E M M Y K L I N K E R
Weitere Münchner Künstler
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,Südlicher Garten Korsika´ (1929)
Aquarell, Tuschfeder, Bleistift auf leichtem Karton, verso durch kleine Klebestreifen in Passepartout gesetzt, gerahmt
u.r. datiert „[19]29“
u.l. signiert „EmmyKlinker“, sowie u.r. monogrammiert „E.K.“
verkauft
Titel
am unteren Rand in Blei betitelt „Südl.[icher] Garten Koriska[sic!]“
Größe
Größe: 26,2 x 34,1cm (Blatt) bzw. 45 x 52,5cm (Rahmen)
Zustand
Blatt verso durch kleine Klebestreifen in Passepartout gesetzt; partiell minimal stockfleckig und leicht gebräunt; unterer und rechter Blattrand unter Umständen um wenige Millimeter beschnitten; Ecke u.l. minimal bestoßen
Provenienz
Galerie Steinbach, Krefeld
Emmy Klinker ist insbesondere bekannt für ihre Kontakte zur Künstlergruppe des „Blauen Reiters“ und der daraus sich entwickelnden Verbindung zu Herwarth Waldens „Sturm“. Sie war gerade hierdurch Teil der frühen künstlerischen Avantgarde, die folgenreichen Einfluss auf die weiteren Künstlergenerationen hatte. – Es bestanden enge Kontakte zu u.a Albert Bloch, Alexej von Jawlensky, Gabriele Münter, Kurt Schwitters. Um 1920 war sie auf mehreren maßgeblichen Ausstellungen der Moderne in München, Berlin, Wuppertal, Hannover vertreten. Von der Forschung wird dieser Kontext in den letzten Jahren verstärkt wiederentdeckt und in Ausstellungen wie auch in Publikationen thematisiert [Zu verweisen ist hier vor allem auf die Ausstellungen „Sturm-Frauen: Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin, 1910-1932“ (2015, Frankfurt a.M.) und „Der böse Expressionismus. Trauma und Tabu“ (2017, Bielefeld). Zu beiden Ausstellungen erschienen inhaltsreiche Kataloge.].
In den folgenden Jahren, das heißt ab etwa Mitte der 1920er Jahre, scheint sich der künstlerische Ausdruck Emmy Klinkers gegenüber ihrem früheren expressionistischen Schaffen beruhigt zu haben. Sie unternimmt, bevorzugt in den Mittelmeerraum, mehrere Studienreisen. – Ziele waren hierbei unter anderem Jugoslawien, Korsika, die Provence, die Bretagne und Italien. Dass während solcher Reisen auch künstlerische Arbeiten entstanden lässt sich nicht zuletzt anhand zweier Aquarelle nachweisen, welche 1926 und 1927 als Abbildungen in der Münchner Wochenschrift „Jugend“ erschienen [„Dalmatinische Küste“ (1926 (Jg. 31), Heft 40, S. 788) und „Hafen von Malcesine am Gardasee“ (1927 (Jg. 32), Heft 33, S. 718).].
Das vorliegende Aquarell datiert auf 1929 und kann als weiteres Zeugnis für eine solche Reise gelten. Die Ausführung ist dabei vergleichbar mit dem „Hafen von Malcesine am Gardasee“ von 1926 (Abb. hierzu weiter unten). Beide Arbeiten zeichnet eine feine Strichführung mit der Tuschfeder aus und die Kolorierung zeigt sich in beiden Fällen in lockeren, leicht nuancierten Aquarellfarben, wodurch die luftige Stimmung des Motivs schön übermittelt wird.
In der weiteren Folge durchlief Emmy Klinker weitere Änderungen ihres künstlerischen Ausdrucks. Zweifelsohne war dies auch durch politischen Druck und Repressalien zumindest mitbedingt. So wurden nicht nur Werke von ihr bei der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt, sondern in der Folge wurde auch das Gemälde „Weißes Pferd“ bei solchen Schmäh-Ausstellungen gezeigt. Dass sich Klinker hierauf stark aus dem öffentlichen Kunstleben zurückzog ist verständlich. Die fünfmonatige Inhaftierung im Konzentrationslager Dachau 1944-45 dürfte dies nochmals verstärkt haben. Ab den ausgehenden 1940er Jahren betätigte und engagierte sie sich erneut künstlerisch, was vor dem eben gezeigten Hintergrund mehr als erstaunlich ist und die seit einigen Jahren einsetzende Wiederentdeckung dieser vielseitigen Künstlerin mehr als gerecht erscheinen lässt.
Zu Emma Laura Hermine (Emmy) Klinker (14.06.1891 Eupen – 02.06.1969 München):
Malerin, Zeichnerin; wuchs in einem kunstliebenden Elternhaus in Wuppertal-Barmen auf; ihr Vater war der Justizrat Dr. Richard Klinker, der als Kunstsammler zu einem Kreis von Sammlern um den sehr modern eingestellten Kunsthistoriker und -kritiker Richart Reiche (02.12.1876 Wuppertal-Barmen – 11.07.1943 Düsseldorf) gehörte; 1907-11 Umzug nach Karlsruhe und Beginn eines Studiums an der dortigen Akademie bei Paul von Ravenstein; 1911 Fortsetzung des Studiums in Berlin (bei Lovis Corinth und Marti Brandenberg); im Februar 1914 hatte sie in Barmen ein nachdrückliches Zusammentreffen mit Alexej von Jawlensky, von dem damals im Kunstverein Barmen eine Einzelausstellung gezeigt wurde; es folgte ein Studienaufenthalt in Paris; 1916 Umzug nach München, um in der Nähe des „Blauen Reiters“ zu sein, hier wurde Klinker Schülerin Albert Blochs; durch Bloch kam sie auch in den Kreis von Herwarth Walden; es folgten weitere Reisen nach u.a. Jugoslawien, Korsika, in die Provence, die Bretagne und nach Italien; 1926-27 erscheinen drei Reise-Zeichnungen von ihr als Illustrationen in der „Jugend“ (Jg. 31, Heft 37 (S. 728) & Heft 40 (S. 788), sowie Jg. 32, Heft 33 (S. 718)); 1937 werden bei der Aktion „Entartete Kunst“ drei Gemälde Klinkers aus der Ruhmeshalle in Wuppertal-Barmen beschlagnahmt; sie erhält Arbeitsverbot angedroht und zieht sich darauf vermehrt zurück; 1944-45 wird sie fünf Monate im Konzentrationslager Dachau interniert, da sie jüdische Freunde versteckt hatte; erst Ende der 1940er Jahre beginnt sie wieder zu malen; in München hatte sie ihr Atelier in der Theresienstraße 21; 1967 beteiligte sie sich, auf Anraten Adolf Wuesters (1888 Wuppertal-Barmen – 1972 München), mit einer Bildspende bei einer Auktion der „Bergischen Kunstgenossenschaft“ zugunsten des geplanten Wuppertaler Museumsneubaus
Ausstellungen
1915, 1918, 1920 Einzelausstellungen im Barmer Kunstverein
Juni 1918, 64. Sturm-Ausstellung [zusammen mit Albert Bloch, Elisabeth Niemann und Kurt Schwitters], Sturm-Galerie, Berlin
1919, erste Beteiligung an einer Ausstellung des „Jungen Rheinlands“, Düsseldorf
1919, Beteiligung an einer Ausstellung der Künstlerinnen-Vereinigung „Der Kreis“, Moderne Galerie Thannhauser, München
1920 Beteiligung an der 3. Ausstellung der Hannoverschen Sezession, Kestner-Gesellschaft, Hannover
1920 Beteiligung an der Großen Kunstausstellung, Städtischer Kunstpalast, Düsseldorf
Mai-Okt. 1928 Beteiligung an der Ausstellung „Deutsche Kunst“, Städtischer Kunstpalast, Düsseldorf
1929 Beteiligung an der Jubiläumsausstellung „10 Jahre Novembergruppe“, Berlin
1938-39, 1941 wird Klinkers Werk „Weißes Pferd“ (vormals: Wuppertal-Barmen, Ruhmeshalle) bei der Wanderausstellung „Entartete Kunst“ in den Städten Hamburg, Stettin, Weimar, Wien, Frankfurt am Main, Chemnitz, Waldenburg und Halle gezeigt
1941 Beteiligung an der „Winterausstellung bergischer Künstler“, Ruhmeshalle Wuppertal-Barmen
1942 Beteiligung an der „Sommerausstellung bergischer Künstler“, Städtisches Museum Wuppertal
1955 Beteiligung an der „Ausstellung Münchner Künstlerinnen“, Städtische Galerie München
1999 Einzelausstellung in der Galerie Münter, Kallmünz
2012 vertreten bei der Ausstellung „Sturm – Zentrum der Avantgarde“, Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal
2015 vertreten bei der Ausstellung „Sturm-Frauen: Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin, 1910-1932“, Schirn Kunsthalle, Frankfurt am Main
2017 vertreten bei der Ausstellung „Der böse Expressionismus. Trauma und Tabu“, Kunsthalle Bielefeld
Mitgliedschaften
1919 „Das Junge Rheinland“, Düsseldorf
um 1919 Künstlerinnen-Vereinigung „Der Kreis“
Bergische Kunstgenossenschaft
Werke
Von der Heydt-Museum, Wuppertal
Lenbachhaus, München
Literatur
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion
Hülsewig-Johnen, Jutta / Mund, Henrike (Hrsg.) (2017): Der böse Expressionismus. Trauma und Tabu; Köln: Wienand; S. 237
Schleiffenbaum, Lea (2015): Emmy Klinker, in: Hollein, Max / Pfeiffer, Ingrid (Hrsg.): Sturm-Frauen. Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin, 1910-1932; Köln: Wienand; S. 178-189
„Hafen von Malcesine am Gardasee“, Abb. aus: „Jugend“, 1927 (Jg. 32), Heft 33, S. 718.