E R W I N   G R A U M A N N

 

Weitere Werke von Erwin Graumann

 

 

„Kniender Akt“ (1940)

Tuschfeder auf Zeichenpapier, verso am oberen Rand durch zwei kleine Klebestreifen in Passepartout gesetzt

u.r. datiert „1940“
u.r. signiert „E. Graumann“

Passepartoutgröße: 50 x 40cm
Blattgröße: 34,2 x 27cm

€ 960,-

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Zustand
Blatt verso am oberen Rand durch zwei kleine Klebestreifen in Passepartout gesetzt; am oberen Rand Abrissspuren; leichte Druckstellen im Blatt; am äußeren rechten Rand leichte vertikal verlaufende Knickspur; verso (wohl) von fremder Hand in Blei bez. (s.o.), sowie verso u.r. klein in Blei bez. „450,-“

Titel
„Kniender Akt“ (Blatt X); so betitelt im Werkverzeichnis (Syamken Z 248), verso zusätzlich (wohl) von fremder Hand in Blei bez. „Zeichenblock mit Akten aus der Grand[sic] Chaumiere / Blatt X“

 

 

Die vorliegende Arbeit entstammt einem Zeichenheft mit Akten aus der Pariser Akademie La Grande Chaumiére (Syamken Z 239-Z 251). Das Heft hatte insgesamt 13 lose Blätter mit Zeichnungen.
Die Datierung auf 1940 verweist auf eine für den Künstler einschneidende und arge Lebensphase. Mit Kriegsbeginn 1939 wird er, wie viele andere deutsche Emigranten auch, als „feindlicher Ausländer“ interniert und zum Arbeitseinsatz in Nevers herangezogen. Auf Intervention von Jeanne Bucher lässt man ihn im Januar 1940 frei und Graumann ist vorerst wieder in Paris tätig. Jedoch erfolgt im Mai 1941 die erneute Inhaftierung – dieses Mal in ein Arbeitslager in Florac.
Der hier gezeigte ‚kniende Akt‘ entstammt demnach in dieser verhältnismäßig kurzen Zeitspanne zwischen den beiden Internierungen in Frankreich.

 

 

Zu Erwin Graumann (14.06.1902 Bielefeld – 14.07.1988 Genf):
Maler, Zeichner, Grafiker; die ersten Werken finden sich bereits im Jugendalter; 1916 Beginn einer Lehre als Chemigraph in der Graphischen Kunstanstalt Walter Becker; später wird er Musterzeichner in der Seidenweberei C.A.Delius & Söhne; zum Ausbildungsprogramm gehörte der Besuch der Abendkurse an der Kunstgewerbeschule Bielefeld, wo Erwin Graumann, wegen seiner hervorragenden Begabung von Paul Delius unterstützt wird; 1920-21 wird er Vollschüler von Ludwig Godewols; 1923 Umzug nach Berlin und Besuch der dortigen Kunstakademie (Grafik-Klasse von Hans Meid); 1926-27 wechselt er in die Klasse Carl Hofers, dessen Meisterschüler er 1929-32 wird; ab 1927 Beteiligungen an Ausstellungen in Berlin; 1931 Studienreisen an die Ostsee; 1932 Beteiligung an einer Ausstellung des „Deutschen Künstlerbundes“; Februar 1933 Beteiligung mit dem Gemälde „Graue Häuser“ an der Ausstellung „Lebendige deutsche Kunst“ (Galerien Flechtheim und Cassirer); Juli 1933 wird Graumann aus politischen Gründen das Betreten der Akademie verboten; es entstehen Kontakte nach Dänemark und 1934 kommt es zu einer ersten Ausstellungsbeteiligung; 1935 wird die Aufnahme in die Reichskulturkammer abgelehnt, was faktisch einem Arbeitsverbot gleichkommt; Emigration nach Kopenhagen und dort als Zeichenlehrer tätig; 1935 mit 13 Werken vertreten bei der Schau „International Kunstudstilling, Kubisme, Surrealisme“ in Kopenhagen; 1936 Umzug nach Paris und dort Bekanntschaft mit u.a. Max Ernst, Hans Arp, Jeanne Bucher; Beteiligungen an Ausstellungen der „Surindépendants“; 1938 Beteiligungen an den Ausstellungen „20th Century German Art“ in London und „Freie Deutsche Kunst“ in Paris; 1939 mit Kriegsbeginn wird Graumann als „feindlicher Ausländer“ interniert; im Januar 1940 wird er auf Intervention von Jeanne Bucher freigelassen, jedoch im Mai 1941 erneut inhaftiert; nach der erneuten Freilassung und der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen, flieht er im Frühjahr 1943 in die Schweiz; bis 1943 in Genf ansässig und dort beteiligt an der Ausstellung „Peintres Ètrangers en Suisse“; nach Kriegsende kehrt er nach Paris zurück, behält aber seinen Zweitwohnsitz in Genf; 1948 Retrospektive in der Galerie Breteau in Paris; 1949 erhält er die französische Staatsbürgerschaft; in der Folge zahlreiche Ausstellungen in Paris, Genua, Stuttgart, Kopenhagen; 1950 Heirat mit der Malerin Marcelle Berthout van Berchem (1898-1953); 1957 zweite Heirat aus der die beiden Söhne Hervé (*1963) und Patrick (*1962) hervorgehen; 1966 Retrospektive in der Kunsthalle Bielefeld
Werke befinden sich u.a. im Besitz der Berlinischen Galerie, der Kunsthalle Bielefeld, des Felix-Nussbaum-Hauses (Osnabrück).

Literatur
Galerie Remmert und Barth (2002): Erwin Graumann. 100 Werke zum 100. Geburtstag; Düsseldorf
Dähnhardt, Willy / Nielsen, Birgit S. (Hrsg.) (1993): Exil in Dänemark – deutschsprachige Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller im dänischen Exil nach 1933; Heide; S. 321-322
Städtisches Kunsthaus Bielefeld (1966): Erwin Graumann. Malerei und Grafik (Kat. Georg Syamken); Bielefeld
Cacace, Alessandra: ErwinGraumann, in: „Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 00056583