E D M U N D   E R N E S T – K O S M O W S K I   (23.07.1900 Warschau – 10.03.1985 Honfleur (Calvados))

 

Weitere Werke von Edmund Ernest-Kosmowski

 

 

Vier Kartenspieler im Frontstalag 210 (Straßburg) (1940)

Bleistift auf Karton

€ 1.100,-

Kaufanfrage

 

 

 

 

Titel
ohne Titel [Vier Kartenspieler im Frontstalag 210 (Straßburg), hierzu unten links bezeichnet „Strassburg“]

Signatur
unten rechts monogrammiert „EE“, sowie unten links signiert „E. Ernest“

Jahr
unten links datiert „21. VII 1940“
[Die Datierung ist auch deswegen von besonderer Bedeutung, da das Stalag 210 erst am Tag zuvor (20. Juli 1940) eröffnet wurde.]

Größe
Größe: 31 x 23 cm (Zeichnung) bzw. 41,5 x 32,5 cm (Karton)

Zustand
insgesamt etwas stockfleckig und leicht fleckig; etwas nachgedunkelt; in den Ecken Reste von früherer Befestigung; Karton verso etwas fleckig

 

 

Ernest-Kosmowski war ein ungemein talentierter und vielseitiger Künstler, der einen Großteil seines jungen Lebens in der polnischen Armee bzw. im Kampf gegen das Dritte Reich einsetzte, so dass er sich künstlerisch erst verspätet voll entwickeln und etablieren konnte.
Es daneben ganz erstaunlich, dass es ihm gelang nicht nur während des Russisch-Polnischen-Krieges (1919-21) aus einem Gefängnis zu entkommen, sondern er dies auch 1939 aus ungarischer Haft und 1940 aus dem Stalag 210 in Straßburg schaffte. Und in diesem Zusammenhang schreibt Georges Pillement:

„Il reçoit de ce fait, la croix de guerre avec étoile de bronze. Voilà de nouveau Kosmowski prisonnier. Il se trouve dans le Front Stalag 210 à Strasbourg et il parviendra à en sortir grâce à de faux papiers et à la complicité d‘un Sudète dans des conditions tout à fait rocambolesques. Un avis de recherches est lancé contre lui, mais il faut croire qu‘il inspire la sympathie, car le patron du buffet de Colmar où il attend un train pour Paris le cache dans son appartement quelques heures pour le soustraire aux recherches. Il débarque à Paris sans argent, ne baragouinant que quelques mots de français et sans l‘ombre d‘une relation. Pendant douze jours, il couchera sous les ponts ou aux Halles, se nourissant de carottes crues. Un clochard polonais le conduit à la Bibliotheque Polonaise sur le quai d‘orleans, dans l‘ile Saint-Louis. Là le concierge lui offre une tasse thé et deux patits pains et comme il a de faux papiers d’infirmier, il se rend au Service de la Santé pour être démobilisé au Val de Grâce où il restera quelque temps.“ [1]

Die vorliegende Zeichnung zeigt eine detaillierte Szene aus dem genannten Stalag 210 in Straßburg. In der Monographie von Georges Pillement finden sich Abbildungen von vier weiteren Zeichnungen des Künstlers aus dieser Haftzeit (Abb. siehe unten).
Vor uns sehen wir vier Kartenspieler, die auf Kisten sitzen.
Künstlerisch ist es erstaunlich zu sehen, mit welch moderner Auffassung Ernest-Kosmowski die figürliche Szenerie einfängt. Diese kühle, strenge Distanziertheit erinnert dabei unweigerlich an Arbeiten der Neuen Sachlichkeit.

——————————————————
[1] Pillement, Georges (1978): Ernest Kosmowski, Paris: Éditions Visages du monde, p. 6.

 

 

Zu Edmund Ernest-Kosmowski (23.07.1900 Warschau – 10.03.1985 Honfleur (Calvados)):
Maler, Zeichner, Grafiker, Plakatkünstler, Dekorateur.
1916 tritt er der polnischen Armee bei und nimmt am Polnisch-Ukrainischen-Krieg (1918-19) teil.
1919-21 wird er während des Russisch-Polnischen-Krieges inhaftiert, kann aber aus dem Gefängnis entkommen.
Ab 1921 Jura-Studium in Warschau, parallel dazu nimmt er Zeichenunterricht an der Wojciech-Gerson Zeichenschule.
1924-26 Kontakte mit polnischen Kubisten.
1926-32 Besuch der Kunstakademie Warschau.
Ab 1932 nimmt er an mehreren Plakat-Wettbewerben teil und kann davon auch mehrere gewinnen.
Heirat mit Halina Kmiekowiak, das Paar hatte eine Tochter. Die Frau wird 1943 im Lager Ravensbrück erschossen und die Tochter stirbt im Krieg.
Ab 1937 Arbeit als Innenarchitekt und Dekorateur.
1938 war er verantwortlich für die festliche Gestaltung Warschaus zur Feier zum 20jährigen Bestehen Polens.
Mit Kriegsbeginn 1939 ist er Teil der polnischen Armee. Nach deren Niederlage kommt er nach Ungarn, wird dort interniert, kann aber entkommen und reist nach Frankreich. In Frankreich wird er Führer einer Beobachtertruppe innerhalb der neuen polnischen Exil-Armee in der Normandie.
Im Sommer 1940 internirt im Frontstammlager (Front Stalag) 210 in Straßburg. Mithilfe von gefälschten Dokumenten konnte er nach Paris entkommen. Als ihn auch dort deutsche Truppen suchten, setzt er sich in die Normandie ab und schließt sich dort der Résistance an.
Im November 1943 wird er Teil einer polnischen Widerstandsgruppe and es ist auch das erste Mal, dass er den Ort Honfleur besucht. Die Widerstandsgruppe wird besiegt und er reist erneut nach Paris.
Bis 1948 bleibt er in Paris und ist engagiert in Kulturabteilungen. Für seine Leistungen im Krieg wird er mehrfach ausgezeichnet.
Aufgrund seines Gesundheitszustandes wid er in ein Sanatorium nach Nizza geschickt und kommt dort in Kontakt mit Pierre Bonnard.
In den 1950er Jahren erhält er die französische Staatsangehörigkeit. Er heiratet Janine Sockeel und das Paar hat zwei Kinder (Jean-Marc and Hélène).
Ernest-Kosmowski nimmt erneut an zahlreichen Plakatwettbewerben teil.
Seit 1960 ist er mit seiner Familie immer wieder in Honfleur. Maurice Saelens (Gründer der „Société des Artistes Honfleurais“) unterstützt ist maßgeblich.
1965 kommt er in Kontakt mit dem us-amerikanischen Galeristen und Kunsthändler George Wiener (New York).
Ab 1970 erfolgte der Umzug nach Honfleur.

Einzelausstellungen
1959 seine erste Einzelausstellung in seinem Atelier in Paris
1965, 1967, 1969 Gallery George Wiener, New York
1987 Retrospektive, Grenier à Sel, Honfleur
ab 1991 Gallery Boudin, Honfleur
1992 Gallery Arts Tournelles, Paris
1998 Retrospektive, Museum Eugène Boudin, Honfleur

Mitgliedschaften
Mitgründer der „Union des artistes polonais“

Sammlungen
Universität Caracas
Ministère de l’éducation nationale, Paris
Musée Carnavalet, Paris
Musée d’art moderne de la Ville de Paris
Eugène Boudin Museum Honfleur
Nationalmuseum, Warsaw

Literatur
Pillement, Georges (1978): Ernest Kosmowski, Paris: Éditions Visages du monde
Sagner, Karin: Edmund Ernest-Kosmowski, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion
Verdier, Luc (o.J.): L’univers d’un peintre, Honfleur: Galerie Boudin

 

 

Aus: Georges Pillement (1978): Ernest Kosmowski, Paris: Éditions Visages du monde