Bilder des Schmerzes

Themenflyer

 

Er quält, martert, sticht und brennt in uns – der menschliche Schmerz. So unerträglich er auch empfunden werden kann, er ist doch universell. Jeder Mensch empfindet Schmerz. Jeder erlebt ihn auf seine höchst individuelle Weise. Das Schmerz-empfinden, ob körperlicher oder seelischer Art, prägt unser Bewusstsein. Es schafft in uns das Bedürfnis, unsere Qualen anderen Menschen mitzuteilen. Für den Leidenden ist dies ein Weg der Schmerzbewälti-gung. Für den Anderen eine Probe seiner Mensch-lichkeit. So leidet er doch mit dem Leidenden.

Qualerfüllte Bilder vermitteln einen Eindruck der Fülle des menschlichen Schmerzes. Die Ursachen sind immer individuell und allzu menschlich. Wir können psychischen Schmerz empfinden, der uns ängstigt, einengt und uns sprichwörtlich die Luft zum Atmen raubt. Wie Gefangene in ihrer Zelle (Arne Siegfried), oder wie inmitten unüberwindbarer Mauern (Hans Heinrich Bummerstedt), kann uns eine solche seelische Qual erscheinen. Doch kann auch Verlust jeglicher Art uns schmerzen. Und dies umso mehr, wenn es sich um existenzielle Dinge handelt, wie im „Flüchtlings-Schicksal“ von Franz Kneer.

 

 

Daneben kann sich der Schmerz aber auch in seiner blanken Körperlichkeit zeigen. Schmerz durch Hunger, Schmerz durch körperliche Gewaltanwendung, Schmerz durch schlichte Brutalität (Otto Schubert). Die Rollen derjenigen die Schmerzen erdulden müssen und derjenigen die Schmerzen verursachen sind bei Schubert deutlich erkennbar, stellen uns aber gerade in dieser unmittelbaren, vielleicht auch abstoßenden Prägnanz vor das zentrale ‚Warum‘ hinter dieser rohen Gewalt. Kann hierauf auch keine befrie-digende Antwort gefunden werden, so lässt sich doch oftmals in den Darstellungen ein gemein-sames Ende dieser physischen Schmerzen erahnen: der Tod.

Das Leben eines Menschen auszulöschen als ultimative Beendigung seiner Existenz, wobei der Prozess des Sterbens selbst nochmals zu einer Demonstration der Macht, des Gewaltgefälles wird (Marcel Chirnoaga). So sind die Gefesselten bei Chirnoaga der anonym bleibenden Exekutiven vollkommen ausgeliefert und erwarten ohne Hoffnung die drohenden Todesschüsse. Neben den möglicherweise vorangegangenen physischen Schmerzen aus Folter oder Züchtigung treten nun noch die psychischen Schmerzen des Sterbens, des Ausgeliefertseins, des Wartens auf den Tod.

 

 

Dass sich gerade in der Religion eine der wohl wirk-mächtigsten Antworten auf den menschlichen Schmerz in all seinem Umfang findet, mag nicht verwundern. Das Bild des Gekreuzigten verweist dabei sowohl auf die leidvolle, schmerzensreiche Passion, als auch auf die hoffnungsspendende Auferstehung. Georg Pevetz lässt den fahlen, mageren Korpus mit deutlich verlängerten Gliedmaßen erschlafft am Kreuz hängen. Doch trotz der schmerzensreichen Darstellung Christi, wirkt die expressiv farbinten-sive Kulisse lebendig und hoffnungsfroh und verweist damit zugleich auf die Überwindung der Angst und des Todes.

So sehr auch der eigene Schmerz uns bedrückt, so sehr müssen wir doch versuchen auf die Schmerzen der Anderen zu hören. Wenn Goethe schreibt, dass uns ‚eigner Schmerz lehrt, der andren Schmerzen zu teilen‘, so mag uns der Dialog mit der Kunst diesem hohen menschlichen Ziel etwas näher bringen.

 

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