F E R D I N A N D    K O R B E R    ( „ K ó r a “ )   
(06.06.1897 Großsanktnikolaus (Nagyszentmiklós, Ungarn) – 12.03.1953 Wien)

 

 

 

„Unerhört soowas!“ (1943)

Tusche, Aquarell, Bleistift auf Karton, ungerahmt

€ 1.150,-

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Titel
„Unerhört soowas!“ [so unten links im Bildteil betitelt, unter Umständen Illustrationsvorlage für ein Buch bzw. eine Zeitschrift] 
Es dürfte sich hierbei um eine Szene aus dem Wiener Kabarett-Theater „Simpl“ handeln, worauf nicht zuletzt die markante rote Bulldogge hinweist. Korber arbeitete damals mit bzw. für Felix Bernard, den damaligen Direktor des „Simpl“.

Technik
Tusche, Aquarell, Bleistift auf Karton, ungerahmt

Signatur
unten links mit dem Pseudonym signiert „Kóra“

Jahr
unten links datiert „[19]43“

Größe
Größe: 36,2 x 51 cm

Zustand
insgesamt leicht nachgedunkelt; Ecken leicht bestoßen; am rechten Rand unten kleines Loch (etwa 3x2mm); am oberen Rand mittig zwei kleine Einstichlöchlein; oberer Rand etwas (farb-)fleckig; in den Randbereichen mitunter sehr leicht wellig; verso leicht nachgedunkelt und schwach fleckig; verso oben rechts klein in Blei bezeichnet „308 […]“[?]

 

 

Ferdinand Korber studierte an der Kunstgewerbeschule und der Kunstakademie Budapest. Im Ersten Weltkrieg wurde er als Kriegszeichner in Siebenbürgen eingesetzt. Nach Kriegsende arbeitete er als Zeichenlehrer im siebenbürgischen Cristuru Secuiesc (Szeklerkreuz). Im Späteren verzog Korber nach Timișoara und arbeitete dort u. a. als Plakatkünstler, sowie als Bühnendekorateur und auch als Gestalter von Kirchenfresken (Biled (Banat) und Oradea (Großwardein)). In dieser Zeit war er einer der gefragtesten Zeitungs- und Buchillustratoren in Siebenbürgen und im Banat.
Ende 1923 gründete er mit dem Dichter Endre Károly (1893-1988) die humoristische Zeitschrift „Fajankó“ (dt. ‚Tölpel‘). 1926 gründete er zusammen mit Albert Varga (1900-1940) eine private Kunstschule in Timișoara. Von 1926 bis 1928 war er Leiter des örtlichen Künstlerverbandes in Timișoara. Korber zog Ende 1928 nach Wien und arbeitete fortan freischaffend – unter dem Pseudonym „Kóra“ – vor allem als Illustrator, Pressezeichner und (Gebrauchs-)Grafiker.
1936 gestaltete er die Ansichtskarte zum 28. Esperanto-Weltkongress in Wien.
Nach dem Anschluss Österreichs 1938 soll sich Korber als Antifaschist betätigt haben und soll wohl auch mehrfach in Konzentrationslagern interniert worden sein. [1] Beruflich lassen sich jedoch keine Einschränkungen oder gar Verbote für Korber nachweisen. So war er um 1939 stellvertretender Schriftleiter der Zeitschrift “Mein Film. Illustrierte Film- und Kinorundschau” (Wien). Weiterhin arbeitete er mit bzw. für Felix Bernard [2], der nach der Arisierung Direktor des im Januar 1939 neueröffneten Kabarett-Theaters “Simpl” in Wien war [3]. Neben dem “Werkel” war der “Simpl” das einzige Kabarett in Wien, das während des Kriegs öffnen durfte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war „Kóra“ erneut als Illustrator in Wien (Taborstraße 36/14) tätig. Er illustrierte u. a. „Ein Märchenbuch für kleine Leut‘“ (Wien 1946) von Marga Frank, sowie „Lasst den Bass ins Sendehaus“ (Wien 1947) von Norbert Fryd, daneben schuf er auch die Figur „Herr Hasslinger“ für die Zeitung „Volksstimme“.
1946 gab es im Zuge der allgemeinen Entnazifizierungsmaßnahmen u. a. gegen Korber und dessen Tätigkeit für die sozialistische „Volksstimme“ Proteste. Die „Arbeiter-Zeitung“ veröffentlichte an die „Volksstimme“ und die „KP“ gerichtete Anfragen, wonach Korber im Dritten Reich eine „von ihm angefertigte Zeichnung mit ‚Kora, SS-Scharführer‘“ signiert habe und auch mitgearbeitet habe „an einer Werbeschrift der KdF“ [4].

„Kóra“ zeigt in dem vorliegenden Werk aus dem Jahr 1943 eine turbulente Szene an einer Theatergarderobe voller Handgreiflichkeiten und Unmut. Interessant ist nun, dass Kóra ganz markant unten links eine rote Bulldogge einfügte, welche ausspricht „Unerhört soowas!“. Deutlich verweist die Bulldogge als “Markenzeichen” auf das Wiener Kabarett-Theater „Simpl“.
Dieses vorliegende Werk wird demnach eines der wenigen Zeugnisse für Kóras Arbeit im / beim damals arisierten „Simpl“ sein, zugleich ist es ein Beleg für die oben erwähnten, in der „Arbeiter-Zeitung“ geäußerten Vorwürfe und nicht zuletzt mag man es auch als historisches Dokument für die Geschichte des „Simpl“ sehen.

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[1] So ein Hinweis bei Jane Blatter / Sybil Milton („Art of the Holocaust“, London: Pan Books 1982, S. 254). Hierfür gibt es jedoch sonst keinerlei Belege, so dass diese Aussage als fraglich betrachtet werden muss.
[2] Nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen us-amerikanischen Komponisten und Pianisten Felix Bernard (1897-1944)!
[3] So ein Hinweis in: „Die falschen Sittenrichter“, in: „Arbeiter-Zeitung“, Wien, vom 20.09.1946 (Nr. 219), Seite 2.
[4] “Unsere Fragen im Falle Kora”, in: „Arbeiter-Zeitung“, Wien, vom 24.09.1946 (Nr. 222), Seite 2. Ebenso kurz davor erschienen: „Die falschen Sittenrichter“, in: „Arbeiter-Zeitung“, Wien, vom 20.09.1946 (Nr. 219), Seite 2.

 

 

Zu Ferdinand (Nándor) Korber („Kóra“) (06.06.1897 Großsanktnikolaus (Nagyszentmiklós, Ungarn) – 12.03.1953 Wien):

Maler, Zeichner, Grafiker, Karikaturist, Illustrator
Studium an der Kunstgewerbeschule und an der Kunstakademie Budapest
im Ersten Weltkrieg kurzzeitig eingesetzt als Kriegszeichner in Siebenbürgen
kurz nach dem Ersten Weltkrieg wurde er Zeichenlehrer in Cristuru Secuiesc (Rumänien)
im Späteren verzog er nach Timișoara und arbeitete dort u.a. als Plakatkünstler, sowie als Bühnendekorateur und auch als Gestalter von Kirchenfresken (Biled (Banat) und Oradea (Großwardein))
zu dieser Zeit war er einer der gefragtesten Zeitungs- und Buchillustratoren in Siebenbürgen und im Banat
Ende 1923 gründete er mit dem Dichter Endre Károly die humoristische Zeitschrift „Fajankó“ (dt. ‚Tölpel‘)
1926 gründete er zusammen mit Albert Varga eine private Kunstschule in Timișoara
1926-28 Leiter des örtlichen Künstlerverbandes in Timișoara
ab 1928/29 lebte er in Wien und arbeitete freischaffend – unter dem Pseudonym „Kóra“ – vor allem als Illustrator, Pressezeichner und Grafiker; er arbeitete u.a. für den „Fiba“-Verlag in Wien
Korber betätigte sich als Antifaschist und wurde wohl auch mehrfach in Konzentrationslagern interniert, was aber nicht belegt ist.
1936 gestaltete er die Ansichtskarte zum 28. Esperanto-Weltkongress in Wien [5].
Um 1939 war Korber stellvertretender Schriftleiter der Zeitschrift “Mein Film. Illustrierte Film- und Kinorundschau” (Wien).
Weiterhin arbeitete Korber mit bzw. für Felix Bernard, der nach der Arisierung Direktor des im Januar 1939 neueröffneten Kabarett-Theaters “Simpl” in Wien war [6]. Neben dem “Werkel” war der “Simpl” das einzige Kabarett in Wien, das während des Kriegs geöffnet war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erneut als Illustrator tätig, so illustriert er u.a. „Ein Märchenbuch für kleine Leut‘“ (Wien 1946) von Marga Frank, sowie „Lasst den Bass ins Sendehaus“ (Wien 1947) von Norbert Fryd, daneben schuf er auch die Figur „Herr Hasslinger“ für die Zeitung „Volksstimme“.
1946 gab es im Zuge der allgemeinen Entnazifizierungsmaßnahmen u. a. gegen Korber und dessen Tätigkeit für die sozialistische „Volksstimme“ Proteste. Die „Arbeiter-Zeitung“ veröffentlichte an die „Volksstimme“ und die „KP“ gerichtete Anfragen, wonach Korber im Dritten Reich eine „von ihm angefertigte Zeichnung mit ‚Kora, SS-Scharführer‘“ signiert habe und auch mitgearbeitet habe „an einer Werbeschrift der KdF“ [7].
In Wien lebte er in der Taborstraße 36/14.

Literatur
— Blatter, Jane / Milton, Sybil (Hrsg.) (1982): „Art of the Holocaust“; London: Pan Books; S. 254
— „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), De Gruyter-Verlag, Onlineversion

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[5] Ein Exemplar in der ÖNB, Signatur: Ak 1467 ESP MAG.
[6] So ein Hinweis in: „Die falschen Sittenrichter“, in: „Arbeiter-Zeitung“, Wien, vom 20.09.1946 (Nr. 219), Seite 2.
[7] “Unsere Fragen im Falle Kora”, in: „Arbeiter-Zeitung“, Wien, vom 24.09.1946 (Nr. 222), Seite 2. Ebenso kurz davor erschienen: „Die falschen Sittenrichter“, in: „Arbeiter-Zeitung“, Wien, vom 20.09.1946 (Nr. 219), Seite 2.