STILLLEBEN   –   lebendige Stille

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Verschiedene ‚tote Dinge‘ werden von einem Künstler auf eine bestimmte Weise angeordnet und gemalt – so ließe sich eine mögliche Umschreibung für das Stillleben kurz formulieren. Doch wird dies der Wirkkraft dieses Sujets bei weitem nicht gerecht, da es doch vordergründig nur auf den – keinesfalls zu unterschätzenden – dekorativen, gefälligen Aspekt abzielt. So gibt es neben einer Mannigfaltigkeit an Motiven auch eine Mannigfaltigkeit an Darstellungsweisen, da doch jeder Künstler seinen eigenen Erfahrungshintergrund, seinen eigenen Stil mit in das Bild einbringt.

 

 

Es erscheinen die reichhaltigen Mohnblumen von Hans Bayerlein in ihrer satten Farbigkeit keinesfalls ‚still‘, sondern vielmehr lebendig, stets noch weiterwachsend und blühend, so dass man kaum an ‚tote Dinge‘ denken würde.
Derartige ‚tote Dinge‘ begegnen bei Albert Henrichs Werk in Form von Büchern, einer Pfeife und einem Krug. Dementsprechend setzt Henrich eher matte, gedämpfte Farbtöne ein, wodurch keine Unruhe oder gar Eile entsteht. Die dargestellten, im besten Sinne des Wortes zeitlosen Objekte werden so zu einem sicherlich idealisierten, aber auch zutiefst realistischen Arrangement.
Ein sehr populäres Motiv findet sich bei Franz Schrudde. Die in einem Westerwaldkrug angeordneten Sonnenblumen sind, ebenso wie die Objekte bei Henrichs, realistisch, doch mag sich durch die dezent neusachliche Malweise keine ebensolche Ruhe einstellen. Warm und vital wirken die Blumen und erscheinen quasi wie ein gemaltes Synonym für einen ländlichen Sommertag.
Gänzlich anders ist das Blumenmotiv bei Charles Lacoste, der es vermag mit seinem reduzierten Orchideen-Stillleben eine kontemplative, wenn nicht gar eine religiöse Stimmung zu vermitteln.

 

 

Eine weitere Motivgruppe, die Darstellung von Obst und Gemüse, findet sich in den Kompositionen von Hannot, Witting, Vordemberge und Müller-Erbach. Doch das Motiv bleibt dann auch der kleinste gemeinsame Nenner hierbei. Viel zu unterschiedlich wird diese über die Jahrhunderte beliebte Thematik umgesetzt. Während Hannot ganz dem niederländischen ‚Goldenen Zeitalter‘ entsprechend ein schier überreiches Arrangement voller Pracht in meisterlicher Ausführung zeigt, ist die Objektauswahl bei Witting reduzierter. Ausschließlich herbstliches Obst und Gemüse sind weniger prunkvoll als bei Hannot und scheinbar zufällig angeordnet. Witting lässt uns als Betrachter einen wacheren Blick auf etwas ‚Normales‘ bzw. ‚Gegebenes‘ einnehmen und eröffnet damit die oftmals übersehene Schönheit in gänzlich Alltäglichem.
Einen künstlerisch anderen Weg begehen Vordemberge und Müller-Erbach. In ihrer jeweils eigenen Manier werden Farb- und Formensprache reduziert, es wird mit Perspektiven gespielt und die künstlerische Darstellung gefühlter Stimmungen obwiegt gegenüber einer intendierten Wirklichkeitsnähe.
Der hochformatige Blumenstrauß von Götting, ebenso wenig ein versuchtes Abbild der Wirklichkeit wie die Vorherigen, nimmt in seiner expressiv geschwungenen, phantastischen Art eine ganz eigene Position ein.
Die Vielseitigkeit an Motiven und Darstellungsweisen mit denen sich Stillleben in der Kunst zeigen ist wie eine Wunderkammer stets reich an neuen Entdeckungen und Überraschungen. Nur einen kleinen Vorgeschmack können die hier vorgestellten Werke auf die Fülle an lebendiger Stille bieten, welche die Kunst für uns bereithält.

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Heinrich Götting

Blumenstillleben, o.J., Öl/Pressspan, 20,0 x 68,3 cm, signiert, 400€

 

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