A N N A    P A U L O W N A    ( N O N A )    V O N    K Ö N I G    (22.03.1873 Rathenow – 1946[?])

 

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Brief vom 22. April 1944 an „Herrn von Bülow“

Brief vom 22. April 1944 an „Herrn von Bülow“, bei dem es sich möglicherweise um den Juristen und Künstler Joachim von Bülow (1877-1949) handelt.

€ 440,-

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Technik
dunkle Tinte auf 2 Briefpapieren, gefaltet, 8 Seiten beschrieben

Datierung
oben rechts lokalisiert & (etwas undeutlich) datiert „Tutzing / 22.4.[19]44“

Signatur
am Ende des Schreibens signiert „Ihre Nona König“

Größe
Größe: 18,1 x 14,1 cm (Seitengröße)

Zustand
die beiden Papiere jeweils gefaltet; mit leichten Druckstellen; partiell schwach fleckig

 

 

Anna Paulowna (Nona) von König (22.03.1873 Rathenow – 1946[?]) war eine Schwester des Künstlers Leo von König (1871 Braunschweig – 1944 Tutzing).

Dieser vorliegende, achtseitige Brief datiert auf den 22. April 1944 und deutlich steht dieser damit in Zusammenhang mit dem Tod des Bruders Leo (gest. 19.04.1944). Dessen letzte Lebenszeit und sein Ableben nehmen dann auch den Hauptteil des sehr inhaltsreichen und sehr persönlichen Schreibens ein. So heißt es beispielsweise: „So hat er wohl während des Dämmerzustandes andre schönere Bilder gesehen, und so ist er trotzdem die Welt um uns einschläft in einen grossen Frieden heimgegangen und ein andres weit geöffnetes Tor wird Leo in dem Augenblick gesehen haben, als er sich kurz vor seinem Tode nochmal aufrichtete und mit grossen klaren Augen eine Herrlichkeit schaute, die nun mehr verborgen ist.“

Gerichtet ist der Brief an einen „Herrn von Bülow“, bei dem es sich womöglich um den in Berlin lebenden Juristen und Künstler Dr. Joachim (Jochen) von Bülow (1877 – 1949[?]) handelt.

 

 

Text des Briefes von Nona von König an Herrn von Bülow:

 

„Tutzing, 22.4.[19]44.

 

Mein lieber Herr von Bülow.

Durch die traurigen Nachrichten die schwere Erkrankung meines Bruders betreffend, die von Mal zu Mal ernster und besorgniserregender wurden, bin ich nicht dazu gekommen Ihnen für Ihren so lieben Geburtstagsbrief zu danken, aber nun möchte ich Ihnen vor meiner Heimreise einen Gruss senden aus dem Hause,

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aus dem man ihn zur letzten Bahre getragen hat. Es war immer mein grosser Wunsch gewesen, dass Sie in nähere Beziehung zu ihm getreten wären, damit Sie ihn nicht nur durch seine Bilder als Künstler sondern auch als Menschen gekannt hätten. Es geht Vielen wie mir: er hatte ein so lebhaftes Temperament, sein Alter war ihm noch nie zur Last geworden, dass das ‚Nie wieder‘ noch immer schwer zu fassen ist. Er stand noch auf der Höhe seiner Kunst, bedeutete noch so vielen Menschen etwas, dass ich immer angenommen

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habe die Zielspanne seines Lebens wäre ihm nicht gesteckt, seines Schaffens und Wirkens wäre noch kein Ende und dass auch ihm beschieden sei das Ende dieses Weges, obwohl er sehr unter den Grausamkeiten desselben litt, zu erleben. Seine Gedanken haben sich damit in den letzten Leidenswochen kaum noch beschäftigt. So hat er wohl während des Dämmerzustandes andre schönere Bilder gesehen, und so ist er trotzdem die Welt um uns einschläft in einen grossen Frieden heimgegangen und ein andres weit geöffnetes Tor wird Leo in dem Augen-

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blick gesehen haben, als er sich kurz vor seinem Tode nochmal aufrichtete und mit grossen klaren Augen eine Herrlichkeit schaute, die nun mehr verborgen ist. Ehe er so weit war hat er viel leiden müssen. Während der 7 Wochen, die er mit meiner Schwägerin in München in der Klinik von Prof. Lange[?] zubrachte, hat man nicht erkannt, dass sich in der Leber Geschwülste gebildet hatten, erst nach seiner Rückkehr nach hier vor ein paar Wochen wurde das hoffnungslose Leiden vom hiesigen Hausarzt erkannt, der dann so viele

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Betäubungsmittel verwandte, dass mein Bruder infolge des Nachlassens der Schmerzen an eine Besserung glaubte.

Ich kann mich noch nicht gegen ein Gefühl der inneren Vereinsamung wehren, da nun das letzte Band, das einem mit dem Elternhause verband gerissen ist. Da ist es gut zu wissen, dass man Freunde hat, wie Sie und die Hiesigen es mit geworden sind, von denen ich weiss, dass ich mit Leid und Freude zu ihnen kommen

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kann. Ihr letzter lieber Brief gab mir wiederum diese Gewissheit, und ich bin Ihnen unendlich dankbar dafür.

Meine Schwägerin fragte mich, ob ich irgend einen Wunsch hätte, an ein Andenken von Leo, ich bat sie um eine Skizze für Sie, lieber Herr von Bülow, und sobald sie in das Berliner Heim zurückkehrt, wird sie etwas aussuchen und meine Bitte erfüllen.

Wir wussten noch nicht wie Recht der Architekt Firle [2] hatte, als er am Grabe sagte: ‚Der liebe

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Gott muss Dich sehr lieb gehabt haben, dass er Dir zu Deiner letzten Fahrt einen so strahlenden Tag beschieden hat‘ denn am nächsten Tage war es nicht allein kalt, regnerisch, alles grau in Grau, sondern es gingen auch keine Züge und die Trauergäste von weit her wären am Herkommen verhindert gewesen.

Ich fahre heute Nacht nach Hause und hoffe stark zu bleiben meinen Kindern und meiner Arbeit zu Liebe.

Bitte sagen Sie Herbert, dass ich ihm in einiger Zeit schreiben

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werde. Sie alle sind so viel in meinen Gedanken und jetzt mit dem Bedauern, dass Leo nicht wenigsten eine Skizze von Ihrer süssen Frau gemacht hat. Sie wäre so sehr sein Typ gewesen. Grüssen Sie sie und die Kinder herzinnigst.

Mit Dank für Ihre gute Freundschaft, die ich von Herzen erwidere

Ihre

Nona König.“

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[1] Nona von König hatte am 22. März 1944 ihren 71. Geburtstag.
[2] Otto Firle (14.10.1889 Bonn – 04.07.1966 Düsseldorf).

 

 

 

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