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Weitere Werke von Ingo Kraft

 

Ingo Kraft: Paul Celan ‚Envoi'

 

„Paul Celan ‚Envoi’“

Radierung über Offset auf festem Maschinenbütten (Hahnemühle)
u.r. in Blei datiert „[19]87“

Auflage: u.l. in Blei bez. „Probedruck“

u.r. in Blei signiert „I. Kraft“
u.m. in Blei bez.: „Paul Celan ‚Envoi’“, sowie darunter mit dem Ende des Gedichts beschrieben

€ 280,-

 

                  

 

Blattgrösse: 56,5×38,8cm
Bildgrösse: 37,5×27,8cm

Zustand
oberer und unterer Rand mit leichten Abrissspuren; im Blattbereich o.r. leichte diagonal verlaufende Stauchung; in den Randbereichen mitunter schwach fleckig; im Bildbereich o.m. kleiner bräunlicher Fleck (Umfang etwa 1x1mm); verso o.m. Reste früherer Befestigung (Klebespuren); verso leichte Lagerspuren

 

 

 

Nachdem Ingo Kraft von 1971 bis 1976 an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden eine Ausbildung als Bühnenbildner absolvierte, arbeitete er nach seinem Studium in diesem am Landestheater Halle Bereich bis 1978. Erst gegen Ende dieser Tätigkeit, etwa seit 1977, beschäftigte er sich intensiver mit Malerei und Grafik, bevor er ab 1978 als freischaffender Künstler in diesen Bereichen tätig wurde.
Die vorliegende Grafik aus dem Jahr 1987 greift den letzten Teil von Paul Celans „Gauner- und Ganovenweise“ auf und lässt sich unter Umständen vor dem Hintergrund von Ingo Krafts Arbeit im und am Theater sehen. Kraft ver- bzw. bearbeitet hier dezidiert den Ausklang des Gedichts, welches so reich an verschiedenen poetischen Anspielungen und Anleihen ist (vgl. hierzu: Dieter Lamping (1998): Von Kafka bis Celan. Jüdischer Diskurs in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts; Vandenhoeck & Ruprecht; Göttingen; S. 49ff.):
„Aber, aber er bäumt sich, der Baum. Er,
auch er,
steht gegen
die Pest.“
„In der letzten Strophe findet das Gedicht wieder zu einem vollständigen Satz. Aufbäumen bezeichnet den Widerstand gegen ein Unrecht […]. Der Mandelbaum – ‚auch er‘, wie es im Gedicht heißt – wird zur Chiffre des Widerstands“ (Amir Eshel / Thoms Sparr (1996): Zur Topographie der Herkunft in der Lyrik von Dan Pagis und Paul Celan, in: Mark H. Gelber et al. (Hrsg.): Von Franzos zu Canetti. Jüdische Autoren aus Österreich. Neue Studien [Conditio Judaica 14]; Max Niemeyer; Tübingen; S. 115-128 [hier: S. 126f.]).
In den nuancenreichen Grautönen mag man bei dieser grafischen Darstellung an eine diffuse Landschaft denken. In deren Vordergrund kreuzen sich satte, tiefschwarze Balken, die anfänglich in ihrer Ausführung an gänzlich ungegenständliche, vielleicht informelle Darstellungen erinnern. Erst etwas versetzt davon schauen wir im rechten Bildbereich auf einen Nadelbaum und können davon ausgehend auch im Hintergrund weitere, in Strichen skizzierte Bäume bzw. einen Waldrand erkennen. Die gesamte Szenerie wirkt düster, tot, wenn nicht gar apokalyptisch. Doch vielleicht können gerade diese so befremdlichen satten, schwarzen Linien als die oben beschriebene ‚ Chiffre des Widerstands‘ gesehen werden. Keinesfalls statisch oder starr, sondern vielmehr schwungvoll, dynamisch und so ganz anders als die Umgebung, werden diese Strukturen in die Fläche platziert. Neben dem im Gedicht beschriebenen ‚Aufbäumen‘ kommt dazu beim Betrachten auch ein gegenseitiges Stützen bzw. Unterstützen dieser schwarzen Linien in den Sinn.
Überaus eigenständige und zugleich ungemein facettenreiche grafische Arbeit von Ingo Kraft!

 

 

Zu Ingo Kraft (geb. 1949 Siegmar-Schönau):
Maler, Zeichner, Grafiker; 1966-69 Abitur und Lehre als Mechaniker; 1971-76 Studium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden (Bühnenbild); 1976-78 Bühnen- und Kostümbildner am Landestheater Halle; seit 1977 intensive Beschäftigung mit Malerei und Grafik; seit 1978 freischaffend als Maler und Grafiker (zeitweilig auch Restaurator); ab den 1980er Jahren Einzelausstellungen und Beteiligungen an Gruppenausstellungen; 1989 Studienreise nach Italien; 1991 Studienreise nach Frankreich; 1991 Stipendium der Heitland-Foundation; 1992, 1995, 1997, 2001 Studienaufenthalte in Südfrankreich; seit 1994 Atelier im Künstlerhaus Dresden Loschwitz; seit 1995 künstlerischer Mitarbeiter an der Hochschule für Bildende Künste Dresden; 1999 Studienreise nach Kreta; 2001 Bautzener Kunstpreis; lebt und arbeitet in Dresden

Literatur / Quelle
Leonhardi-Museum Dresden (Hrsg.) (2000): Ingo Kraft. Arbeiten aus zwanzig Jahren; Druckerei Thieme; Meißen
Internetseite des Künstlers [kraft-malerei.de]