F R I T Z   S C H I R R M A C H E R

 

Zum Themenflyer ‚Die Kunst des Alterns‘

 

fritz-schirrmacher

 

Schlafender Hirte mit Kühen und Hund in wohl ostpreußischer Landschaft

Pastellkreiden und Bleistift auf faserigem Papier; an den Rändern befestigt auf Karton; lose in Passepartout
nicht datiert

Passepartoutgrösse: 47,7x58cm
Blattgrösse: 36×44,5cm
Grösse des Passepartoutausschnitts: 35×40,7cm

u.l. in Blei signiert „Fritz Schirrmacher“
nicht betitelt

€ 580,-

 

 

                          

 

Zustand
Blatt an den Rändern befestigt auf Karton; lose in Passepartout; am unteren Blattrand mittig und rechts stärkere Papierverluste (unter Passepartout nicht sichtbar); Blatt insgesamt leicht wellig; an den Rändern etwas bestoßen, sowie mit kleineren Einrissen; im Blattbereich unten mittig (bei den gefalteten Händen) Einriss im Papier (Länge etwa 2cm); im Bereich o.l. (im Himmel über der zweiten Trauerweide) sehr leichte Farbverluste; im Bereich u.r. (im Hemd des Mannes) leicht fleckig

 

 

„Nach einer frühen expressionistischen Schaffensphase, in der Holzschnitte zu Märchen von Hauff, Grimm und Tausendundeiner Nacht entstanden, wandte sich der Künstler der Gestaltung innerer Bilder zu. So malte er etwa die Weite und Schwere der Ostpreußischen[sic] Landschaft, die er in der Jugend erlebt hatte. Seine Arbeiten charakterisiert ein Dualismus von Wirklichkeitsnähe und phantastischer Mystik, die er in schroffen Gegensätzen bildkünstlerisch vereint“ (Bruhns 2001: 341).
Die vorliegende Arbeit dürfte eine solche Erinnerung an seine Jugend in Ostpreußen sein. Eine, von wenigen Trauerweiden unterbrochene, weite Wiesenlandschaft breitet sich weit bis zum Horizont aus. Im mittleren und hinteren Bildbereich erblicken wir einige Kühe, die grasen, stehen oder ruhig liegen. Ganz ebenso liegend, besser: schlafend, wird uns der Hirte dieser Herde gezeigt, wie er im Vordergrund an einem weiteren Weidenbaum lehnt. Der Unterkörper ragt über den unteren Blattrand hinaus, so dass wir einzig seine orange-ockerfarbene Jacke und den Ansatz der Hose erkennen können. Die Hände sind, einem Gebete gleich, auf dem Bauch verschränkt und das vom Alter deutlich gezeichnete Gesicht drückt in seiner schlafenden Haltung eine ungemeine Ruhe und Zufriedenheit aus. Am linken Bildrand, neben dem Hirten, sitzt ein kleiner Hund in Wachhaltung.
Neben der Motivwahl an sich ist es vor allem die farbliche Gestaltung, durch die Schirrmacher dem Werk einen melancholischen Grundton verleiht. Die Ruhe und Weite der Landschaft drücken sich dabei in dem Grün des Grases und dem Braun der Trauerweiden und Kühe aus, wobei die Farbtöne mitunter ineinander übergehen, miteinander verschwimmen. Überdeckt wird die Szenerie von dem Blau des Himmels, welches in die Komposition den von Maike Bruhns angesprochenen Charakter einer ‚phantastischen Mystik‘ legt. Auflockernd, aber keinesfalls kontrastiv wirkt einzig die Kleidung des schlafenden Hirten. Schirrmacher gelingt es dadurch dezent das Auge des Betrachters auf die Person zu lenken, ohne diese aber farblich aus der sie umgebenen Landschaft herauszunehmen.
Wunderbar stimmungsvolle, in brillanter Farbgebung ausgeführte Komposition!

 

 

Zu Fritz (Friedrich) Schirrmacher (13.03.1893 Bartenstein – 06.04.1948 Hamburg):
Maler, Zeichner; anfangs vierjährige Malerlehre in Bartenstein; kam nach dem Ersten Weltkrieg über Berlin nach Hamburg; 1919-27 Studium an der Landeskunstschule Hamburg (bei Julius Wohlers und Willy von Beckerath); Oktober 1925 Beteiligung an der Juryfreien Ausstellung (Kunsthalle Hamburg); Sept.-Okt. 1929 Beteiligung an der Kunstausstellung Altona (Altonaer Museum); Mai-Juni 1930 Beteiligung an der Ausstellung Hamburgischer Künstler (Kunstverein Hamburg); 1930 bezog er zusammen mit den Bildhauern Herbert Mhe, Richard Haizmann, Karl Schümann, Paul Henle und dem Maler Otto Thämer ein Atelierhaus am Harvestehuder Weg 5; 1931 Beteiligung an der Juryfreien Ausstellung (Kunstverein Hamburg); 1931 erwarb die Senatskommission sein Gemälde „Zwei Masken“ und 1933 erwarb diese sein Gemälde „Im Café“; Beitritt zur Hamburger Künstlerschaft; 1933 Beteiligung an der Ausstellung „Malereien aus dem Gängeviertel“ (Kunstverein Hamburg);1935 Beteiligung an der Ausstellung „Maler, Bildhauer, Architekten stellen aus“ (Kunstverein Hamburg); 1937 Beteiligung an der „Frühjahrs-Ausstellung Hamburger Künstler“ (Kunsthalle Hamburg); 1937 Beteiligung an der Ausstellung „Hamburger Maler auf Reisen“ (Kunsthalle Hamburg); 1937 werden bei der Aktion „Entartete Kunst“ sechs Holzschnitte beschlagnahmt (fünf davon waren Illustrationen zu Märchen, Erzählungen (u.a. Kalif Storch, Schneewittchen) und eine St.-Pauli-Darstellung („Caféhaus“)); 1938 Beteiligung an der Ausstellung „Hamburger Künstler“ (Kunstverein Hamburg); 1941-42 Beteiligung an der „Herbstausstellung Hamburger Künstler“ (Kunstverein Hamburg); 1942-43 Studium an der Hansischen Hochschule Hamburg (Sonderklasse für Wandmalerei bei Otto Brandt)

Literatur
BRUHNS, Maike (2001): Kunst in der Krise (Band 2); Dölling und Galitz; Hamburg; S.341-342