E R N S T W E I E R S (17.09.1909 Oespel – 03.06.1978 Bernried)
Weitere Werke von Ernst Weiers
„Verschneiter Strauch“ (1963)
Ölfarben, Deckweiß auf Platte, gerahmt
unten links monogrammiert „EW“, sowie verso signiert
unten links datiert „[19]63“, sowie verso nochmals datiert
€ 960,-
Titel
verso vom Künstler betitelt „Verschneiter Strauch“
Größe
Größe: 20,5 x 14,5 cm (Sichtfeld) bzw. 34 x 27 cm (mit Rahmen)
Zustand
Rahmen ungeöffnet; mitunter sehr leichte Craquelé-Bildung; Platte verso leicht fleckig
Rahmen an den Ecken partiell leicht bestoßen, sowie mit kleineren Abrieben
Provenienz
1) Sammlung Viktor Langen (22.03.1909 Köln – 1990).
Dr. h.c. Viktor Langen war Unternehmer, Fabrikant, sowie ab 1968 Präsident der IHK-Düsseldorf.
Ernst Weiers war mit Viktor Langen befreundet und es ist anzunehmen, dass der Sammler das vorliegende Werk direkt vom Künstler erhalten bzw. erworben hat.
Viktor Langen und seine Frau Marianne, geb. Heimann (1911-2004), zählen sicherlich zu den wichtigsten deutschen Kunstsammlern des 20. Jahrhunderts. Das Paar lebte in Düsseldorf-Meerbusch (Florastr. 19). Die Langen-Sammlung besteht vor allem aus drei großen Bereichen: 1) Malerei des 20. Jahrhunderts, 2) Japanische Kunst und 3) Außereuropäische Kunst. 2002 wurde die „Langen Foundation“ gegründet und der japanische Architekt Tadao Ando hat eigens hierfür ein beeindruckendes Ausstellungsgebäude auf der ehemaligen NATO-Raketenstation bei Neuss entworfen.
2) Von 1) als Geschenk an Privatbesitz (Neuss).
3) um 2012, als Erbe von 2) an Privatbesitz (Neuss).
„Es ist, als ob die Natur nach und nach seine Seele geheilt habe.“ [1]
Nach Krieg und russischer Gefangenschaft kehrte Ernst Weiers, der frühere Meisterschüler Paul Klees, schwer gezeichnet 1949 nach Bernried zurück. Gerade die Erlebnisse während der Kriegsgefangenschaft sollten auch nach Jahren immer wieder in seinem Schaffen auftauchen.
Trotz seiner zahlreichen Ausstellungen und der damit verbundenen Aufmerksamkeit lebte Weiers zurückgezogen und es war dabei vor allem die Natur – der Wald, die Pflanzen und die Tiere –, die ihm Kraft gaben und damit wohl tatsächlich ‚seine Seele heilten‘. Es passt in diesem Zusammenhang auch sehr gut, dass Weiers den 1956 publizierten, sprachlich ganz wunderbaren Band „Die Spiele der Erde. Gedanken in einem Garten“ (München: Biederstein) von Willy Kramp mit Zeichnungen illustrierte.
Bereits für die 1950er Jahren wird dieser Kernpunkt im Schaffen des Künstlers von Hans Konrad Röthel, langjähriger Leiter der Städtischen Galerie München, folgendermaßen umschrieben:
„Die an Radierung und Federzeichnung geschulte Linie, gesättigt mit Beobachtung und Erfahrung, wird – losgelöst von abbildhafter Gegenständlichkeit – zur eigenwertigen Chiffre naturhafter Schwingungen. Die formale Arabeske des Tieres, die elliptoide Gestalt der Eule oder das Gerank der Flamingohälse bestimmen die zeichnerische Invention. In der Formentfaltung wird das zoomorphe oder vegetabile Grundelement zum Ausgangspunkt des Formgefüges gemacht. Es ist keine illusionistische Malerei mit abstrakten Vokabeln. Die Natur bleibt unangetastet; sie ist nicht unverbindlicher Vorwand lyrischer Meditationen. Ihr Wachstums- und Ordnungsgesetz behält auf der Ebene einer neuen künstlerischen Wirklichkeit seine Gültigkeit.“
In diesem Sinne ist auch dieser „verschneite Strauch“ zu sehen. – Sicherlich ist dieser Strauch hier der „Ausgangspunkt des Formgefüges“, die Farben und Formen scheinen wie harmonische Schwingungen und Konturen von diesem auszugehen bzw. diesen zu umschließen. Und zugleich ist aber auch markant, dass dieser Strauch keinesfalls den Großteil der Fläche einnimmt, sondern sich vielmehr zurückhaltend mit seinen dürren Ästen und Zweigen zeigt. Erst durch das erstaunliche Zusammenspiel von Farbe – hier besonders das Violett in Kombination mit dem Blaugrün – und Form – dabei vor allem die breiten Farbflächen und darüber dann die dünnen dunklen Linien der Strauchzweige – gelingt es dem Künstler, dass das Auge des Betrachters auf eine subtile, unaufgeregte Weise zum Strauch hingeführt wird und dort verweilen kann.
Trotz dieses deutlich hohen Grads an Abstraktion, hat Ernst Weiers hier die Gegenständlichkeit nicht verlassen. Ihm gelingt es hier eine ganz eigene Balance, einen ganz eigenen künstlerischen Ausdruck zu finden, was auch sicherlich damit zusammenhängt, dass dieses Naturmotiv, zumal ein einzelner Strauch, dem Wesen des Künstlers sehr entgegenkam und ihm am Herzen lag.
Neben dem rein künstlerischen Aspekt des vorliegenden Werkes unterstreicht auch die geschlossene, beachtenswerte Provenienz die Relevanz dieser kleinformatigen expressiv realistischen Komposition.
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[1] Gemeinde Bernried (Hrsg.) [2009]: Ernst Weiers zum 100. Geburtstag, München, unpag. [S. 19].
[2] Hans Konrad Röthel: Ernst Weiers, in: Die Kunst und das schöne Heim, 51. Jg. (1953), S. 441-442 [hier: 442].
Zu Ernst Weiers (17.09.1909 Oespel – 03.06.1978 Bernried):
Maler, Zeichner, Grafiker; 1926 Bekanntschaft mit Christian Rohlfs (1849 Groß Niendorf – 1938 Hagen); Weiers arbeitete als Glasmaler für Jan Thorn Prikker; Freundschaft mit Karl Schmidt-Rottluff; 1929-33 Besuch der Kunstakademie Düsseldorf (bei Heinrich Campendonk), zuletzt Meisterschüler von Paul Klee; 1933 emigrierte er in die Schweiz und lebte anfangs in Bern, später in Ascona; 1935 wurde er nach Deutschland ausgewiesen, obgleich Eduard von der Heydt (1882 Elberfeld – 1964 Ascona) für Weiers eine Bürgschaft abgab; bis 1939 lebte er in Berlin, Schapdetten und verzog schließlich nach Bernried; er schränkte seine künstlerischen Aktivitäten ein; 1936 Heirat mit der Schauspielerin Grete Lange-Kosak; das Paar lebte fortan in Bernried; 26.12.1937 Geburt des Sohnes Michael; 1937 wurde bei der Aktion „Entartete Kunst“ ein Holzschnitt Weiers aus dem Bestand der städtischen Kunstsammlungen Duisburg beschlagnahmt; 1940-45 Kriegsdienst; 1945-49 russische Kriegsgefangenschaft; nach 1949 lebte und arbeitete er in Bernried; nach seiner Rückkehr wurde er vor allem von den Galeristen Günther Franke (München) und Alex Vömel (Düsseldorf) unterstützt und gefördert; trotz seiner zahlreichen Ausstellungen und der damit verbundenen Aufmerksamkeit lebte Weiers zurückgezogen; 1959 Reise nach Elba; in den späten 1950er Jahren erhielt er von der Familie Faber-Castell einen Auftrag die Familienkapelle mit Glasfenstern auszustatten; in den hierauf folgenden Jahren erhielt er vermehrt Aufträge für die Gestaltung von Kirchen und öffentlichen Gebäuden; in den 1960er/70er Jahren malte er vor allem Landschaften
Preise
1954 Kunstpreis „Böttcherstraße“, Bremen; 1958 Preis bei der „Internationalen Triennale für farbige Originalgrafik“, Grenchen, Schweiz
Ausstellungen (Auswahl)
1929 ‚Erste Kunstausstellung‘, Castrop-Rauxel; 1949, Central Collecting Point (CCP), Munich; 1950-51, 1954, 1959 Galerie Günther Franke, Munich; 1952, 1956, 1958 „Haus der Kunst“, Munich; 1953, 1955 Kestner-Gesellschaft, Hannover; 1954, „German Graphic Arts of the 20th Century“, Dublin; 1954, Biennale, Sao Paulo; 1954, „Künstler unserer Zeit“, Kunstverein München; 1955, Carnegie Institue, Pittsburgh; 1956, Biennale, Cincinnatti; 1958, Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, Frankfurt am Main; 1958-59, 1961-62, 1994, Galerie Vömel, Düsseldorf; 1963, Gutenberg-Museum, Mainz; 1967, Galerie Hatfiel, Los Angeles; 2004, 2009, Galerie Marschall, Bernried
Werke von Ernst Weiers befinden sich u.a. im Besitz folgender Sammlungen: Museum Folkwang, Essen; Museum Abteiberg, Mönchengladbach; Bayerische Staatsgemäldesammlung, München; Artothek Oldenburg; Märkisches Museum, Witten; Sammlung Faber-Castell
Literatur
Ernst Weiers zum 100. Geburtstag; München
Galerie Vömel (1994): Ernst Weiers 1909-1978. Landschaften; Düsseldorf
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Künstler-ID: 00001964