E D U A R D   S T E I N E R   (06.09.1907 München – 10.12.1993 Grafrath)

 

Weitere Werke von Eduard Steiner
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vier übereinander liegende männliche Leichen (1946)

Tuschpinsel, Tuschfeder auf dünnem, sandfarbigem Papier, ungerahmt
unten mittig monogrammiert „E St“
unten rechts datiert „1946“

€ 550,-

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Titel
ohne Titel [vier übereinander liegende männliche Leichen (Teil eines Massengrabes?)]

Größe
Größe: 29,9 x 41 cm

Zustand
leichte Druckstellen im Blatt; im Bereich eines früheren Passepartoutausschnitts leicht nachgedunkelt / gebräunt; Blattränder sehr leicht uneben zugeschnitten

 

 

Die vorliegende Zeichnung entstand 1946 und damit nur kurze Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Eduard Steiner wird hier versucht haben zeichnerisch Erlebnisse und Gesehenes zu verarbeiten. – Unaussprechliches soll darstellbar gemacht werden.

Konkret zeigt uns der Künstler in schnellen, expressiven Tuschpinselstrichen ein Gemenge aus Körpern und Gliedmaßen, die sich erst nach genauerem Betrachten zu vier nackten Körpern bilden – und man kann es jetzt bereits sagen: es sind männliche Leichen. Ganz markant liegt einer dieser Körper über allen anderen und er hat die Arme seitlich ausgebreitet, gerade so, als ob Steiner damit auf den Kreuzestod Christi verweisen möchte, was bei dem anthroposophisch beeinflussten Künstler sicherlich plausibel wäre.

Die Leichen liegen wie hingeworfen vor uns – die Gliedmaße sind verrenkt und die Körper liegen gerade so, wie sie hingefallen sind. Doch die einzelnen Gesichter scheinen mit ihren offenen Mündern und ihren schwarzen Augen lautlose, anklagende Schreie auszustoßen.

In der damaligen frühen Nachkriegszeit, war derartige Kunst alles andere als populär, wurde stattdessen eher abgelehnt und verächtlich gemacht. Die Konfrontation mit dem Grauen des Krieges sollte nicht stattfinden. Dass das Individuum aber nicht von diesem Grauen loskam, führt Eduard Steiner hier schonungslos vor Augen. Sicherlich wird er diese Zeichnung nicht für den Verkauf ausgeführt haben, sondern vielmehr war es eine ganz private Arbeit, die vielleicht sein persönlicher Weg zur Verarbeitung des Vergangenen war.

 

 

Zu Eduard Steiner (06.09.1907 München – 10.12.1993 Grafrath)
Maler, Zeichner, (Gebrauchs-)Grafiker, Bildhauer, Bühnenbildner; Sohn des Ingenieurs Johann Wolfgang Karl Steiner; ab 1924 Studium an der Kunstgewerbeschule München (u.a. bei Emil Preetorius und Leo Pasetti); zu dieser Zeit arbeitete er bereits als Bühnenmaler für das Nationaltheater München; ab 1927 selbstständige Tätigkeit als technischer Zeichner, Grafiker und Kunstmaler; zu seinen Auftraggebern zählten sowohl Unternehmen wie auch private Personen / Sammler; in den frühen 1940er Jahren lebte Steiner im Generalgouvernement Krakau und arbeitete dort u.a. als Grafiker; am 13.07.1943 wurde sein Münchner Atelier durch einen Bombenangriff zerstört und ein Großteil seines damaligen Schaffens ging verloren; 1947 kam er wegen anhaltender Nierenbeschwerden nach München ins biologische Krankenhaus Höllriegelskreuth; dort machte er die prägende Bekanntschaft mit Rudolf Hauschka, Max Kaphahn und Maja Mewes, den Begründern der anthroposophisch ausgerichteten „WALA Heilmittel GmbH“; Eduard Steiner blieb der „WALA“ bzw. der „Dr. Hauschka Naturkosmetik“ fortan eng verbunden; zu dieser Zeit lebte Steiner in München-Solln (Heilmannstr. 27), später in Baierbrunn (Buchenstr. 4); 1953 Heirat mit Beate Pannen, Tochter des Verlegers Wilhelm Pannen und dessen Frau, der Malerin und Illustratorin Cläre, geb. Baum; ab etwa den späten 1950er Jahren konzentriert er sich vor allem auf kartographische Arbeiten, gründet in diesem Kontext die „Steiner Verlag GmbH“ und erstellt insbesondere Kurwegkarten nach einem eigenen System für u.a. Garmisch-Partenkirchen, Bad Tölz, Bad Wiessee und Bad Reichenhall

Eduard Steiner malte vor allem Landschaften, Stillleben und figürliche Kompositionen. Gerade unter dem Eindruck des Krieges entstanden dabei ungemein drastische, ausdrucksstarke Werke. In den 1950er Jahren fand Steiner nochmals zu einem neuen künstlerischen Ausdruck, der in seinem informellen, abstrakten Gestus in Teilen an Fritz Winter erinnert, zugleich aber auch – gerade bei dem Kolorit – Einflüsse der Anthroposophie erkennen lässt.

Ausstellungen
1939-41 „Münchner Kunstausstellung“, Maximilianeum, München
1942 „Große deutsche Kunstausstellung“, Haus der deutschen Kunst, München (es wurden zwei seiner Rußland-Werke gezeigt)
1944 „Deutsche Künstler und die SS“, Breslau & Salzburg (das Gemälde „Kameraden“ wird gezeigt)
1958 Schaetzlerpalais, Augsburg (es wurden etwa 200 Werke der Jahre 1936-58 gezeigt)
1981 WALA-Gebäude, Bad Boll