J E A N   P A U L   S C H M I T Z    (04.03.1899 Wesseling bei Köln – 13.07.1970 Singen)

 

Weitere Werke von Jean Paul Schmitz

 

 

‚Im Berliner Tiergarten (Ilse Schmitz zeichnend)‘ (1939)

Aquarell auf Velinpapier („PM Fabriano“), ungerahmt
unten links datiert „7. Mai [19]39“
unten rechts in Blei signiert „Jean Paul Schmitz“

€ 630,-

Kaufanfrage

 

Titel
ohne Titel – ‚Im Berliner Tiergarten (Ilse Schmitz zeichnend)‘. Bei der dargestellten Zeichnerin wird es sich um die Ehefrau des Künstlers, Ilse geb. Pieper (1904-1972), handeln. [1]

Größe
Größe: 31,1 x 41,1 cm

Zustand
Ecke unten rechts mit sehr kleinem Ausriss; am unteren Rand rechts sehr kleiner, überarbeiteter Einriss; Ecken sehr leicht bestoßen; am oberen Rand links zwei kleine Einrisse, sowie am oberen Rand kleiner, überarbeiteter Einriss
verso an den Blatträndern umlaufend braunes Klebeband

 

 

1934 heiraten Jean Paul Schmitz und Ilse Pieper (1904 Kassel – 1972 Wangen). Das Paar kannte sich bereits seit Längerem, da beide an der Düsseldorfer Akademie studierten. Im Jahr der Hochzeit ziehen sie nach Berlin um und schließen sich damit weiteren Künstlern, u.a. Curth Georg Becker, an, die ebenso nach Berlin zogen, um dort eine (noch) freie Kunst- und Kulturwelt zu erhoffen.

„Der Jean Paul Schmitz 1936 durch die Preußische Akademie der Künste zuerkannte Rompreis führte das Paar an die Villa Massimo – eine ‚Enklave‘ relativer Ruhe und freier künstlerischer Arbeit mitten im faschistischen Rom. Von dort aus gelang es, den Studienaufenthalt an der Villa Serpentara in Olevano zu verlängern, und 1939/40 (von Berlin aus) nach Kroatien und Griechenland auszuweichen (Korcula, Athen, Delphi, Peleponnes). Dort jedoch holte der Krieg die Eheleute endgültig ein; zwang sie 1940 zur Rückkehr nach Berlin und, im Dezember 1940, zum Umzug in den Hotzenwald.“ [2]

Die vorliegende Zeichnung lässt sich anhand der Datierung vor den Start dieser genannten Griechenlandreise einordnen. Das Ehepaar Schmitz befand sich damals noch in Berlin. Durch das Notizbuch des Künstlers lässt sich die Lokalisierung auch ganz konkret benennen, denn für den hier genannten 7. Mai 1939 hat Jean Paul Schmitz fesgehalten, dass er im Berliner Tiergarten war und dort Meisen fütterte.

Die frühlingshafte Natur hat Schmitz hier wunderschön festgehalten. Die Bäume und Sträucher stehen bereits in zarter Blüte und vieles grünt. Sehr schöne Details hat nun gerade der rechte vordere Bildbereich, welcher von Schmitz geradezu erzählerisch ausformuliert wurde. Wir sehen hier einen von Bäumen eingerahmten Holzschuppen. An diesem lehnt ein Fahrrad – und vielleicht ist es des Künstlers Rad? Etwas weiter im Vordergrund sitzt eine Frau mit blauem Kopftuch und hellem, weißem Kleid auf einem Hocker, scheint ganz in sich versunken zu sein und zeichnet die Natur. Bei der Dargestellten wird es sich, so der freundliche Hinweis von der Tochter, wohl um die Ehefrau des Künstlers, Ilse Schmitz, handeln, welche ebenso künstlerisch tätig war. Es liegt hier also das interessante und in gewisser Weise kuriose und zugleich zauberhafte Motiv vor, dass ein Künstler seine Ehefrau malt, während diese gerade die Umgebung zeichnet.

Neben dem rein künstlerischen Reiz und der interessanten Lokalisierung, ist dieses Werk sicherlich auch ein wunderschöner Beweis für die enge Verbundenheit des Künstlerehepaars Jean Paul und Ilse Schmitz.

———————————————————————–
[1] Der Hinweis auf die Lokalisierung ergibt sich aus einem Notizbuch des Künstlers, welches sich im Nachlass befindet.
[2] Christoph Bauer (Hrsg.) (2017): Jean Paul Schmitz (1899-1970. Ein rheinischer Expressionist am Bodensee; Singen; S. 5-6.

 

 

Zu Jean Paul Schmitz (04.03.1899 Wesseling bei Köln – 13.07.1970 Singen):
Maler, Zeichner, Grafiker; Jean Paul war das vierte von sechs Kindern; die katholischen Eltern wollen, dass er Priester wird und schicken ihn auf ein Jesuitenkolleg in den Niederlanden; er beginnt bereits früh zu malen und zu zeichnen; in dem strengen Jesuitenkolleg hält er es nur kurz aus und die Eltern holen ihn zurück; ab 1916 Besuch des Lehrerseminars in Düren; ab 1917 Kriegsfreiwilliger mit anschließender englischer Kriegsgefangenschaft aus der er 1919 entlassen wird; während der Kriegsgefangenschaft fasst er den Entschluss Maler zu werden; anfangs malt er autodidaktisch und arbeitet als Nachtwächter und Grubenarbeiter, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen; 1921-22 Besuch der privaten Malschule von Moritz Heymann (München); 1923-26 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf (bei Heinrich Nauen); zuletzt Meisterschüler Nauens; zu dieser Zeit tritt er der Vereinigung „Das Junge Rheinland“ bei und gehört zum engeren Kreis um Johanna Ey („Mutter Ey“); ab 1930 bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten ist er Mitglied der „Rheingruppe“; in dieser Zeit entstehen Kontakte und Freundschaften, die oftmals lebenslang halten (u.a. zu Bruno Goller, Peter Janssen, Otto Dix, Ferdinand Macketanz, Carl Weisgerber); 1927 Mallorca-Reise zusammen mit Johanna Ey, Gert H. Wollheim, Ulrich Leman und Willy Werth; 1930 zweimonatiger Studienaufenthalt in Paris; März 1934 Heirat mit der Malerin Ilse Pieper (1904-1979), die er auf der Düsseldorfer Akademie kennenlernte; sechsmonatige Reise nach Italien, Rom und Ischia; Oktober 1934 das Paar übersiedelt – wie viele andere Düsseldorfer Künstler auch – nach Berlin, dort entsteht eine geschäftliche Beziehung zur Galerie Karl Buchholz; 1936 Rom-Preis und einjähriges Stipendium in der Villa Massimo (Rom); Teilnahme an der Biennale in Venedig; Mai 1937 zusammen mit dem Leiter der Villa Massimo, Herbert Gericke, Studienreise nach Griechenland; Juni 1937 bis Juni 1938 weiteres einjähriges Stipendium der Preußischen Akademie für einen Studienaufenthalt in der Villa Serpentara in Olevano; 1937 werden bei der Aktion „Entartete Kunst“ in Düsseldorf, Gelsenkirchen und Köln insgesamt sieben Arbeiten des Künstlers beschlagnahmt; Juli 1938 Rückkehr nach Berlin; Ende 1939 bis Juni 1940 Griechenland-Reise zusammen mit seiner Frau; Juni 1940 kriegsbedingte Rückkehr nach Deutschland und das Paar lässt sich am Bodensee nieder, wo sich bereits alte Bekannte aus Düsseldorf sammelten; Dezember 1940 Umzug nach Wieladingen im Hotzenwald, später Umzug nach Schwörstadt; 1942 Radtour zum Bodensee; 1942 Einberufung zum Zollgrenzschutz im Elsass; 5. Mai 1943 Geburt der Tochter Beate; 1945 durch die Bombardierung Berlins geht ein großer Teil der Arbeiten, die bei der Galerie Buchholz lagerten, verloren (darunter fast alle Werke der Griechenlandreise); 8. März 1946 Geburt des Sohnes Wieland; November 1949 Umzug nach Wangen (heute: Öhningen-Wangen) in das damalige Haus des Kindergartens; es bildet sich der Kreis der sog. „Höri-Maler“; Schmitz malt vermehrt die Landschaft des Bodensees, dazu übernimmt er Porträt- und Illustrationsaufträge; auf Ausstellungen in Süddeutschland und der Schweiz ist er zahlreich vertreten; Reisen nach Südtirol, Flandern, Burgund; 1956 Haus- und Atelierbau in Wangen; erst spät erarbeitet er sich die Lithografie-Technik und erwirbt eine eigene Druckerpresse; in seinem späteren Schaffen schuf er vor allem Landschaften aus dem Bodenseeraum in expressiv-realistischer Auffassung

Einzel-, Kollektivausstellungen: 1932 zusammen mit Johann B.H. Hundt, Ulrich Leman und Robert Pudlich Ausstellung in der Städtischen Galerie Bochum; 1939 Galerie Buchholtz, Berlin (zusammen mit Milly Steger); 1949 zusammen mit seiner Frau Ausstellung in Säckingen; 1949 Einzelausstellung im Wessenberghaus, Konstanz; 1960 Einzelausstellung im Konstanzer Bücherschiff; 1962 Einzelausstellung bei den „Freunden zeitgenössischer Kunst“, Konstanz; 1966 Einzelausstellung im „Verein der Kunstfreunde“, Singen; 1969, 1972 Einzelausstellungen in der Galerie Stuckert, Konstanz; 1971 Einzelausstellung in der Kunsthandlung Förg, Singen; 1978 Einzelausstellung im Kulturamt Singen; 1980 Einzelausstellung im Rathaus Radolfszell; 1985 Einzelausstellung in der Galerie Gottschick, Tübingen; 2017 Einzelausstellung im Kunstmuseum Singen (zusammen mit Werken seiner Frau Ilse)

Mitgliedschaften: ab etwa 1925 Junges Rheinland; bis 1930 Rheinische Sezession; ab 1930 Rheingruppe; um 1934 Berliner Secession; 1947 Badische Secession; 1955 Künstlerbund Baden Württemberg; 1962 Mitbegründer der Konstanzer Künstlergruppe „Der Kleine Kreis“; 1967 Sezession Oberschwaben-Bodensee (SOB); Kunstverein Konstanz; Fachverband Südbadischer bildender Künstler; Neue Münchner Künstlergenossenschaft

Werke befinden sich u.a. im Besitz des Augustinermuseums (Freiburg i.Br.), des Kunstmuseums Singens, der Stadt Singen, der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, des Hermann-Hesse-Museums Gaienhofen, der Südwestdeutschen Kunststiftung Singen, sowie der Kunstsammlung des Bodenseekreises und der Kunststiftung Landkreis Konstanz.

Literatur
Bauer, Christoph (Hrsg.) (2017): Jean Paul Schmitz (1899-1970. Ein rheinischer Expressionist am Bodensee; Singen
Spiller, Monika: Jean Paul Schmitz, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 00224143
Zahn, Leopold (1956): Künstler auf der Höri am Bodensee; Konstanz: Simon und Koch; S. 42-47
Zimmermann, Rainer (1994): Expressiver Realismus. Malerei der verschollenen Generation; Hirmer; München; S. 440
Kunstverein Konstanz (Hrsg.) (1989): Jean Paul Schmitz 1899-1970; Konstanz: Stadler