H A N S   B U S S E

 

Weitere Werke von Hans Busse

 

 

„Der Bahnhof“ (1936, recto)
‚zwei Personen‘ (wohl um 1936, verso)

Kohle (teilweise gewischt) auf Ingrespapier [„Hahnemühle“];
unten rechts datiert „[19]36“ (recto), verso undatiert [wohl um 1936]

recto unten rechts signiert „H. Busse“
Größe: 62,5 x 46,5cm (Blatt)

€ 890,-

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Titel
„Der Bahnhof“ (recto) bzw. ‚zwei Personen‘ (verso) [so oben rechts (recto) betitelt]

Zustand
durchgehend leichte Druckstellen im Blatt; in den vier Ecken kleine Einstichlöcher; Ecken etwas bestoßen, sowie mit Knickspuren; Blattränder mit kleinen Knickspuren und Quetschungen; im Randbereich etwas nachgedunkelt; recto & verso leicht fleckig; am linken Rand oben kleiner Einriss (Länge etwa 1,5cm)

 

 

Mit 29 Jahren begann Hans Busse sein Kunststudium an der Dresdener Akademie bei Richard Müller. Noch während seiner Studienzeit (1935) heiratete er Albertine Johanna Freya Magdalena, geborene Kemath. Möglicherweise auch vor dem Hintergrund, dass er seine Familie versorgen müsse, wechselte er nach ein paar Semestern zur Ausbildung als Kunsterzieher und schloss das Studium auch als solcher ab. Da er jedoch keine Anstellung fand, begann er erneut eine Ausbildung. Dieses Mal besuchte er eine Handelsschule, was ihm im Anschluss daran zu einer Anstellung beim Forst- und Holzwirtschaftsamt Dresden verhalf. Nichtsdestotrotz war Hans Busse stets malerisch und zeichnerisch tätig, was auch wenige Ausstellungsbeteiligungen in dieser Zeit belegen.

Den Zweiten Weltkrieg erlebte er als Soldat und schließlich in Gefangenschaft aus der er 1947 nach Dresden zurückkehrte. Bis 1958 wirkte er in der DDR als Künstler und brachte sich in verschiedenen Vereinen auch an führender Stelle ein. Aufgrund nicht näher bekannter Probleme sah er sich gezwungen am 23. März 1958 nach Mannheim zu ziehen, wobei explizit vermerkt ist, dass sein Wegzug „ohne polizeiliche Abmeldung“ erfolgte (Pätzke 2000: 575).

Das Blatt mit den beiden vorliegenden Zeichnungen entstand noch in der frühen Schaffensphase und darf an das Ende seines Studiums bzw. kurz danach eingeordnet werden. Der vorderseitig gezeigte „Bahnhof“ datiert auf 1936, während das rückseitige Bildnis eines Paares undatiert ist, wohl aber in demselben Zeitraum entstanden sein dürfte.

Der Bahnhof ist vornehmlich dunkel gehalten, eng beieinander stehen die Wartenden und auch die Verabschiedenden, während im Hintergrund der Zug gerade angehalten hat und die Türen öffnete, so dass die ersten Reisenden aussteigen können. Busse hat hier gerade die vorderen Personen sehr markant ausgeführt. Ganz links die Rückenansicht eines an seiner Mütze erkennbaren Schaffners, der in der rechten Hand die Signalkelle hält. Etwa auf derselben Höhe zeigt sich rechts vom Schaffner der Rücken einer elegant mit Pelzmantel und Hut gekleideten Dame. Diese hebt ihre rechte Hand und womöglich schwenkt sie hier ein Taschentuch, um auf sich aufmerksam zu machen. In der nächsten Reihe der Personen, warten zwei Herren in Mänteln auf den Einstieg. Beide sind in ihrem Profil nach links gezeigt und werden in Kürze in den Zug einsteigen, während dahinter die Reisenden gerade aussteigen. Auffällig ist dabei ein Mann mittleren Alters, dessen zart lächelndes Gesicht Busse fein und hell herausarbeitete – ist er es vielleicht auf den die Dame wartet? Weitere Personen schließen sich der Szenerie an, doch bleiben diese weitgehend anonym.
Eine erstaunlich lebendige und bewegte Szenerie, die besonders durch die zeichnerisch wunderbar umgesetzten, unterschiedlichen Charaktere einen Reiz ausübt.

Die verso gezeigte figürliche Studie dürfte etwa in denselben Zeitraum, das heißt um 1936, einzuordnen sein. Eine männliche Person hat die Augen geschlossen, während eine weitere Person sich an dessen Brust drückt. Wie ein Liebespaar wirkt das Duo nicht, auch mag man nicht an eine Interpretation des „verlorenen Sohn“-Topos denken, denn es wirkt doch beinahe so, als ob die an der Brust liegende Person älter ist. Vielleicht hält hier ein Sohn seinen Vater? Es sind gerade solche Arbeiten Busses, die dem ruhigen, beinahe schon kontemplativen, Ausdruck nach an Käthe Kollwitz denken lassen.

 

 

Zu Herbert Hans Busse (22.06.1904 Dresden – 09.03.1992 Mannheim):
Maler, Zeichner, Bildhauer; Sohn des Kaufmannes & Rohtabak-Importeurs Oscar Julius Ferdinand Busse (25.01.1860 Halle / Saale – ?)und dessen Frau Hedwig Klara, geb. Rothe (18.06.1867 Dresden – ?); die Familie war durchaus wohlhabend wohnte anfangs in der Königsbrücker Straße in Dresden; eine Lehre beim Kunstfotografen Hans Erfurth brach er nach einem Jahr ab; im Anschluss daran Banklehre, die er 1923 abschloss; während der Wirtschaftskrise arbeitete er als Straßenbahnschaffner, Omnibusfahrer und Werksfernfahrer in ganz Deutschland; schon damals zeichnete er stets nebenher; ab 1933 Studium an der Kunstakademie Dresden (bei Richard Müller), wobei er anfangs je zwei Semester Zeichen- und Malstudien belegte, bevor er sich dann dem Studium zum Kunsterzieher zuwandte; als Lehrer fand er keine Anstellung, weshalb er eine Handelsschule besuchte und eine Anstellung beim Forst- und Holzwirtschaftsamt Dresden fand; 1935 Heirat mit Albertine Johanna Freya Magdalena, geb. Kemath (23.04.1909 Dresden – ?); 1936 Beteiligung an der „Kunstausstellung Dresden 1936“ (Brühlsche Terrasse); 1936 Beteiligung an der Ausstellung „Die Straßen Adolf Hitlers in der Kunst“ (München); 1943 Beteiligung an der „Kunstausstellung Gau Sachsen 1943“ (Brühlsche Terrasse); im Zweiten Weltkrieg Kriegsteilnahme, sowie anschließend Kriegsgefangenschaft; 1947 Rückkehr aus der Gefangenschaft nach Dresden; Hans Busse wohnte am Stresemannplatz 11; als Vorstand der „Verkaufsgenossenschaft Bildender Künstler“ bekam er immer mehr Schwierigkeiten, die ihn schließlich zur Ausreise aus der DDR veranlassten; am 23.03.1958 verzog er „ohne polizeiliche Abmeldung“ nach Mannheim und wohnte mit seiner Familie in der Marienburgerstraße 8, II (Mannheim-Schönau); am 22.07.1958 im VBKD als Mitglied gestrichen; anfangs war er in argen wirtschaftlichen Nöten, musste seine Werke teilweise unter Wert veräußern und erhielt auch städtische Unterstützung; 1959 kaufte die Stadtverwaltung Mannheim ein Aquarell an; 1960 kaufte die Kunsthalle Mannheim zwei Aquarelle des Künstler an; 1961 kauft die Kunsthalle Mannheim eine Zeichnung an, welche darauf als Leihgabe an die Wirtschaftshochschule Mannheim geht; Hans Busse arbeitete beim staatlichen Hochbauamt als Verwalter der Registratur und später in der dortigen Bauunterhaltung; nach seiner Pensionierung arbeitete er noch bis 1974 in der Verwaltung des Heinrich-Lanz-Krankenhauses; 1960-62 Mitglied des „Bundesverbandes Bildender Künstler“ (BBK) — Busse malte Porträts (u.a. von Mannheimer Persönlichkeiten wie Oberbürgermeister Jakob Trumpfheller, Oberregierungsbaurat Hans Wingler), Landschaften und Stillleben; er war Mitglied des „Verbandes Bildender Künstler Deutschlands (VBKD)“, der „Verkaufsgenossenschaft Bildender Künstler“ in Dresden , sowie der — Künstlervereinigung „Das Ufer“ [auch bezeichnet als „Gruppe 1947“]

Literatur
„Der Dresdner Maler Hans Busse…“, in: „Sächsische Zeitung“ (Dresden), vom 22.06.1954
„Im Porträt Leben geschildert. Kunstmaler Hans Busse feiert heute seinen 80. Geburtstag“, in: „Mannheimer Morgen“, vom 22.06.1984
EISOLD, Dietmar (2010): Lexikon Künstler in der DDR; Berlin: Neues Leben; S. 126
PÄTZKE, Hartmut (2000): Register ‚Ausgebürgert‘, in: Hannelore Offner / Klaus Schroeder (Hrsg.): Eingegrenzt – Ausgegrenzt. Bildende Kunst und Parteiherrschaft in der DDR 1961-1989; Berlin: Akademie-Verlag; S. 575
WILHELMI, Christoph (1996): Künstlergruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz seit 1900. Ein Handbuch; Stuttgart: Hauswedell & Co.; S. 347
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 30080593