E R N S T   W E I E R S   (17.09.1909 Oespel – 03.06.1978 Bernried)

 

Weitere Werke von Ernst Weiers
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„Gefangenschaft“ (1948)

Monotypie auf Papier, verso punktuell befestigt auf schwarzem Karton
unten links in signiert „Ernst Weiers […]“, sowie unten rechts im Druck klein monogrammiert „EW“
unten rechts in Blei datiert „1948“

€ 300,-

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Titel
„Gefangenschaft“ [so unten rechts in Blei betitelt]

Größe
Größe: 16,3 x 11,2 cm (Blatt) bzw. 29,8 x 16,3 cm (unterlegter Karton)

Auflage
Auflage: Unikat

Zustand
Blatt verso punktuell befestigt auf schwarzem Karton; linker Rand uten mit kleinem Ausriss (etwa 2x1mm); rechter Rand unten minimal beschädigt und leicht fleckig; Ecken schwach bestoßen; leichte Druckstellen im Blatt; im Bereich oben links (etwa 1cm links vom Kopf der linken Frau) sehr kleiner bräunlicher Fleck

 

 

Ernst Weiers ist als Maler, Zeichner, Grafiker, aber vor allem auch als Glaskünstler bekannt. Anfangs wurde er stark von Chrstian Rohlfs und Jan Thorn Prikker geprägt, wobei er bei Letzterem auch kurzzeitig in die Lehre ging. In der Folge besuchte er die Kunstakademie Düsseldorf (1929-33) und war dort zuletzt Meisterschüler Paul Klees. Ebenso wie sein Lehrer emigrierte er 1933 in die Schweiz, wurde von dort aber 1935, obgleich Eduard von der Heydt für Weiers eine Bürgschaft abgab, nach Deutschland ausgewiesen. Er heiratete 1936 die Schauspielerin Grete Lange-Kosak und 1937 kam der Sohn Michael zur Welt. Spätestens durch die Geburt wurden mögliche Emigrationspläne gänzlich aufgegeben. In demselben Jahr (1937) wurde der Holzschnitt „Betender“ von Weiers aus dem Bestand der städtischen Kunstsammlungen Duisburg als „entartet“ beschlagnahmt und in der Folge als „unverwertbar“ wohl vernichtet [1]. Weiers zog sich vermehrt zurück und wurde schließlich zum Kriegsdienst eingezogen. 1945 geriet er in russische Gefangenschaft und kehrte erst zum Jahreswechsel 1948/49 wieder nach Hause zurück. Während der Zeit im Krieg und in der Gefangenschaft schuf er kleinformatige Zeichnungen in Tusche und auch Monotypien [2].

Die vorliegende, im kleinen Format ausgeführte Monotypie ist an das Ende der Kriegsgefangenschaft einzuordnen, ist also ein authentisches Zeugnis dieser für den Künstler so prägenden Jahre.

Ganz allgemein hat Weiers diese Szenerie mit „Gefangenschaft“ betitelt. Das Motiv zeigt drei Personen – zwei Frauen und einen Mann mit dunklem Vollbart. Alle drei tragen alte, abgerissene Kleider und alle drei sind zudem barfuß. Der Mann trägt einen Korb Äpfel bei sich und reicht der links stehenden Frau eine Handvoll davon. Die Frau hat bereits ihre rechte Hand gehoben und blickt zu dem Obst. Ungewiss ist indes, ob es sich hierbei um ein Geschenk, einen Tausch oder einen Verkauf handelt. Die zweite Frau wirkt innerhalb der Komposition als etwas ‚verloren‘, da die Kommunikation zwischen den beiden Anderen auch ohne sie abläuft. Weiers hat sie dementsprechend viel dezenter, zarter und auch kleiner ausgeführt. Sie ist deutlich zurückgesetzt und scheint ruhig dem Gespräch der beiden vor ihr Stehenden zu lauschen – und zugleich blickt sie damit (indirekt) auch den Betrachter an, zieht ihn damit hinein in das Erlebnis dieser argen Nachkriegszeit.

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[1] EK-Nr. 15111.
[2] Siehe hierzu die Kat.Nr. 6-10 in: Gemeinde Bernried (Hrsg.) [2009]: Ernst Weiers zum 100. Geburtstag; München.

 

 

Zu Ernst Weiers (17.09.1909 Oespel – 03.06.1978 Bernried):
Maler, Zeichner, Grafiker; 1926 Bekanntschaft mit Christian Rohlfs (1849 Groß Niendorf – 1938 Hagen); Weiers arbeitete als Glasmaler für Jan Thorn Prikker; Freundschaft mit Karl Schmidt-Rottluff; 1929-33 Besuch der Kunstakademie Düsseldorf (bei Heinrich Campendonk), zuletzt Meisterschüler von Paul Klee; 1933 emigrierte er in die Schweiz und lebte anfangs in Bern, später in Ascona; 1935 wurde er nach Deutschland ausgewiesen, obgleich Eduard von der Heydt (1882 Elberfeld – 1964 Ascona) für Weiers eine Bürgschaft abgab; bis 1939 lebte er in Berlin, Schapdetten und verzog schließlich nach Bernried; er schränkte seine künstlerischen Aktivitäten ein; 1936 Heirat mit der Schauspielerin Grete Lange-Kosak; das Paar lebte fortan in Bernried; 26.12.1937 Geburt des Sohnes Michael; 1937 wurde bei der Aktion „Entartete Kunst“ ein Holzschnitt Weiers aus dem Bestand der städtischen Kunstsammlungen Duisburg beschlagnahmt; 1940-45 Kriegsdienst; 1945-49 russische Kriegsgefangenschaft; nach 1949 lebte und arbeitete er in Bernried; nach seiner Rückkehr wurde er vor allem von den Galeristen Günther Franke (München) und Alex Vömel (Düsseldorf) unterstützt und gefördert; trotz seiner zahlreichen Ausstellungen und der damit verbundenen Aufmerksamkeit lebte Weiers zurückgezogen; 1959 Reise nach Elba; in den späten 1950er Jahren erhielt er von der Familie Faber-Castell einen Auftrag die Familienkapelle mit Glasfenstern auszustatten; in den hierauf folgenden Jahren erhielt er vermehrt Aufträge für die Gestaltung von Kirchen und öffentlichen Gebäuden; in den 1960er/70er Jahren malte er vor allem Landschaften

Preise
1954 Kunstpreis „Böttcherstraße“, Bremen; 1958 Preis bei der „Internationalen Triennale für farbige Originalgrafik“, Grenchen, Schweiz

Ausstellungen (Auswahl)
1929 ‚Erste Kunstausstellung‘, Castrop-Rauxel; 1949, Central Collecting Point (CCP), Munich; 1950-51, 1954, 1959 Galerie Günther Franke, Munich; 1952, 1956, 1958 „Haus der Kunst“, Munich; 1953, 1955 Kestner-Gesellschaft, Hannover; 1954, „German Graphic Arts of the 20th Century“, Dublin; 1954, Biennale, Sao Paulo; 1954, „Künstler unserer Zeit“, Kunstverein München; 1955, Carnegie Institue, Pittsburgh; 1956, Biennale, Cincinnatti; 1958, Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, Frankfurt am Main; 1958-59, 1961-62, 1994, Galerie Vömel, Düsseldorf; 1963, Gutenberg-Museum, Mainz; 1967, Galerie Hatfiel, Los Angeles; 2004, 2009, Galerie Marschall, Bernried

Werke von Ernst Weiers befinden sich u.a. im Besitz folgender Sammlungen: Museum Folkwang, Essen; Museum Abteiberg, Mönchengladbach; Bayerische Staatsgemäldesammlung, München; Artothek Oldenburg; Märkisches Museum, Witten; Sammlung Faber-Castell

Literatur
Ernst Weiers zum 100. Geburtstag; München
Galerie Vömel (1994): Ernst Weiers 1909-1978. Landschaften; Düsseldorf
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Künstler-ID: 00001964