E R N S T B A H N (09.08.1901 Bonn – 14.12.1978 Münster)
Jesus segnet die Kinder (um 1927-34)
Öl auf Leinwand, Keilrahmen, gerahmt
€ 2.700,-
Titel
ohne Titel [Jesus segnet die Kinder]
Technik
Öl auf Leinwand, Keilrahmen, gerahmt [Originalrahmen, Rahmung durch „A. Clasing / Münster i. W. / Corduanenstr. 1 / Bilderrahmung / und Bucheinband / Werkstätte“ (hierzu verso am Rahmen oben mittig teilweise abgerissenes Etikett)]
Signatur
unten links signiert „E. Bahn“, sowie links am Rahmen bez. „E. Bahn Münster i. W.“
Jahr
undatiert [um 1927-34]
Die Datierung ergibt sich anhand des Etiketts des Rahmenmachers „A. Clasing“. Als Geschäftsort wird hier die Corduanenstraße 1 angegeben, was die erste Adresse dieses renommierten Münsteraner Kunstgeschäfts war. Das Geschäft wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach 1945 wurde es zunächst in der Tannenbergstraße 28 betrieben, bevor sich Räumlichkeiten am Prinzipalmarkt 24–26 fanden.
Bedenkt man nun, dass erstens Bahn “zwischen 1927 bis 1934 mehrere Aufträge für die Gestaltung von Altargemälden in neu erbauten Kirchen und Kapellen in Westfalen [erhielt]” (Kauder-Steiniger 2012: 38) und, dass zweitens von Bahn “ab 1939 nur noch wenige Werke entstanden” (ebd.: 42), dann ergeben sich daraus die plausiblen zeitlichen Grenzen von 1927-1939, wobei ein Zeitraum zwischen 1927-34 als sehr wahrscheinlich angenommen werden darf.
Größe
Größe: 80 x 99,8 cm (ohne Rahmen) bzw. 94,5 x 114,5 cm (mit Rahmen)
Zustand
mitunter leicht fleckig; Leinwand an den Rändern etwas berieben (unter Rahmung nicht sichtbar); im Eckbereich unten rechts sehr leichte Druckstelle
Rahmen verso etwas berieben
Rahmen an Kanten etwas berieben, partiell mit kleineren Abplatzern, sowie Ecken etwas bestoßen
Provenienz
vormals im Bestand des Caritas-Verbandes für die Diözese Münster [Hierzu verso auf Keilrahmen unten rechts kleines Sammlungsetikett mit Nummer „4014“]
Werkbeschreibung
„Ernst Bahn erhielt von 1927 bis 1934 mehrere Aufträge für die Gestaltung von Altargemälden in neu erbauten Kirchen und Kapellen in Westfalen. Die großformatigen Gemälde, entweder als gerahmte Bilder auf Leinwand oder als Fresken direkt auf der Altarwand, zeigen Bahns Auseinandersetzung mit dem Problem einer modernen, d. h. zeitgemäßen und der neuen Sakralarchitektur angemessenen religiösen Malerei, nüchtern, ohne Goldglanz und ‚Süßelei‘, wie die Kritik hervorhob. Das war für viele Auftraggeber und Künstler im katholischen Westfalen in den 1920er und 1930er Jahren ein wichtiges Anliegen“
(Kauder-Steiniger 2012: 38).
Dieses hier vorliegende, großformatige Gemälde wird eines jener beschriebenen religiösen Gemälde sein. Die zeitliche Einordnung ergibt sich neben der malerischen Ausführung und der Kleidung der dargestellten Personen vor allem durch das Etikett des Rahmenmachers Clasing (siehe Anm. 1), welches den Standort der Werkstatt in die Corduanenstraße 1 verlegt. Diese Räumlichkeiten wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach nicht wieder als Geschäftsort genutzt.
Ernst Bahn zeigt eine Szene mit dem zentral sitzenden, ganz in reines Weiß gekleideten Jesus. Dieser segnet Kinder, die ihm von einem Vater und zwei Müttern herbeigeführt bzw. zugetragen werden [1]. Links auf der Bildseite ein Vater, der seinen Hut abgenommen hat und ein kleines, etwas ängstlich blickendes Kind an der Hand führt. Vor dem Vater stehen drei weitere Mädchen unterschiedlichen Alters. Rechts im Bild zwei Mütter, die jeweils ein Kleinkind tragen. Rechts am Bildrand ein kleiner Junge mit Apfel in der Hand und ganz mittig, dem Betrachter den Rücken zukehrend, sich ganz auf Jesus konzentrierend, ein weiterer Junge.
Die ganze Figurengruppe ist platziert in eine farblich reduziert dargestellte Landschaft mit weiten Feldern, Wäldern und entfernten Hügelketten.
Kompositorisch ist hierbei interessant, dass Ernst Bahn sowohl bei den Erwachsenen als auch bei den Kindern ein deutliches Übergewicht bei den Frauen bzw. Mädchen legt. Es sind zwei Frauen und ein Mann, sowie fünf Mädchen und zwei Jungen. Und das Kleinkind auf dem Arm der knienden Mutter ist geschlechtlich nicht zuordbar. Diese weibliche Mehrheit könnte vielleicht darauf verweisen, dass Frauen in Jesu Leben eine besondere Stellung einnehmen und ihm besonders treu ergeben sind. Daneben ist aber auch an die Folgen des Ersten Weltkrieges zu denken, dem viele Männer zum Opfer fielen, so dass es zwangsläufig einen gewissen Mehranteil an Frauen gab.
Malerisch zeigen sich in Teilen Bezüge zur Neuen Sachlichkeit, wobei Bahn dies keinesfalls unterstreicht oder gar überstrapaziert. Markant wird dies bspw. beim Gesicht der stehenden Frau rechts oder auch bei dem größeren Mädchen links. Farblich zeigen sich die Figuren zurückhaltend und zumeist tonig, so dass der weiße Jesus auf seinem roten Tuch das Zentrum des Bildes ist.
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[1] Biblisch bezieht sich Bahn damit auf die bekannten Stellen bei Matthäus 19,13-1, Markus 10,13-16 und Lukas 18,15-17.
Zu Ernst Bahn (09.08.1901 Bonn – 14.12.1978 Münster):
Maler, Zeichner, Grafiker, Restaurator, Kunsterzieher.
Als Ernst Bahn zehn Jahre alt war, starb sein Vater und die Mutter zog mit den drei Kindern nach Koblenz.
Ab 1916 Besuch der Kunstgewerbeschule Koblenz.
1918-21 Besuch der Werkschule Köln, wobei sein lehrer Wilhelm Schuler von besonderem Einfluss war.
Auf Raten von W. Schuler absolvierte Bahn ein einjähriges Volontariat bei einem Wandmaler.
In Köln lernte er Hermann Kraus, Sohn der Kunsthändlerin Elisabeth Kraus (Münster), kennen.
1922 Umzug nach Münster, dort lebte er u. a. am Hansaring 43, sowie später in der Kapitelstraße 35
1928 Heirat mit Ottilie Schmidt.
Reisen in die Niederlande und auf die ostfriesische Inseln, sowie nach Paris.
1932 Geburt eines Sohns.
Ernst Bahn erhielt viele öffentliche Aufträge, u. a. für Altarbilder.
Im Zweiten Weltkrieg war er Soldat, wurde 1944 in Belgien verwundet und kam in amerikanische Kriegsgefangenschaft (Camp Indiantown, USA).
Im Weltkrieg wurde die Familie viermal ausgebombt, was auch einen großen Verlust des bisherigen Schaffens von Ernst Bahn bedeutete. Zeitweise lebte die Ehefrau kriegsbedingt in Würzburg.
März 1946 entlassen aus der Gefangenschaft und hierauf erneut u. a. für Kirchen tätig.
1953-73 Kunsterzieher am Clemens-Brentano-Gymnasium in Dülmen.
1967 Tod der Ehefrau.
1968 zweite Heirat.
Ausstellung (Auswahl)
— 1922 Kunsthandel Kraus, Münster; Regelmäßige Teilnahme an “Schanze”-Ausstellungen
— 1934 Teilnahme an “Westfälische Künstler”, Verein Berliner Künstler
— 1936 Teilnahme an “Deutsche Wandmalerei der Gegenwart”, Städtische Ausstellungshalle, Karlsruhe
— 1936 Teilnahme an “Westfront 1936. Freie Kunst im neuen Staat”, Essen
— 1937 Teilnahme an “Westfalens Beitrag zur Deutschen Kunst der Gegenwart”, Landesmuseum Münster
— 1939, 1942 Teilnahmen an “Die Kunst der deutschen Stämme. I. Westfälische Künstler”, Städtisches Kunst- und Altertumsmuseum Rostock
— 1941 Teilnahme an “Volk der Arbeit”, Landesmuseum Münster
— 1942 Teilnahme an “Der deutsche Westen”, Kölnischer Kunstverein
— 1978 “Ernst Bahn Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik”, LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster
— 1980 Einzelausstellung, Heimathaus Münsterland, Telgte
— 2001 „Ernst Bahn, Gemälde – Grafik – Zeichnungen“, Stadtmuseum Münster
— 2012-14 vertreten bei “Anpassung – Überleben – Widerstand. Künstler im Nationalsozialismus”, Münster – Detmold – Wewelsburg – Iserlohn – Lüdenscheid – Soest
— 2019 Teilnahme an “100 Jahre Freie Künstlergemeinschaft Schanze”, Stadtmuseum Münster
Mitgliedschaften
“Die Schanze”, Münster
“Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst”
Preise
1935 Grafikpreis “Jung Westfalen”
Sammlungen
Osthaus-Museum Hagen
Stadtmuseum Münster
RELíGIO – Westfälisches Museum für religiöse Kultur (Telgte)
Literatur
— “Artists of the World (AOW) / Allgemeines Künstlerlexikon (AKL)”, Onlineversion, De Gruyter-Verlag
— Kauder-Steiniger, Rita (2012): Ernst Bahn, in: Kösters, Klaus (Hrsg.): Anpassung – Überleben – Widerstand. Künstler im Nationalsozialismus, Münster: Aschendorff Verlag, S. 35-42