H A N S    B U S S E    (22.06.1904 Dresden – 09.03.1992 Mannheim)

 

Weitere Werke von Hans Busse

 

 

recto: großes Bildnis einer Person mit langen, hellen Jahren und geschlossenen Augen (o.J.);
verso: Bildnis eines jungen Mannes (1935)

Kohle (teilweise gewischt) auf Zeichenpapier

€ 450,-

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Titel
ohne Titel [recto: großes Bildnis einer Person mit langen, hellen Jahren und geschlossenen Augen (Totenmaske, Schlafende(r)?), verso: Bildnis eines jungen Mannes im seitlichen Profil nach links]

Technik
Kohle (teilweise gewischt) auf Zeichenpapier

Signatur
recto: unsigniert
verso: unten rechts signiert „HBusse“

Jahr
recto: undatiert
verso: unten rechts datiert „[19]35“

Größe
Größe: 64,2 x 48,3 cm (Blatt)

Zustand
in der Blattmitte durchgehende horizontale Knickspur; in den Randbereichen mehrere kleinere Beschädigungen (kleine Einrisse, kleine Knickspuren, Quetschungen, kleine Ausrisse); linker Blattrand mit mehr Beschädigungen (diese gehen nicht in Bildteil über); Ecken bestoßen und mit Knickspuren; Ecke oben links stärker knittrig; in den vier Ecken kleine Einstichlöchlein; recto & verso insgesamt etwas fleckig

 

 

Hans Busse begann anfangs eine Fotografenlehre, brach diese aber nach einem Jahr ab und wechselte zu einer Lehre in einer Bank, die er 1923 abschloss. Während der Wirtschaftskrise arbeitete er als Straßenbahnschaffner, Omnibusfahrer und Werksfernfahrer in ganz Deutschland. Und obgleich er schon damals nebenher zeichnete, begann er erst 1933 sein Kunststudium an der Dresdener Akademie bei Richard Müller. Noch während seiner Studienzeit (1935) heiratete er Albertine Johanna Freya Magdalena, geborene Kemath. Bereits 1936 konnte er an Ausstellungen in Dresden teilnehmen. Möglicherweise auch vor dem Hintergrund, dass er seine Familie versorgen musste, wechselte er nach ein paar Semestern zur Ausbildung als Kunsterzieher und schloss das Studium auch als solcher ab. Da er jedoch keine Anstellung fand, begann er erneut eine Ausbildung. Dieses Mal besuchte er eine Handelsschule, was ihm im Anschluss daran zu einer Anstellung beim Forst- und Holzwirtschaftsamt Dresden verhalf. Nichtsdestotrotz war Hans Busse stets malerisch und zeichnerisch tätig, was auch wenige Ausstellungsbeteiligungen in dieser Zeit belegen.
Den Zweiten Weltkrieg erlebte er als Soldat und kehrte 1947 aus Gefangenschaft nach Dresden zurück. 1958 verzog er mit seiner Familie „ohne polizeiliche Abmeldung“ nach Mannheim und blieb fortan dort wohnhaft.

Dieses vorliegende, beidseitig ausgeführte Blatt wird am Ende Dresdner Studienzeit bzw. kurz nach dieser entstanden sein. Für die rückseitig befindliche, etwas kleinere Portraitzeichnung eines jungen Mannes ist dies zudem mit der Datierung auf 1935 auch plausibel, während das vorderseitige, große Bildnis wenige Jahre später entstanden sein dürfte.
Wie auch bei anderen Werken Busses aus der zweiten Hälfte der1930er Jahre, so mag auch bei diesem großen Bildnis das Schaffen von Käthe Kollwitz in den Sinn kommen. Einer Totenmaske oder einem Schlafenden gleich zeigt sich dem Betrachter das fein und in nuancierten Grauabstufungen ausgeführte Bildnis einer Person mit geschlossenen Augen. Die langen, hellen Haare hängen herab und den Mund scheint ein ganz zartes Lächeln zu umspielen. Die Augen liegen in tiefen, markant dunkel gezeichneten Höhlen, die Wangen sind schmal. Wenn Rainer Zimmermann feststellt, dass bei Künstlern des expressiven Realismus oftmals der Begriff „Menschendarstellung“ der Bezeichnung „Portrait“ vorzuziehen ist [1], so ist dies auch für Hans Busse überlegenswert. So zeige sich hier ein Gefühl der „Kreatürlichkeit“ bei Menschendarstellungen, was zudem immer wieder einhergeht mit einer „immanenten Religiosität“. In diesem Sinne wirkt Hans Busses Darstellung durchaus religiös, wenn auch nicht einer bestimmten Konfession zuordbar. Es hat in seiner Ruhe und Monumentalität einen meditativen, kontemplativen Ausdruck, der den Betrachter zur Ruhe zwingt.
Das rückseitige Bildnis ist etwas früher entstanden. Gut vorstellbar ist hier, dass Busse hier einen Studienkollegen oder Künstlerfreund zeichnete.

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[1] Rainer Zimmermann (1980): Die Kunst der verschollenen Generation; Econ; Düsseldorf – Wien, S. 116ff.

 

 

Zu Herbert Hans Busse (22.06.1904 Dresden – 09.03.1992 Mannheim):
Maler, Zeichner, Bildhauer; Sohn des Kaufmannes & Rohtabak-Importeurs Oscar Julius Ferdinand Busse (25.01.1860 Halle / Saale – ?)und dessen Frau Hedwig Klara, geb. Rothe (18.06.1867 Dresden – ?); die Familie war durchaus wohlhabend wohnte anfangs in der Königsbrücker Straße in Dresden; eine Lehre beim Kunstfotografen Hans Erfurth brach er nach einem Jahr ab; im Anschluss daran Banklehre, die er 1923 abschloss; während der Wirtschaftskrise arbeitete er als Straßenbahnschaffner, Omnibusfahrer und Werksfernfahrer in ganz Deutschland; schon damals zeichnete er stets nebenher; ab 1933 Studium an der Kunstakademie Dresden (bei Richard Müller), wobei er anfangs je zwei Semester Zeichen- und Malstudien belegte, bevor er sich dann dem Studium zum Kunsterzieher zuwandte; als Lehrer fand er keine Anstellung, weshalb er eine Handelsschule besuchte und eine Anstellung beim Forst- und Holzwirtschaftsamt Dresden fand; 1935 Heirat mit Albertine Johanna Freya Magdalena, geb. Kemath (23.04.1909 Dresden – ?); 1936 Beteiligung an der „Kunstausstellung Dresden 1936“ (Brühlsche Terrasse); 1936 Beteiligung an der Ausstellung „Die Straßen Adolf Hitlers in der Kunst“ (München); 1943 Beteiligung an der „Kunstausstellung Gau Sachsen 1943“ (Brühlsche Terrasse); im Zweiten Weltkrieg Kriegsteilnahme, sowie anschließend Kriegsgefangenschaft; 1947 Rückkehr aus der Gefangenschaft nach Dresden; Hans Busse wohnte am Stresemannplatz 11; als Vorstand der „Verkaufsgenossenschaft Bildender Künstler“ bekam er immer mehr Schwierigkeiten, die ihn schließlich zur Ausreise aus der DDR veranlassten; am 23.03.1958 verzog er „ohne polizeiliche Abmeldung“ nach Mannheim und wohnte mit seiner Familie in der Marienburgerstraße 8, II (Mannheim-Schönau); am 22.07.1958 im VBKD als Mitglied gestrichen; anfangs war er in argen wirtschaftlichen Nöten, musste seine Werke teilweise unter Wert veräußern und erhielt auch städtische Unterstützung; 1959 kaufte die Stadtverwaltung Mannheim ein Aquarell an; 1960 kaufte die Kunsthalle Mannheim zwei Aquarelle des Künstler an; 1961 kauft die Kunsthalle Mannheim eine Zeichnung an, welche darauf als Leihgabe an die Wirtschaftshochschule Mannheim geht; Hans Busse arbeitete beim staatlichen Hochbauamt als Verwalter der Registratur und später in der dortigen Bauunterhaltung; nach seiner Pensionierung arbeitete er noch bis 1974 in der Verwaltung des Heinrich-Lanz-Krankenhauses; 1960-62 Mitglied des „Bundesverbandes Bildender Künstler“ (BBK) — Busse malte Porträts (u.a. von Mannheimer Persönlichkeiten wie Oberbürgermeister Jakob Trumpfheller, Oberregierungsbaurat Hans Wingler), Landschaften und Stillleben; er war Mitglied des „Verbandes Bildender Künstler Deutschlands (VBKD)“, der „Verkaufsgenossenschaft Bildender Künstler“ in Dresden , sowie der — Künstlervereinigung „Das Ufer“ [auch bezeichnet als „Gruppe 1947“]

Literatur
„Der Dresdner Maler Hans Busse…“, in: „Sächsische Zeitung“ (Dresden), vom 22.06.1954
„Im Porträt Leben geschildert. Kunstmaler Hans Busse feiert heute seinen 80. Geburtstag“, in: „Mannheimer Morgen“, vom 22.06.1984
EISOLD, Dietmar (2010): Lexikon Künstler in der DDR; Berlin: Neues Leben; S. 126
PÄTZKE, Hartmut (2000): Register ‚Ausgebürgert‘, in: Hannelore Offner / Klaus Schroeder (Hrsg.): Eingegrenzt – Ausgegrenzt. Bildende Kunst und Parteiherrschaft in der DDR 1961-1989; Berlin: Akademie-Verlag; S. 575
WILHELMI, Christoph (1996): Künstlergruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz seit 1900. Ein Handbuch; Stuttgart: Hauswedell & Co.; S. 347
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 30080593