R I C H A R D    H A M E L    (12.09.1853 Potsdam – 07.09.1924 Oldenburg (Oldb.))

 

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zwei Briefe vom 27.12.1910 & 17.06.1911

zwei Briefe, jeweils dunkle Tinte auf schwarz umrandetem Briefpapier, 4 bzw. 3 ½ Seiten beschrieben, mittig jeweils horizontal gefaltet

€ 190,-

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Titel
o.T. [zwei Briefe (vom 27.12.1910 & 17.06.1911) an Dr. Fritz Böckel (12.06.1878 Weimar – 27.12.1956 Jena)]

Jahr
jeweils lokalisiert und datiert „Oldenburg i.Gr. 27 Dez. 10“ bzw. „Oldenburg i.Gr. 17 Juni 11“

Signatur
am Ende des Schreibens signiert „Mit allen guten Wünschen / Ihr ergebenster Hamel“ bzw. „In alter Verehrung mit herzlichen Grüßen Ihr DrHamel“

Größe
Größe: jeweils 18 x 11,3 cm (Seitengröße)

Zustand
jeweils mittig gefaltet; Ecken leicht bestoßen; leichte Druckstellen

 

 

Die beiden vorliegenden – teilweise etwas schwer leserlichen – Briefe Richard Hamels sind gerichtet an Dr. Fritz Böckel (1878 Weimar – 1956 Jena). Der Jurist Dr. Böckel war neben seiner Tätigkeit als Anwalt auch schriftstellerisch aktiv und verfasste mehrere Aufsätze zu Autoren (u.a. Liliencron).

Mitunter ist Hamel in den Schreiben sehr persönlich, spricht von seiner verstorbenen Frau, weiteren Plänen, dem Verlagsleben, usw. So heißt es bspw.: „Mein heißgeliebtes Weib ist tot, für sie habe ich mich ganz geopfert, aber für wen nun in der Sklaverei verharren? Eines gemächlichen Lebens wegen?“ Daneben ist er aber auch immer wieder humorvoll, wenn er bspw. gegen Ende schreibt, dass Dr. Böckel „Seeluft und Seehund mit nach Jena zurück [bringen]“ möge.

 

 

Richard Hamel (12.09.1853 Potsdam – 07.09.1924 Oldenburg (Oldb.)):
Journalist, Schriftsteller; Besuch der Gymnasien in Potsdam, Hamm, Küstrin und Friedland; Studium der Germanistik, Philosophie und Naturwissenschaften in Göttingen, München, Zürich, Bern und Rostock; 1878 Promotion mit einer Arbeit über Klopstock; 1878 Heirat mit Anna Hundhausen (? – 1881); das Paar zog nach Finnland und Hamel unterrichtete an einer Mädchenschule in Helsingfors; 1880 Rückkehr nach Deutschland und tätig als freier Schriftsteller; neben weiteren Klopstock-Studien entstanden eigene Gedichte; aus finanziellen Gründen war er gezwungen ab 1882 als Journalist zu arbeiten und wirkte dabei in Görlitz, Frankfurt (Oder), Halle a.d.S., Mannheim und Hannover; er verfasste vornehmlich Texte für den Politikteil und das Feuilleton; ab 1897 fokussierte er sich in Hannover auf das Feuilleton und wurde vor allem für seine Theaterkritiken bekannt; 1899 Heirat mit der Schauspielerin Gertrud Giers (1855-1910); 1903-22 Feuilletonredakteur und Theaterkritiker der „Nachrichten für Stadt und Land“ in Oldenburg; 1916 wurde er von Großherzog Friedrich August zum Professor ernannt

 

 

Text des Briefes vom 27.12.1910 von Richard Hamel an Dr. Fritz Böckel:

Zunächst Ihnen zum Neuen Jahr alles Gute zu wünschen, Ihnen und den Ihrigen, ‚vergesse[?] ich usw.‘ Möge der Gott des Zwiespalts Ihnen viele und fette Prozesse verschaffen, und möge die Zwietracht fruchtbar sein und sich mehren auf Erden.
Dann benagt mich die Neugier, zu erfahren, ob Ihnen der Verlag die M.[ark] 93 Honorar gesandt hat. Ich bin seit einiger Zeit wieder krank und gehe nicht aufs Bureau, und so habe ich noch nicht erfahren,

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Ob man sich dort vom Mammon hat trennen können. Um die Pille zu versuchen habe ich z.B. alle anderen Artikel mit aufgerechnet als gratis geliefert (was ja auch für die Zeitung der Fall ist, so und so); ich hielt das für zweckmäßig, um die Zahlung zu beschleunigen.
Aber ich bin sehr gespannt, ob Sie das Geld bekommen haben. Gewöhnlich dauert es nämlich – unter uns! – ein Jahr, auch zwei Jahre, ehe die Moneten flüssig werden. Ein angenehmer Brauch, nur nicht immer sehr praktisch für das Blatt. Indessen, was soll der … tun? Er muß die Stunde

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[…]: Allah il Allah!
Wie ich es satt habe, […] nicht hunderttausend Türkenkehlen in Mekka zum heiligen Stein emporschreien, mühen würde es freilich auch nichts, der Stein würde sich nicht erweichen, Mein Sinn richtete sich aber mehr und mehr auf Freiheit; die paar Jahre die ich noch vor mir habe, möchte ich manches zu Stande bringen, was mich noch brennt. Mein heißgeliebtes Weib ist tot, für sie habe ich mich ganz geopfert, aber für wen nun in der Sklaverei verharren? Eines gemächlichen Lebens wegen?

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Lieber trocken Brot und Freiheit, zu sinnen und zu denken. Ich will sehen, wie ichs fertig bringe.
Geben Sie mir gelegentlich ein Zeichen Ihres Wohlwollens und empfehlen Sie mich, unbekannter Weise, Ihrer hochverehrten Gemahlin. Was macht der Stammhalter?
Mit allen guten Wünschen Ihr ergebenster Hamel“

 

 

Text des Briefes vom 17.06.1911 von Richard Hamel an Dr. Fritz Böckel:

„Sehr verehrter Herr Doctor Böckel!
Soeben (Sonnabend früh) erhalte ich die Nachricht, daß Sie gestern bei Ihrer Dienstfahrt nach Norderney sich einige Zeit in Oldenburg aufgehalten haben. Ich bedaure lebhaft, daß ich Sie nicht begrüßen durfte, was ich mir nicht hätte entgehen lassen, wenn ich rechtzeitig von Ihrer Ankunft wäre unterrichtet

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Worden. Ich war am Pfingstsonntag in Jena, konnte aber auch, halbtot von der Nachtfahrt und Familienangelegenheiten beschlagnahmt, an einen Besuch bei Ihnen nicht denken. Die Rückkehr in den überfüllten Zügen mit […] Verspätung war schon […] eine Tortur.
Sie haben es jetzt besser auf dem schönen Norderney. Interviewen Sie nur den […], der ja nun auch dort wieder einrudern wird. Wie lange bleiben Sie dort? Wenn

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Sie heimkehren, richten Sie es bitte ein, daß ich es vorher weiß und wenigstens am Zuge sein kann, um Ihnen guten Tag zu sagen. Wahrscheinlich sind Sie mit … ich bitte mich in diesem Falle aufs Schönste zu empfehlen.
In diesem Jahre […]

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Nun … Sie sich mir gut und bringen Seeluft und Seehund mit nach Jena zurück.
In alter … mit herzlichen Grüßen Ihr DrHamel“