U N B E K A N N T : niederländischer Künstler „Ossenberg“, aus der Sammlung Dr. Leofried Adelmann
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Öl auf Leinwand; auf Holz aufgezogen; gerahmt [wohl der Rahmen, der bereits bei der Adelmann-Versteigerung vorhanden war];
undeutlich datiert „Px. 1760“
Rahmengrösse: 72,8x59cm
Leinwandgrösse: 60,5×44,5cm
in der Bildmitte (auf dem Mauerstück) etwas undeutlich signiert und datiert „F. Ossenberg [?] / Px. 1760“
bez. in dem Versteigerungskatalog der Sammlung von Dr. Leofried Adelmann (s.u.): „Die Anbetung der Hirten“; am Rahmen unten auf kleinem Messingschildchen ebenso betitelt; das Werk ist beim „Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie (RKD)“ (Den Haag) registriert unter der Nummer 1001135105
€ 3.250,-
Zustand
Leinwand mit zwei vertikal verlaufender, oberflächlicher Beschädigungen (hinterlegt); in Bildmitte (bei Signatur/Datierung) oberflächlich etwas berieben; Rahmen mit Gebrauchsspuren (etwas berieben, teilw. etwas rissig)
Provenienz
1) Sammlung Dr. med. Leofried Adelmann (04.12.1819 Löwen (Leuven) – 22.08.1884 Würzburg)
2) dessen Nachlass-Versteigerung, im Schrannen-Saal (Würzburg) vom 09.-16.07.1888 [„Katalog der reichhaltigen Sammlung von Kunstsachen und Gemälden aus dem Nachlasse des Herrn Dr. Leofrid Adelmann in Würzburg; J.M. Heberle (H. Lempertz´ Söhne); Köln; Los 2163 (S. 201)]
3) Privatbesitz [verso auf Rahmen Ausschnitt aus dem Versteigerungskatalog zu dem ‚Ossenberg‘-Los, darüber in dunkler Tinte bez. „Ersteigert aus der Adelmannschen Sammlung, 16. Juli 1888 um [?durchgestrichen?] Mark“; von derselben Hand auf dem Rahmen u.r. kleines (Sammlungs-?)Etikett mit handschriftl. Nummerierung „1133“
Die vorliegende „Anbetung der Hirten“ war vormals Teil der sehr umfangreichen und erlesenen Kunstsammlung des Würzburger Magistratsrats Dr. med. Leofried Adelmann (04.12.1819 Löwen – 22.08.1884 Würzburg). Zu dem Sammler Adelmann schreibt Walter M. Brod: „Als wohlhabender Mann war Leofried Adelmann auch ein bedeutender Kunstkenner und Sammler. Seine Kunstschätze waren über Würzburg hinaus bekannt. Von weither kamen Kunstfreunde, um Adelmanns kulturelle, religiöse und kunsthandwerkliche Antiquitäten zu bewundern. Unter ihnen war auch der preußische Kronprinz, der spätere Kaiser Friedrich . Adelmann führte ihn persönlich durch seine Sammlung. Seinen Erben hinterließ er über 2000 Kunstgegenstände, die 1888 von I.M. Heberle (H. lempertz´ Söhne, Köln) versteigert wurden“ (Walter M. Brod (2003): Dr. med. Leofried Adelmann, 1819-1884, Magistratsrat in Würzburg, in: Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. (Hrsg.): Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst (Bd. 55); Spurbuchverlag; Baunach; S. 97-105 [hier: 104]).
Mit einer besonderen Fokussierung auf die vom geborenen Christkind ausgehenden Lichtführung, eröffnet sich vor dem Auge des Betrachters der Blick in einen älteren, gemauerten Stall. Dem Christkind und damit dem Licht zugewandt gruppieren sich Menschen und Tiere – einzige Ausnahme ist wohl der Hund im rechten unteren Bildrand, der scheinbar Fährte aufgenommen hat und im Begriff ist die Bildfläche nach Rechts hin zu verlassen. Als Künstler wird zumeist schlicht „F. Ossenberg“ angegeben (so bei der Versteigerung der Sammlung Adelmann bzw. darauf aufbauend in Thieme/Becker (Bd. 26, 1932, S. 72), was dann noch mit dem Zusatz ‚deutscher Meister des XVIII. Jahrhunderts‘ versehen wurde.
Auf Anfrage beim „Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie (RKD)“ in Den Haag, schrieb diesbezüglich Jan Kosten auf Basis von Fotografien (eMail v. 11.06.2014), dass es sich wahrscheinlich um einen niederländischen Maler des 18. Jhds. handelt, welcher sich bei der Darstellung an grafischen Arbeiten des 17. Jhds. von u.a. Abraham Bloemaert (1592-1651) orientierte (‚Hij [d.h. der Maler ‚Ossenberg‘] heeft zich m.i. laten leiden door grafiek uit het begin van de Nederlandse 17de eeuw . Ik denk hierbij aan o.a.werk van Abraham Bloemaert.‘). Das vorliegende Gemälde der ‚Anbetung der Hirten‘ ist beim RKD unter der Nr. 1001135105 registriert.
Eine wunderbar ergreifende Interpretation dieses ‚Hirten-Topos‘, welche durch feine detailreiche Eigenheiten und eine meisterhafte Lichtsetzung begeistert!
Zu Dr. Leofried Adelmann (0 4.12.1819 Löwen (Belgien) – 22.08.1884 Würzburg):
Humanmediziner, Magistratsrat, Unternehmer und Kunstsammler in Würzburg; Sohn des Dr. Josef Adelmann (geb. 1788 Würzburg), Professor für Naturwissenschaft (Botanik und Zoologie) an der Universität Löwen, und seiner Ehefrau Barbara (geborene Harbauer), elsässische Bürgermeisterstochter und Schwester des Leibarztes von König Wilhelm I. der Niederlande; Geburt in der damals zum „Vereinigten Königreich der Niederlande“ gehörenden Stadt Löwen; 1831 Emigration der Familie Adelmann von Löwen nach Würzburg aufgrund der „Belgischen Revolution von 1830“; erster Wohnort beim Onkel Dr. Ullrich Adelmann, Würzburger Arzt; Besuch der Lateinschule in Würzburg mit Einserzeugnis; Oktober 1839 Immatrikulation als belgischer Student an der Universität Würzburg in der Fachrichtung Medizin; Studium bis 1845; während den Semesterferien Reisen innerhalb Deutschlands, nach Belgien, Frankreich und Holland; 1845 Praktikant im Würzburger Juliusspital, später praktizierender Mediziner in der Würzburger Poliklinik; 1846 Heirat mit Anna Johanna Antonia Bolongaro-Crevenna, Tochter eines Tabakunternehmers, ab da wohnhaft in der Haugerpfaffengasse; 1852 2. Direktor des Polytechnischen Zentralvereins; beteiligt an den Hilfsmaßnahmen für die hungernde Rhönbevölkerung; ab 1853 aktiv in die Geschäftsleitung der Tabakfabrik seines Schwiegervaters Johannes Bolongaro Crevenna, der Firma Gebrüder Bolongaro-Crevenna, Rauch- und Schnupftabak; 1853 bayerische Staatsbürgerschaft und Würzburger Bürgerrecht; Gründungsmitglied des Verschönerungsvereins Würzburg; gemeinsam mit dem Fabrikanten und Zeller Bürgermeister Friedrich Koenig jr. legte er 1876 die Friedrich-Koenig-Anlagen an; Wahl zum bürgerlichen Magistratsrat der Stadt Würzburg, hierbei übte Adelmann unterschiedliche Funktionen aus, die seinen Einflussbereich stark erhöhte; 1864 Kauf des „Hauses Tivoli“ am Zeller Bock; im Weiteren erwirbt Adelmann eine hohe Anzahl von Grundstücken in und um Würzburg wie das „Gut Moschee“ und das „Gut Moskau“; 1884 Tod und Beerdigung auf dem Würzburger Hauptfriedhof; 1888 Versteigerung Teile seines Nachlasses in der Schrannenhalle in Würzburg; die Auktion dauerte acht Tage; der Auktionskatalog gab Einblick in die von Dr. Leofried Adelmann zusammengetragene und kunsthistorisch sehr renommierte Sammlung
Literatur
SCHÜRER, Achim: Dr. Leofried Adelmann, in: Achim Schürer: Die Schürer-Chronik. Erlebte Geschichte, Druckerei Theis GmbH, Würzburg 2001, S. 196-200
BROD, Walter M.: Dr. med. Leofried Adelmann, 1819 – 1884, Magistratsrat in Würzburg. in: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 55, hrsg. von den Freunden Mainfränkischer Kunst und Geschichte, Würzburg 2003, S. 97-105