H E I N R I C H   W I L L

 

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„Der Bader (nach Adriaen van Ostade)“ (wohl 1926-27)

Braune Tuschfeder, Aquarellfarben, über Bleistiftvorzeichnungen, auf Ingrespapier [„Canson & Montgolfier“];
nicht datiert [wohl 1926-27];
u.l. sowie u.r. klein in Blei signiert „HWill“
Größe: 23,5 x 30,9cm

verkauft

 

 

Titel
u.l. sowie u.r. klein in Blei bezeichnet „Der Bader (nach Adriaen van Ostade)“, nicht im Œuvrekatalog von Bertin Gentges (1993)

Zustand
leichte Druckstellen im Blatt; durchgehend sehr leicht fleckig; Ecken etwas bestoßen; technikbedingt sehr leicht wellig; am oberen Rand (nicht im Bildbereich) stärkere Reste früherer Befestigung (Klebereste, Abrissspuren), am oberen Rand rechts Farbstriche, -flecken in brauner Tusche; linker Blattrand (nicht im Bildbereich) mit leichten Resten früherer Befestigung; rechter Blattrand unten mit kleinen Papierverlusten; am rechten Blattrand mittig, sowie am oberen Rand mittig klein in Blei bez. (wohl Angaben für früheres Passepartout); verso leicht fleckig

 

 

Bei der vorliegenden Zeichnung dürfte es sich um eine Studienarbeit handeln, bei der Heinrich Will das eindringliche Gemälde „Der Bader“ von Adriaen van Ostade sehr fein und überzeugend nachempfand. Im Wiener Kunsthistorischen Museum befindet sich ein ganz ähnliches Gemälde Ostades – „Dorfbarbier“ (Inv.Nr. 748) – und es kann angenommen werden, dass der Künstler dieses Werk während seiner Studienzeit in Wien (1926-27) auch im Original sah und hierauf aufbauend diese Zeichnung schuf.
Geht man demnach davon aus, dass das vorliegende Werk aus der Studienzeit des Künstlers stammt, so kommt dem Werk durchaus eine Besonderheit zu, denn „[frühe] Arbeiten Heinrich Wills sind kaum bekannt, außer einer Fülle von Aktzeichnungen“ (Bertin Gentges und Friedhelm Häring (1993): Heinrich Will – Ein Maler aus Oberhessen, in: Gentges, Bertin et al. (1993): Heinrich Will 1895-1943. Leben und Werk; Gießen: Focus; S. 59-101 [hier: 62]).

 

 

Zu Heinrich Will (27.08.1895 Treis/Lumda – 19.02.1943 Gestapo-Gefängnis Frankfurt-Preungesheim):
Maler, Zeichner, Grafiker; ältester Sohn des Landwirts Johann Heinrich Will und dessen Frau Katharina, geb. Wolf, in Treis (heute: Gemeinde Staufenberg); Besuch der Volksschule in Treis; Abschluss der mittleren Reife in Gießen; bereits ein Jugendlicher zeigte sich das zeichnerische Talent; ab 1914 Kriegsdienst, dabei 1918 schwere Verletzung durch einen Giftgasangriff an der galizischen Ostfront; 1920 wird er schwergeschädigt aus dem Lazarett entlassen und kehrt nach Treis zurück; aufgrund der Verletzung, konnte er keine schwere körperliche Arbeit verrichten, weshalb sein Vater darauf verzichtete, dass sein ältester Sohn den Hof übernehmen müsse; erster Zeichenunterricht bei Carl Fried aus Ortenberg; ab 1920 besuchte er als Stipendiant die Städelschule in Frankfurt a.M. (bei Emil Gies); 1925 Besuch der Kunstakademie Düsseldorf; ab 1926 Besuch der Meisterklasse von Josef Jungwirth (Kunstakademie Wien); während der Wiener Zeit hält sich Will mehrmals in Ungarn auf; 1926 lernt er auf dem Wiener Künstlerball seine spätere Frau Elisabeth Henriette Klein (02.11.1901 Wien – 1943 Auschwitz) kennen; Oktober 1926 Beteiligung an einer Ausstellung im Oberhessischen Kunstverein; Juni 1927 Abschluss des Studiums; in der Folge mehrmonatige Studienreise durch Italien; danach ließ er sich in Gießen nieder (Südanlage 14); 1930 Heirat mit, Tochter eines jüdischen Industriellen aus Wien; das Paar wohnt fortan in der Friedrichstraße 8; in Gießen malte Will vor allem oberhessische Landschaften, sowie Porträts; 1933 Beitritt zum „Kampfbund für deutsche Kultur“; 1933 Ernennung zum Bezirksleiter Oberhessen des „Reichskartells der bildenden Künste“ (vormals: „Reichsverband bildender Künstler Deutschlands“); 1936 wurde er aus allen Ämtern entlassen, da er aufgrund seiner Ehe als „jüdisch versippt“ galt; zugleich wurde er aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen, was Ausstellungsbeteiligungen und öffentliche Verkäufe unmöglich machte; das Ehepaar Will zog sich vermehrt zurück und die Repressionen nahmen zu; ab Frühjahr 1941 nahm das Paar sogenannten „Freitagskränzchen“ in der Gießener Wohnung des Pfarrers und Orientalisten Alfred Kaufmann (1868-1946) teil; diese lose Gruppierung wurde später als „Kaufmann-Will-Kreis“ bezeichnet (die Teilnehmer kamen vornehmlich aus (gut-)bürgerlichen Kreisen); am 06.02.1942 wurden das Ehepaar Will, Alfred Kaufmann und vier weitere Personen bei einem Treffen verhaftet und am folgenden Tag erfolgten weitere Verhaftungen; Abtransport nach Darmstadt; am 20./21.07.1942 wurden Will und Kaufmann zum Tode verurteilt, während weitere Personen lange Zuchthausstrafen erhielten; am 19.02.1943 Tod durch das Fallbeil in der Strafanstalt Frankfurt-Preungesheim; 21.01.1946 Gedenkfeier für Heinrich und Elisabeth Will im Gießener Stadttheater; 1973 Gedenkausstellung im Bürgerhaus Gießen; 1983 in Gießen wird eine Straße nach Heinrich Will benannt; 1993 Gedenkausstellung des Oberhessischen Künstlerbundes in Gießen, sowie Ausstellung im Netanyasaal im Alten Schloss in Gießen

Literatur
Biografie auf der Internetseite von „Stolpersteine Gießen“ [stolpersteine-giessen.de];
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 42178427
Gentges, Bertin et al. (1993): Heinrich Will 1895-1943. Leben und Werk; Gießen: Focus