J E A N   L E H M A N N

 

Weitere Werke von Jean Lehmann
Zur Motivseite ‚Süddeutsche Landschaften‘

 

„Bergstraße Etzenhausen“

Öl auf Leinwand, Keilrahmen, gerahmt
unten links geritzt datiert „1932“

unten links geritzt monogrammiert „Ills“
verso oben mittig in Schwarz betitelt „Bergstraße Etzenhausen“

€ 4.600,-

Kaufanfrage

 

Größe
Leinwandgröße: 70 x 100cm
Rahmengröße: 87 x 116,5cm

Zustand
Leinwand am rechten Rand mit leichten Druckstellen; im Bildbereich u.r. (im Bereich des Schnees) mehrere kleine Verluste der oberen Farbschicht; im Bildbereich o.l. (im Bereich des am Rand stehenden dunklen Hauses) mehrere kleine Verluste der oberen Farbschicht; verso leicht fleckig, sowie o.l. klein in Rot nummeriert „47“

 

 

Freundliche Hinweise zur Einordnung des Werkes kamen dankenswerterweise von Frau Jeannette Hnilicka-Lehmann (Nachlass Jean Lehmann).

 

 

„[Bei] Jean Lehmann dauerte es lange, bis er sich seinem großen Ziel, einer künstlerischen Betätigung, auch hauptberuflich widmen konnte. Auf Wunsch der Eltern hatte er zunächst das Hotelfach zu lernen. Das anschließende Kunststudium mußte er sich selbst verdienen. Er ging für zwei Jahre als Buchhalter nach Sardinien, wo er in der Freizeit bereits viel malte. Mit dem ersparten Geld konnte er ein Jahr lang an der Academia dell´ Arte in Venedig studieren. Als Museumsdiener erarbeitete er sich anschließend das Geld, das er für ein einjähriges Studium an der Kunstakademie in München benötigte. In dieser Zeit – um 1910 – muß er auch Dachau kennen und vielleicht lieben gelernt haben. Es dauert jedoch zwölf Jahre, bis er 1922 nach Dachau kommt. Er bleibt bis 1936. Es ist seine fruchtbarste Schaffensperiode. Regelmäßig beteiligt er sich an den Ausstellungen der Münchner Secession und der Künstlervereinigung Dachau“ (Horst Heres (1985): Dachauer Gemäldegalerie; Bayerland; Dachau; S. 157).
Das vorliegende Gemälde entstand 1932 und damit gerade in dieser Dachauer Lebens- und Schaffensphase. Jean Lehmann führt den Betrachter in den 1939 eingemeindeten Ortsteil Etzenhausen. Diese kleine, im Norden Dachaus gelegene Gemeinde war 1932 mit Dachau noch nicht zusammengewachsen. Und ebenso wie Dachau seine Anziehung auf Künstlerinnen und Künstler ausübte, so begann sich ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert auch in Etzenhausen eine Künstlergemeinschaft zu bilden.
Zu den Reizen von Etzenhausen heißt es bei Horst Heres: „Der Webelsbach – damals noch nicht verbaut – schlängelte sich durch die Ebene. Er war Tummelplatz für die vielen Enten und Gänse, die die Etzenhausener in großer Zahl hielten. Die Amperniederung nahe einer alten hölzernen Brücke nutzten die Bauern gerne als Pferdeschwemme und Viehtränke. Verständlich, daß die Maler von Etzenhausen entzückt waren“ (Heres 1985: 67).
Der Blick geht aus etwas erhöhter Position weit in die winterliche Landschaft hinein. Die Bergstraße kommt von links aus dem Bild macht beim Betrachter einen Bogen und gleitet dann heute als Von-Herterich-Straße in markanten sanften Bögen hinab zwischen die Häuser, um sich schließlich dort zu verlaufen. Der Wintertag scheint sich langsam dem Ende zuzuneigen. Über dem Betrachter steht bereits ein tiefdunkles Blau und nur noch am Horizont mag man hellere Sonnenstrahlen im Hellblau zu erahnen. Straße, Häuser und Bäume erhalten dadurch einen violetten, purpurnen Beiklang. Diese Bereiche tendieren farblich gesehen auf diese Weise etwas ins Rötliche, so dass diese wärmer wirkenden Partien sich stimmungsvoll in die übrige, kühle Landschaft einfügen.
Besonders farblich eine überaus schöne Komposition aus Jean Lehmanns Dachauer Schaffensphase.

 

 

Zu Jean Lehmann (12.05.1885 Dagmersellen (Kanton Luzern) – 23.02.1969 Zürich):
Schweizer Maler, Grafiker, Bildhauer; 1900-05 auf Wunsch der Eltern Ausbildung im Hotelfach und Besuch der Handelsschule, sowie daneben Besuch des Zeichenunterrichts an der Kunstgewerbeschule Luzern; er ging für zwei Jahre als Buchhalter nach Sardinien, um sich sein folgendes Kunststudium zu finanzieren; 1907 zwei Semester Besuch der Kunstakademie Venedig; im Anschluss arbeitete er als Museumsdiener, um sein kommendes Münchner Studium finanzieren zu können; 1910 Studium der Gebrauchsgraphik an der Kunstakademie München; um 1910 wohl das erste Mal Aufenthalt in Dachau; 1912-22 wohnt und arbeitet in St. Moritz, im Winter ist er als Eiskunstlauflehrer tätig; 1922-36 ansässig und tätig in Dachau; während seiner Zeit in Dachau und vor allem nach seiner Rückkehr in die Schweiz reist Lehmann immer wieder nach St. Moritz um zu malen; 1936 Rückkehr in die Schweiz; es folgen Reisen nach Frankreich und Italien
Lehmann malte insbesondere Landschaften, Darstellungen des bäuerlich-dörflichen Lebens, figürliche Kompositionen und Stillleben.
Ausstellungen: 1912-18 regelmäßige Gemäldeausstellungen im Gemeindesaal St. Moritz zusammen mit u.a. Peter Robert Berry, Christian Conradin, Giovanni Giacometti, Augusto Giacometti, Carl von Salis, Edgar Vital, Gottardo Segantini; 1913-14 Lehmann malt das Dioramabild „St. Moritz im Winter“ für die Landesausstellung 1914 in Bern; 1913, 1915, 1917/18, 1919 und 1921 Beteiligungen an Ausstellungen im Kunsthaus Zürich; 1917 Beteiligung an einer Ausstellung in der Kunsthalle Basel;1919 Beteiligung an der „Gemäldeausstellung Engadiner Künstler“ im Volkshaussaal Chur;1923-36 Beteiligungen an Ausstellungen der Münchner Secession, sowie der Künstlervereinigung Dachau;1928 Beteiligung an der XVII. Nationalen Kunstausstellung im Kunsthaus Zürich; 1929 Beteiligung an der Turnusausstellung des Schweizerischen Kunstvereins im Kunstmuseum Luzern und im Kunstmuseum Winterthur;1930-31 Beteiligung an der Sommerkunstausstellung im Schloss Dachau;1934 Beteiligung an der Turnusausstellung des Schweizerischen Kunstvereins im Kunsthaus Luzern;1943 Ausstellung grafischer Werke im Kongresshaus Zürich;1945 Übersichtsausstellung im Kongresshaus in Zürich mit einer Auswahl seiner Malerei, Grafik und Skulpturen der letzten dreißig Jahre;1973 Gedenkausstellung Jean Lehmann in der Kleinen Galerie in Chur;2015 Ausstellung „Engadiner Landschaften“ in der ASTE-Galerie in St. Moritz; 2016-17 Ausstellung „Jean Lehmann. Engadin. Hobby. Leidenschaft. Maler.“ in der Fundaziun Capauliana in Chur
Mitgliedschaften: Neue Künstlervereinigung Dachau; Società Artistica Engiadina
Werke: Werke Lehmanns befinden sich u.a. im Besitz von: Dachauer Gemäldegalerie; Bündner Kunstmuseum, Chur;Kunstmuseum Luzern; Fundaziun Capauliana, Chur
Seine Signatur bzw. sein Monogramm veränderte Lehmann in der Anfangszeit etwas, bevor er ab etwa Mitte der 1920er Jahre wesentlich mit „JllS“ (i.e. „Jean Lehmann Luzern Schweiz (bzw. St. Moritz)“) unterzeichnete.

Literatur
HERES, Horst (1985): Dachauer Gemäldegalerie; Bayerland; Dachau; S. 157, 279
JUR, Marie-Claire: Wiederentdeckt. Der Künstler Jean Lehmann, in: Engadiner Post (v. 10.09.2015)
LUDWIG, Horst (1994): Münchner Maler im 19. Jahrhundert (Bd. 6); Bruckmann; München; S. 16
Aste Auktionen (2015): Jean Lehmann „Engadiner Landschaften“ [Katalog zur Ausstellung vom 08.08.-16.09.2015]; St. Moritz
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 00051221
SIKART. Lexikon zur Kunst in der Schweiz [sikart.ch]