B E R N H A R D B R A C H – Z I N E K
Weitere Werke von Bernhard Brach-Zinek
Karikatur Adolf Hitlers (1933)
weiße und rote Kreide auf schwarzem Albumblatt (herausgetrennt aus Buch, das vormals am linken Rand befestigte Foto wurde entfernt, hierzu befindet sich am unteren Rand noch der typographische Hinweis „Fayence-Flasche. Aus Raghes. Paris, Sammlung Kevorkian / Tafel XXVI“), mit originalem Schutzpapier
o.r. in Rot datiert „1.II.[19]33“
nicht betitelt; Karikatur Adolf Hitlers, der Zügel in der Hand hält
Größe: 26,3 x 18,6cm
nicht signiert, auf dem Schutzpapier u.l. Nachlassstempel „BZN“ [i.e. Brach-Zinek Nachlass]
€ 960,-
Zustand
das schwarze Albumblatt wurde herausgetrennt aus einem nicht identifizierten Buch, die vormals am linken Rand befestigte Foto wurde entfernt; am linken Blattrand leichte Abrissspuren; das Schutzpapier knittrig und mit leichten Faltspuren; im Blattbereich o.l. leichte Quetschung
“Der 30. Januar 1933 ist einer der großen Wendepunkte der Weltgeschichte. Mit der Machtübertragung an Hitler endete nicht nur die erste deutsche Republik; Deutschland hörte auf, das zu sein, was es schon lange vor 1918 gewesen war: ein Rechts- und Verfassungsstaat“ (Heinrich August Winkler (2005):Weimar 1918 – 1933: die Geschichte der ersten deutschen Demokratie; München: Beck; S. 595).
So der retrospektive Blick des Historikers auf diese Zäsur. Dass die damalige Beurteilung auch in Kreisen von Gegnern des Nationalsozialismus‘ alles andere als klar und eindeutig ausfiel, zeigt sich exemplarisch an den Einschätzungen von Klaus und Thomas Mann. Der Sohn schreibt Folgendes kurz und knapp in sein Tagebuch:
„Die Nachricht, dass Hitler Reichskanzler. Schreck. Es nie für möglich gehalten. (Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.)“ (zitiert nach: Nicole Schaenzler (2006): Klaus Mann. Eine Biographie; Berlin: Aufbau; S. 224).
Wogegen der Vater anfangs noch keinesfalls größere Befürchtungen hat und auch an Exil noch nicht denkt. Wie viele andere auch nimmt er an, dass die Koalition mit der DNVP für eine Beschwichtigung sorgen werde (vgl. hierzu Hermann Kurzke (2006): Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk; München: Beck; S. 392). Er hält im Februar in München den herausragenden und für ihn aufgrund der schmerzhaften Reaktionen hierauf sehr prägenden Vortrag über „Leiden und Größe Richard Wagners“. Kurz darauf reist er mit diesem Vortrag nach Amsterdam, Brüssel und Paris, worauf sich noch ein Urlaub in Arosa anschließt. Aber noch in Arosa erfährt Thomas Mann im März von Verhaftungen und Übergriffen in München, die ihn und seine Frau dazu bewegen ins Exil zu gehen. Und ohne Zweifel gab es auch weiterhin noch viele, die von einer nur kurzen Lebenszeit der NSDAP-Regierung ausgingen.
Die vorliegende Zeichnung Bernhard Brach-Zineks ist in diese Umbruchszeit einzuordnen. Sie datiert explizit auf den 1. Februar 1933 und entstand damit gerade einmal zwei Tage nach der Machtergreifung. Die offen zur Schau gestellte Lächerlichkeit des Dargestllten ist vor diesem zeithistorischen Kontext umso prägnanter.
Seit 1928 lebte Brach-Zinek in Berlin und war dort als künstlerischer Beirat in der graphischen Abteilung des Ullstein-Verlages tätig. Da ihm diese Anstellung ein Auskommen sicherte, konnte er in seiner freien Zeit insbesondere Karikaturen malen und zeichnen. Durch seinen Wohnort bekam er demnach die Umwälzungen mitsamt ihren signifikanten Erscheinungen, wie beispielsweise Fackelzügen, ganz direkt und unmittelbar mit.
Die Hitler-Karikatur ist schnell und flott erfasst. Auf schwarzem Untergrund zeigt sich in geschwungenen weißen Linien die etwas pummelige, untersetzte Gestalt Adolf Hitlers im Profil nach rechts. Stiefel, Hose und nicht zuletzt das markante rote Hakenkreuz verweisen auf die Uniform, die jener trägt. Der angedeutete Scheitel und der obligatorische Schnauzbart lassen an der Personendarstellung keinen Zweifel. In beiden Händen hält er Zügel fest in der Hand, was sicherlich als symbolisch mahnender Hinweis in Bezug auf die sich anbahnenden Machtverhältnisse verstanden werden darf.
Bedenkt man wie lächerlich Brach-Zinek hier den neuen Reichskanzler darstellt und wie arg und schonungslos die neuen Machthaber mit ihren Kritikern umgingen, so darf dieses Blatt zweifelsohne als Rarissimum und Zeitzeugnis betrachtet werden.
Zu Bernhard Günter Lebrecht Brach-Zinek (08.07.1902 Gniezno [dt. Gnesen] – 1980 Berlin):
Bühnendekorationsmaler, Bühnenbildner, Maler, Zeichner, Grafiker; Studium an der Kunstgewerbeschule Hannover; tätig als Bühnenbildner für die Hannoveraner Gruppen „Mitternachtsbühne“ und „Qader“; 1927 Besuch des Bauhauses in Dessau (Klasse von Oskar Schlemmer); 1928 Umzug nach Berlin und (bis 1939) tätig als künstlerischer Beirat in der graphischen Abteilung des Ullstein-Verlages; in dieser Zeit es entstehen vor allem Karikaturen, Zeichnungen; 1928 wurde einer seiner Zeichnungen in der „Jugend“ abgedruckt (1928, Jg. 33, Heft 45, S. 723); 1929 entwirft er eine Illustration zu der Erzählung „Die Rothschilds“ von Duchesse de Clermont-Tonnére (in „Der Querchnitt“, 1929, Jg. IX, S. 234); ab 1939 Kriegsdienst als Soldat, anschließend russische Kriegsgefangenschaft; ab 1948 freischaffend in Berlin tätig und dort wohnhaft in der Sachsenwaldstraße 7; Brach-Zinek ist u.a. als Illustrator für die „Berliner Zeitung“ (BZ) tätig
Brach-Zinek war verheiratet mit Alice Schreiber-Lindemann.
Mitglied des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK).
Werke befinden sich u.a. im Besitz der Nationalgalerie Berlin, der Berlinischen Galerie, des Sprengel Museums (Hannover).
Literatur
„Allgemeines Künstlerlexikon“ (AKL), Onlineversion, Künstler-ID: 30057165
Groeg, Otto J. (Hrsg.) (1978): Who´s who in the Arts [Bd. A-M]; Wörthsee; S. 104