzt sich sehr für Marxen ein und fördert diesen auch bis zu seinem Tod; 1924 Besuch eines Aktzeichenkurses an der Volkshochschule München; Oktober 1924 mehrwöchige Italienreise (Rom, Neapel, Insel Capri, Sorrent, Amalfi); 1925 Tod des Stiefvaters, was Marxen nach Flensburg zurückzwingt, da er sich um seine Mutter kümmern muss; 1925 & 1926 erhält er jeweils ein Stipendium des Stiftungsamtes der Stadt Flensburg in Höhe von jeweils 200,- Mark; 1925-27 als Gebrauchsgrafiker freischaffend tätig; 1926-27 entstehen erste satirische Zeichnungen für die „Flensburger Nachrichten“; daneben ist er als Werbegrafiker u.a. tätig für die Hefefabrik C.C. Christiansen, sowie für das Pianohaus Wendorff; 1928 Marxen liefert satirische Zeichnungen für die „Kölnische Illustrierte Zeitung“; ab Oktober 1928 ist Marxen freier Mitarbeiter der Wochenzeitschrift „Jugend“ (zw. Juni 1930 und September 1931 ist er dort auch künstlerischer Mitarbeiter); ab 1929 freier Mitarbeiter beim „Simplicissimus“; August 1932 aus finanziellen Gründen beendet die „Jugend“ das Arbeitsverhältnis mit Marxen; 1938 werden rund 200 Arbeiten im Flensburger Künstleratelier (Holm 22-26) beschlagnahmt; er wird in der Folge aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen und arbeitet trotz Berufsverbots weiter als Gebrauchsgrafiker; zu dieser Zeit wohnt er in der Friesischen Straße 111; 1939-41 Kriegsdienst als Funker; 1941 wird er ausnahmsweise in die Reichskammer der bildenden Künste wiederaufgenommen und ist fortan erneut künstlerisch freischaffend tätig; 1942 Heirat mit der Buchhändlerin Hertha Knippenberg; 1944-45 Kriegsdienst und Gefangenschaft; nach dem Zweiten Weltkrieg weiterhin freischaffend tätig; ab 1948 kämpft Marxen behördlich und gerichtlich für eine Entschädigung für seine 1938 beschlagnahmten und seitdem verschollenen Werke; 1955, 1968 (mit Paul Flora, A. Paul Weber), 1982 Einzelausstellungen im Städtischen Museum Flensburg; 1983 Einzelausstellung im Stadt- und Schifffahrtsmuseum Kiel; Werke befinden sich u.a. im Besitz des Museumsbergs Flensburg (Nachlass), des Deutschen Plakatmuseums Essen, des Altonaer Museums (Hamburg), des Stadt- und Schifffahrtsmuseums (Kiel), des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums Schloss Gottorf

Literatur
FEUß, Axel: Marxen, Herbert, in: „Allgemeines Künstlerlexikon (AKL)“, Onlineversion, Künstler-ID: 40446679
Museumsberg Flensburg (Hrsg.) (2014): Politisch inkorrekt. Der Flensburger Karikaturist Herbert Marxen (1900-1954) [Ausstellung und Katalog v. Axel Feuß]; Druckhaus Leupelt
Städtisches Museum Flensburg (Hrsg.) (1982): Herbert Marxen (1900-1954) [Text und Katalog von Ulrich Schulte-Wülwer]; Ringsberg: Alsen