W O L F G A N G V O N W E B S K Y
Weitere Werke von Wolfgang von Websky
Sitzendes Mädchen und zweite Person im Hintergrund
Photolithographie (nach einer Ölkreidezeichnung) auf leichtem strukturiertem Karton
u.r. im Druck datiert „3.4.[19]77“
Blattgrösse: 45×32,9cm
u.r. in Blei signiert „W vWebsky“, sowie darüber im Druck monogrammiert „W“
nicht betitelt
€ 200,-
Zustand
unterer und linker Blattrand mit leichten Abrissspuren; Ecke u.l. mit kleiner Knickspur; am äußeren rechten Blattrand leichte vertikale Stauchung; Ecken o.l. & o.r. schwach bestoßen; im Bereich u.l. sehr leicht fleckig
Wolfgang von Websky hat sich mit folgenden Gedanken zum Porträt geäußert: „Wir wollen keine Repräsentation, keinen ‚gut aussehenden‘ Mann mehr auf der Leinwand sehen, auch wenn diese Möglichkeit besteht. Wir wollen kein Gesellschaftsporträt, wir wollen im Bilde etwas vom Menschen erleben können von seinem Wesen, seinem Rang – und vergessen wir nicht, daß unsere Ansprüche an Ähnlichkeit durch die Fotografie größer sind als jemals zuvor. Das alles zu vereinen ist ein Kunststück. Wenn es beim späten Corinth gar ein Kunstwerk wird, zu großer Kunst wird, verschiebt sich das Interesse bald vom Dargestellten zum Maler. Das Bildnis ist aber doch im Grunde Dokument. Gemeint ist der Dargestellte“ (zitiert nach Herbert Hupka (1985): Laudatio für Wolfgang von Websky, in: Stiftung Schlesien (Hrsg. ): Wolfgang von Websky. Zeichnungen [Schriftenreihe der Stiftung Schlesien/Hannover Bd II]; Schertgens; Köln; S. XI). Und Hupka fasst diese Gedanken des Künstlers nochmals in eigenen Worten zusammen: „Der Maler begegnet dem Darzustellenden in Demut, denn nicht der Maler, sondern der Porträtierte hat das letzte Wort. Das Ähnliche ist aber nicht als das fotografisch Genaue in dem Porträt von Wolfgang von Websky zu verstehen. Das Ähnliche, auf das er so nachdrücklich verweist, ist das Hintergründige, die Summe eines Lebens“ (ebd.).
Die vorliegende Arbeit zeigt zwei Personen, wobei das Mädchen im Vordergrund deutlich den Blickfang für den Betrachter bildet. In der stärkeren Konturensetzung und der satteren Farbgebung hebt sie sich von der nur skizzenhaft angedeuteten Person im Hintergrund ab. Der Oberkörper ist leicht nach hinten geneigt und sie scheint an etwas nicht näher definiertem zu lehnen. Das leicht gedrehte Gesicht ist auf den Betrachter gerichtet, wobei der Ausdruck im Unklaren bleibt. – Ruhig, abwartend und ernst wirken die Augen und der kurze, geschlossene Mund. Die ineinander gefalteten Hände unterstreichen diese Wirkung und verweisen damit zugleich auf das von Hupka angesprochene ‚Hintergründige‘, welches im Porträt zur Geltung kommt.
Sehr schön erfasste figürliche Komposition in expressiv-realistischer Ausführung!
Zu Wolfgang von Websky (29.09.1895 Berlin – 12.03.1992 Wangen im Allgäu):
Maler, Zeichner, Grafiker; 1900 Umzug der Familie auf das Familiengut Schwengfeld bei Schweidnitz in Niederschlesien; 1911 Besuche im Atelier von Wilhelm Herberholz in Düsseldorf, der von Webskys Vater porträtierte; 1914 Abitur in Schweidnitz; bei Kriegsbeginn Offiziersanwärter; 1915 Fronteinsatz, schwere Verwundung und zweijähriger Lazarettaufenthalt; Beschäftigung mit Malerei; 1917 Besuch der Kunstakademie Breslau (Porträtklasse von Eduard Kaempffer); 1920 Verabschiedung aus dem Militär wegen dauernder Frontuntauglichkeit; auf Empfehlung von Kaempffer Studium an der privaten Kunstschule von Arthur Wasner in Breslau; 1921 Studium bei Moritz Heymann in München; Freundschaft mit Konrad Kardorff; 1922 erste Einzelausstellung in der Galerie Lichtenberg in Breslau; 1922-23 Besuch der Hochschule für Bildende Künste in Berlin (bei Adolf Strübe, Peter Fischer); 1924 neunmonatige Italienreise; 1925 dreimonatiger Aufenthalt in Paris bei Wilhelm Uhde; 1925-30 Atelier in Berlin und während dieser Zeit auch immer wieder in Schlesien; 1928 erneuter Studienaufenthalt in Paris; 1930 Aufgabe des Berliner Ateliers und vollständiger Umzug auf Gut Schwengfeld; Heirat mit Wita von Nimptsch; Mitglied im „Künstlerbund Schlesien“; 1934-39 Vorsitzender des Künstlerbundes Schlesien; 1936 wird er zu militärischen Übungen abberufen und muss in der Folge dann das Amt als Vorsitzender aufgeben; 1938 Studienreise nach Ägypten und in den Vorderen Orient; 1939 Einberufung als Reserve-Offizier; 1939-45 Kriegsdienst im Westen und Osten; 1945-50 sowjetische Kriegsgefangenschaft; 1950 Neubeginn in Steingaden/Oberbayern; 1952 Umzug der Familie nach Wangen im Allgäu in die dort neu erbaute Siedlung („Am Atzenberg“) für schlesische Künstler; 1955 Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland; 1957 Begegnung und Freundschaft mit Anne von Molo (Ehefrau Walter von Molos); 1961-68 zahlreiche Studienreisen nach Italien, Frankreich; 1969 Schlesischer Kulturpreis; 1972-72 Studienaufenthalte in Portugal an der Algarve; 1978-79 Studien auf Kreta; 1981 Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen; 1982 Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg; 1985 Ehrenprofessur des Landes Baden-Württemberg; 1985 Pro-Arte-Medaille der Künstlergilde Esslingen
Literatur
Muzeum Miejskie Wroclawia (Hrsg.) (2009): Wolfgang von Websky (1895-1992) Realnosc i impresja. Realität und Impression; Drukarnia Panda, Wroclaw
Stiftung Schlesien (Hrsg. ) (1985): Wolfgang von Websky. Zeichnungen [Schriftenreihe der Stiftung Schlesien/Hannover Bd II]; Schertgens; Köln
Freundeskreis Bildende Kunst e.V., Kißlegg (Hrsg.) (1995): Wolfgang von Websky. Ein Maler des Expressiven Realismus; Robert Gessler; Friedrichshafen
JESSEWITSCH, Rolf / SCHNEIDER, Gerhard (Hrsg.) (2008): Entdeckte Moderne; Kettler; Bönen; S. 524
SCHNEIDER, Erich (Hrsg.) (2009): Expressiver Realismus. Die Sammlung Joseph Hierling [Schweinfurter Museumsschriften 166/2009]; Schweinfurt; S. 343
ZIMMERMANN, Rainer (1994): Expressiver Realismus. Malerei der verschollenen Generation; Hirmer; München; S. 459