H A N S   B U S S E

 

Weitere Werke von Hans Busse
Zum Themenflyer ‚Bilder des Schmerzes‘

 

 

„Der Abschied“ (recto)
„Stillende Mutter“ (verso)

Kohle (teilweise gewischt) auf Ingrespapier [„Hahnemühle“];
u.r. datiert „[19]38“ (recto) bzw. o.r. datiert „[19]36“ (verso)

Blattgröße: 62,5 x 46,5cm
Bildgröße: 38,5 x 27,5cm (recto) bzw. 54 x 29cm (verso)

u.r. signiert „H. Busse“ bzw. u.r. in Blei signiert „Busse“, sowie o.r. in Schwarz signiert „HBusse“ (verso)
jeweils u.l. betitelt „Der Abschied“ (recto) bzw. „Stillende Mutter“ (verso)

€ 1.250,-

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Zustand
durchgehend leichte Druckstellen im Blatt; in den vier Ecken kleine Einstichlöcher; Ecken etwas bestoßen, sowie mit Knickspuren; Blattränder mit kleinen Knickspuren und Quetschungen; im Randbereich leicht fleckig; an den seitlichen Rändern mittig leicht wellig; verso am unteren Rand farbfleckig

 

 

Mit 29 Jahren begann Hans Busse sein Kunststudium an der Dresdener Akademie bei Richard Müller. Noch während seiner Studienzeit (1935) heiratete er Albertine Johanna Freya Magdalena, geborene Kemath. Möglicherweise auch vor dem Hintergrund, dass er seine Familie versorgen müsse, wechselte er nach ein paar Semestern zur Ausbildung als Kunsterzieher und schloss das Studium auch als solcher ab. Da er jedoch keine Anstellung fand, begann er erneut eine Ausbildung. Dieses Mal besuchte er eine Handelsschule, was ihm im Anschluss daran zu einer Anstellung beim Forst- und Holzwirtschaftsamt Dresden verhalf. Nichtsdestotrotz war Hans Busse stets malerisch und zeichnerisch tätig, was auch wenige Ausstellungsbeteiligungen in dieser Zeit belegen.
Den Zweiten Weltkrieg erlebte er als Soldat und schließlich in Gefangenschaft aus der er 1947 nach Dresden zurückkehrte. Bis 1958 wirkte er in der DDR als Künstler und brachte sich in verschiedenen Vereinen auch an führender Stelle ein. Aufgrund nicht näher bekannter Probleme sah er sich gezwungen am 23. März 1958 nach Mannheim zu ziehen, wobei explizit vermerkt ist, dass sein Wegzug „ohne polizeiliche Abmeldung“ erfolgte (Pätzke 2000: 575).
Das Blatt mit den beiden vorliegenden Zeichnungen entstand noch in dieser frühen Schaffensphase und darf an das Ende seines Studiums bzw. kurz danach eingeordnet werden. Vorderseitig ein mit „Der Abschied“ betiteltes, düsteres Werk von 1938 und rückseitig eine ‚stillende Mutter‘ von 1936.
Unweigerlich mag man bei diesem ‚Abschied‘ an Werke von Käthe Kollwitz denken. Vor einem diffusen Raum umklammern sich zwei Gestalten. Aus dem oberen Bereich fällt ein Lichtstrahl in die Szenerie und erhellt diese damit. Die langen, wohl blonden Haare umrahmen die fein in verschiedenen Grautönen nuancierten Gesichter. Kräftig ruhen die Hände jeweils auf der Schulter des Anderen und die Wangen wie auch der ganze Körper liegen eng aneinander. Die Augen beider Personen sind geschlossen und es ist gerade diese Mimik, die dem Betrachter eine Ruhe und Zeitentrücktheit vermittelt.
Zweifelsohne für die damalige Zeit im Speziellen, jedoch auch ohne diesen historischen Kontext im Allgemeinen, eine eindrucksvolle, ausdrucksstarke Komposition.
Zwei Jahre vor diesem ‚Abschied‘ entstand die verso ausgeführte „Stillende Mutter“. Die klare Konturenführung des Körpers, wie auch die Fokussierung auf das Wesentliche lassen an Einflüsse der Neuen Sachlichkeit denken. Und dezidiert ist es hierbei wohl Georg Schrimpf, der in den Sinn kommt, wenn man diesen zarten, in leichter Neigung begriffenen Frauenkörper betrachtet. Eng hält die Mutter ihr Kind an die Brust gedrückt und auch hier sind die Augen geschlossen.
In beiden Fällen ist es ein inniges Beisammensein, das durch die geschlossenen Augen einen Ausdruck der Ewigkeit, des Innewerdens, erhält. Doch sind es zugleich auch zwei unterschiedliche Momente, die Busse hier zeigt: zum einen die Trauer des Abschieds, das nochmalige, letzte Berühren vor der unweigerlichen Trennung und zum anderen die vertrauensvolle Fürsorge, die bedingungslose Liebe.

 

 

Zu Herbert Hans Busse (22.06.1904 Dresden – 09.03.1992 Mannheim):
Maler, Zeichner, Bildhauer; Sohn des Kaufmannes & Rohtabak-Importeurs Oscar Julius Ferdinand Busse (25.01.1860 Halle / Saale – ?)und dessen Frau Hedwig Klara, geb. Rothe (18.06.1867 Dresden – ?); die Familie war durchaus wohlhabend wohnte anfangs in der Königsbrücker Straße in Dresden; eine Lehre beim Kunstfotografen Hans Erfurth brach er nach einem Jahr ab; im Anschluss daran Banklehre, die er 1923 abschloss; während der Wirtschaftskrise arbeitete er als Straßenbahnschaffner, Omnibusfahrer und Werksfernfahrer in ganz Deutschland; schon damals zeichnete er stets nebenher; ab 1933 Studium an der Kunstakademie Dresden (bei Richard Müller), wobei er anfangs je zwei Semester Zeichen- und Malstudien belegte, bevor er sich dann dem Studium zum Kunsterzieher zuwandte; als Lehrer fand er keine Anstellung, weshalb er eine Handelsschule besuchte und eine Anstellung beim Forst- und Holzwirtschaftsamt Dresden fand; 1935 Heirat mit Albertine Johanna Freya Magdalena, geb. Kemath (23.04.1909 Dresden – ?); 1936 Beteiligung an der „Kunstausstellung Dresden 1936“ (Brühlsche Terrasse); 1936 Beteiligung an der Ausstellung „Die Straßen Adolf Hitlers in der Kunst“ (München); 1943 Beteiligung an der „Kunstausstellung Gau Sachsen 1943“ (Brühlsche Terrasse); im Zweiten Weltkrieg Kriegsteilnahme, sowie anschließend Kriegsgefangenschaft; 1947 Rückkehr aus der Gefangenschaft nach Dresden; Hans Busse wohnte am Stresemannplatz 11; als Vorstand der „Verkaufsgenossenschaft Bildender Künstler“ bekam er immer mehr Schwierigkeiten, die ihn schließlich zur Ausreise aus der DDR veranlassten; am 23.03.1958 verzog er „ohne polizeiliche Abmeldung“ nach Mannheim und wohnte mit seiner Familie in der Marienburgerstraße 8, II (Mannheim-Schönau); am 22.07.1958 im VBKD als Mitglied gestrichen; anfangs war er in argen wirtschaftlichen Nöten, musste seine Werke teilweise unter Wert veräußern und erhielt auch städtische Unterstützung; 1959 kaufte die Stadtverwaltung Mannheim ein Aquarell an; 1960 kaufte die Kunsthalle Mannheim zwei Aquarelle des Künstler an; 1961 kauft die Kunsthalle Mannheim eine Zeichnung an, welche darauf als Leihgabe an die Wirtschaftshochschule Mannheim geht; Hans Busse arbeitete beim staatlichen Hochbauamt als Verwalter der Registratur und später in der dortigen Bauunterhaltung; nach seiner Pensionierung arbeitete er noch bis 1974 in der Verwaltung des Heinrich-Lanz-Krankenhauses; 1960-62 Mitglied des „Bundesverbandes Bildender Künstler“ (BBK) — Busse malte Porträts (u.a. von Mannheimer Persönlichkeiten wie Oberbürgermeister Jakob Trumpfheller, Oberregierungsbaurat Hans Wingler), Landschaften und Stillleben; er war Mitglied des „Verbandes Bildender Künstler Deutschlands (VBKD)“, der „Verkaufsgenossenschaft Bildender Künstler“ in Dresden , sowie der — Künstlervereinigung „Das Ufer“ [auch bezeichnet als „Gruppe 1947“]

Literatur
„Der Dresdner Maler Hans Busse…“, in: „Sächsische Zeitung“ (Dresden), vom 22.06.1954
„Im Porträt Leben geschildert. Kunstmaler Hans Busse feiert heute seinen 80. Geburtstag“, in: „Mannheimer Morgen“, vom 22.06.1984
EISOLD, Dietmar (2010): Lexikon Künstler in der DDR; Berlin: Neues Leben; S. 126
PÄTZKE, Hartmut (2000): Register ‚Ausgebürgert‘, in: Hannelore Offner / Klaus Schroeder (Hrsg.): Eingegrenzt – Ausgegrenzt. Bildende Kunst und Parteiherrschaft in der DDR 1961-1989; Berlin: Akademie-Verlag; S. 575
WILHELMI, Christoph (1996): Künstlergruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz seit 1900. Ein Handbuch; Stuttgart: Hauswedell & Co.; S. 347
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 30080593