P A U L S E G I E T H
Weitere Werke von Paul Segieth
Portrait der sitzenden Elisabeth Knauff auf einer Laute spielend
(Tochter von Ferdinand und Adele Knauff, Pächter auf Schloss Monsheim)
Öl auf Leinwand; doubliert; Keilrahmen; gerahmt [Originalrahmen];
u.r. in Schwarz datiert „[19]19“
Rahmengrösse: 35,5×47,5cm
Leinwandgrösse: 28x40cm
u.r. in Schwarz signiert „Segieth“
nicht betitelt,
€ 2.200,-
Zustand
Leinwand doubliert; im unteren Bereich vormals drei kleinere (restaurierte) Löcher in der Leinwand; partiell Craquelé-Bildung; leicht beschmutzt; Rahmen mit Gebrauchs-, Abnutzungsspuren (rissig, berieben, u.r. ausgebesserte Stelle)
Provenienz
Ehepaar Ferdinand und Adele Knauff (geb. Terstegen), ab 1902 Pächter auf Schloss Monsheim (Lkr. Alzey-Worms)
In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bis etwa 1923 erhielt Paul Segieth mehrere Malaufträge von Großindustriellen und Gutsbesitzern, die ihn in das rheinische Gebiet führten. Zu seinen damaligen Auftraggebern gehörten beispielsweise die Familie von Opel und, wie im Fall des vorliegenden Gemäldepaars, die Familie Knauff.
Von 1869 bis 1902 saß Friedrich Wilhelm Terstegen als Pächter auf Schloss Monsheim im Landkreis Alzey-Worms. Ferdinand Knauff heiratete dessen Tochter Adele und übernahm 1902 die Pacht (vgl. hierzu Paul Michel (1981): Chronik von Monsheim. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes; Monsheim; S. 84). Der Ehe entstammten die Kinder Walter und Elisabeth.
Elisabeth Knauff (gest. 1961) war eine passionierte Reiterin. Bedenkt man, dass das Sportreiten zu dieser Zeit eine Männerdomäne war, was sich auch daran zeigt, dass erstmals 1952 Frauen an olympischen Reiterspielen teilnehmen durften, so stellt sie durchaus eine Ausnahmeerscheinung dar. „Erst 1935 ist es Elisabeth Knauff, die als erste Frau in Deutschland ihre staatliche Prüfung als Reitlehrerin ablegt. Bereits 1933 versucht die engagierte Pferdefrau diese Prüfung abzulegen, erhält aber prompt vom Ministerium in Berlin eine Absage, in der ihr mitgeteilt wird, dass Frauen bis dahin das Ablegen der Prüfung nicht gestattet worden sei. Kurz darauf, 1934, gründet Elisabeth Knauff auf dem elterlichen Pachtbetrieb die erste und einzige Damenreitschule auf Schloß Monsheim bei Worms“ (Dietbert Arnold (2013): Pferdewirtprüfung [Bd. 7. History]; Books on Demand; Norderstedt; S. 127).
Das vorliegende Gemälde entstand noch gut 15 Jahre vor der Gründung der Damenreitschule und gänzlich ohne Reitutensilien porträtiert Paul Segieth hier die Tochter des Pächterehepaars. Sie sitzt auf einem Stuhl, leicht nach Hinten geneigt, die Beine locker übergeschlagen. Über ihrem hellblauen, mit zart roséfarbenen Tupfern verzierten Kleid trägt sie eine weiße Schürze mit Sternornamentik. In ihren Händen hält sie eine Laute, welche an ihrem Ende in bunten Trachtenbändern ausläuft. Diese Farbigkeit bildet damit eine schöne Auflockerung zur sonst beinahe tonig wirkenden Kleidung. Ein feines Detail hat Segieth in den Hintergrund eingefügt. Dort blicken wir als Betrachter auf eine geschlossene Tür, in deren oberen Bereich ein Spiegel eingesetzt ist, der uns zumindest einen partiellen Blick auf die Unterseite des an der Laute spielenden Arms präsentiert.
Wunderschön und überaus individuell formulierte Porträtkomposition!
Zu Paul Segieth (01.02.1884 Königshütte (Oberschlesien)) – 06.05.1969 Hundham, Samerberg (Obb.)):
Maler, Zeichner, Illustrator; Sohn eines Hochofenbauers; Lehre als Dekorations- und Kirchenmaler; Studium an der Kunstakademie Breslau (bei Hans Roßmann, Ignatius Taschner und Hans Poelzig); 1911 Umzug nach München, wo er immer wieder Bekannte, Freunde, Café-Besucher,… zeichnerisch festhielt; Segieth gehörte zur Schwabinger Boheme im Umkreis des „Café Stefanie“; bereits ab 1910 (Jg. 15, Heft 32), aber intensiv v.a. ab 1911 (ab Jg. 16, Heft 32) als Illustrator für die Zeitschrift „Jugend“ tätig (seine letzten Illustrationen erscheinen 1938 (Jg. 43, Heft 27)); 1913 Einbandentwurf zu Else Fruchts „Goethes Vermächtnis. Eine frohe Botschaft“ (1.Bd.) (Delphin-Verlag, München-Leipzig); 1913 Buchschmuck zu Georg Jakob Plotke „Heinrich Heine als Dichter des Judentums“ (Carl Reißner, Dresden); 1914 Einbandentwurf zu Georg Jakob Plotkes Gedichtband „Zur Mutter“ (Carl Reißner, Dresden); im Ersten Weltkrieg eingesetzt in dem 8. Bayerischen Infanterieregiment; 1918-23 erhielt er mehrere Aufträge von Industriellen und Gutsbesitzern für Portraitgemälde; 1925 beauftragte ihn die Rhein-Main-Donau AG, das Kachlet-Stauwerk bei Passau und eine Darstellung des zukünftigen Hafens für Nürnberg-Fürth für die Verkehrsausstellung zu malen; in den folgenden Jahren entstanden vor allem Landschaftsmotive aus der Gegend um München; 1933 Beteiligung an der „Staatlichen Kunstausstellung München“ (Neue Pinakothek); 1934-35 Beteiligungen an der „Großen Münchner Kunstausstellung“ (Neue Pinakothek); 1936 Beteiligung an der Ausstellung „Heroische Kunst“ (Städtische Galerie am Lenbachhaus, München); 1937 Beteiligung an der Ausstellung „Die Arbeit in der Kunst“ (Ausstellungspark München); 1942-43 Beteiligungen an der „Oberschlesischen Kunstausstellung“ (Landesmuseum Beuthen); 1943 Umzug in ein altes Bauernhaus auf dem Samerberg; die Gegend um den Samerberg wurde für Segieth der maßgebliche Einfluss; 1964 Jubiläumsausstellung im Münchner Kunstverein
Literatur / Quelle
SEGIETH, Clelia (2006): Paul Segieth. Kleine Kollektion. Café Stefanie Münchner Impressionen [Broschüre zur Ausstellung „Paul Segieth“ in der Galerie am Rathaus in Tutzing am Starnberger See];
SEGIETH, Clelia: Paul Segieth [auf der Internetseite des Kulturportals West-Ost: http://kulturportal-west-ost.eu]